Frage an Martina Zsack-Möllmann von Kenneth P. bezüglich Gesundheit
Sehr geehrte Frau Martina Zsack-Möllmann,
vorab möchte ich mich für ihre Antwort bedanken. Es liegt mir noch eine Frage auf der Zunge, die ich auf diesem Wege an sie stellen will. Die Grünen haben vor einiger Zeit mal versucht Canabisprodukte zu legalisieren. Wie steht die Partei und wie stehen sie persönlich zu diesem Thema. Ist die deutsche Drogenpolitik überhaupt noch ein Thema für den Wahlkampf? Vielen Dank für ihre Mühen,
mit freundlichen Grüssen,
Kenneth Pfüller
Guten Tag Herr Pfüller,
Die Debatte über Drogenpolitik ist nicht mehr so stark von Polemik und ideoligischen Scheuklaapen geprägt wie früher. Wir sind vielmehr einer parteiübergreifenden rationalen Drogenpolitik ( mit Ausnahme Cannabis) einen großen Schritt näher gekommen.
Cannabiskonsum wir im Gegensatz zum Konsum von Tabak und Alkohol weiterhin
dämonisiert. Trotzdem ist die Poltitk der Kriminalisierung gescheitert und immer mehr junge Menschen konsumieren Cannabis und Haschisch. Wir gehen davon aus, dass wir mehr über Prävention, Aufklärung und Therapie erreichen. Trotzdem gilt immer noch: Wer über Cannabiskinsum offen spricht, gerät schnell in den Verdacht für den Konsum zu werben. Siehe auch den Rückpiff der linken Jugendgruppe der PDS im Wahlkampf für Drogenfreiheit zu werben. Es ist uns nicht gelungen, Aufträge des Bundesverfassungsgerichtes im Bereich Cannabis in Recht zu gießen. Hier hat der Koalitionspartner SPD sowohl blockiert als auch eine Verzögerungstaktik gefahren. Verabredete und vergebene Gutachten zu den Themenkomplexen Umgang der Bundesländer mit der Fahrerlaubnisverordnung (Führerscheinentzug nicht als "Ersatzstrafe" bei Besitz, sondern nur wenn unter Drogeneinfluss Auto gefahren wurde) und der "geringen Menge" (das Bundesverfassungsgericht forderte bereits 1994, dass in allen Bundesländern eine einheitliche Grenze gelten soll, bis zu der von
der Strafverfolgung abgesehen wird), liegen vor, sind aber bis heute von den
zuständigen Ministerien nicht veröffentlicht.
Sowohl die Internationalen Suchtabkommen als auch das Betäubungsmittelgesetz
ermöglichen es, Drogen zur Behandlung von Krankheiten zu verschreiben. Praxis ist dies z.B. bei Morphium, angestrebt wird dies bei Heroin (s.o.). Auch bei Cannabis zeigen Studien gute Wirkungen, z.B. gegen Übelkeit bei Chemotherapien oder zur Appetitanregung bei Aidskranken. Trotz Verabredungen im Koalitionsvertrag konnten hier keine analogen arzneimittelrechtlichen Regelungen geschaffen werden, die auch in Deutschland Cannabis als Medizin verfügbar machen.
Wir haben in unserem neuen Grundsatzprogramm klargestellt, dass Sucht und Abhängigkeit nicht allein gesundheitliche Probleme sind. Süchte haben komplexe Ursachen und erfordern den vorurteilsfreien und humanen Umgang, z.B. durch das Angebot freiwilliger Therapien. Vielfältigere Suchtformen machen differenziertere Behandlungsmethoden notwendig. Spezifische Zielgruppen benötigen bedarfsorientierte Angebote der Überlebens- und Ausstiegshilfe. Wir stehen für das Prinzip: Aufklärung und Prävention sowie Therapie und Hilfe statt Strafe. Die bestehenden Hilfssysteme wollen wir weiter ausbauen. Darüber hinaus muss in die Primärprävention investiert werden, um Suchtprobleme bereits im Vorfeld dort zu verhindern, wo die Möglichkeit besteht. Das Thema Sucht geht alle an; denn Sucht hat auch soziale Ursachen, wie z. B. Jugendarbeitslosigkeit und emotionale Schutzlosigkeit von Kindern und Jugendlichen. Gesellschaftliche Fehlentwicklungen, die Sucht erzeugen, müssen von allen korrigiert, die
Heilung der Sucht muss von allen getragen und bezahlt werden. Ebenso müssen aus der medizinischen Neubewertung weicher Drogen Konsequenzen für die Realität gezogen werden. Statt Cannabis zu dämonisieren und bei Alkohol und Tabak die Augen vor den
Auswirkungen zu verschließen, fordern wir eine Suchtpolitik, die die Gefährdungen von Alkohol, Tabak und Cannabis insbesondere bei sehr jungen KonsumentInnen ernst nimmt. Die Politik der Kriminalisierung ist gescheitert. Trotz Strafverfolgung konsumieren immer mehr und immer jüngere Menschen Cannabis und Haschisch. Wir erreichen weit mehr durch Prävention, Aufklärung und - wo notwendig - Therapie. Zudem erschwert die
Kriminalisierung Aufklärungsarbeit: Wer über Cannabiskonsum offen spricht, gerät schnell in den Verdacht, für den Konsum zu werben. Die Straffreiheit von CannabiskonsumentInnen bleibt ebenso unser Ziel wie die Veränderungen im Fahrerlaubnisrechts. Die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts bestärken uns darin, weiter für dieses Ziel einzutreten.
Ich persönlich lehne jede Form von Drogen ab. Vom Alkohol über Tabletten, weiche und harte Drogen bis hin zum Tabak. Ich erleben zu häufig in meinem beruflichen Alltag, wie aus einem Freizeitkonsum harte Abhängigkeit wird, wenn das Leben zu schwer zu Leben ist - aus den unterschiedlichsten Gründen. Ich glaube aus den unterschiedlichsten Motiven - bis hin aus harten wirtschaftlichen Gründen wird der Konsum verharmlost. Ich halte allerdings auch nichts davon bei einem reinen Freizeitkonsum hier direkt eine Gefährung zu wittern.
Mit grünen Grüßen
Martina Zsack-Möllmann