Wurde in der Diskussion um finanzielle Entlassungen für Geringverdiener schon mal über eine Reduzierung des Mehrwertsteuersatzes für Lebensmittel auf 0 Prozent nachgedacht? Was meinen Sie dazu?
Sehr geehrter Herr S.,
die Idee einer Mehrwertsteuersenkung auf Lebensmittel hört sich zunächst gut an, hat aber einige Tücken. Zunächst einmal kann man im Lebensmittelladen nicht zwischen Geringverdienern und Besserverdienenden unterscheiden. Bei einer Mehrwertsteuer von 0 Prozent würden also nicht Geringverdiener gezielt unterstützt, sondern alle Einkommensschichten. Hinzu kommt, dass Besserverdienende durchschnittlich teurere Produkte kaufen, was dazu führen würde, dass sie von einer Mehrwertsteuersenkung deutlich mehr profitieren würden als Geringverdiener.
Ferner spricht dagegen, dass sich auch der reduzierte Mehrwertsteuersatz während der Pandemie kaum in den Geldbeuteln bemerkbar gemacht hat. Der Effekt einer Mehrwertsteuerabsenkung droht in Zeiten (weiter) steigender Preise überhaupt nicht oder nur wenig wahrgenommen zu werden. Noch mehr als 2020 sind Mitnahmeeffekte zu befürchten, also die Gefahr, dass die Steuersenkung überhaupt nicht über die Preise an die Verbraucher:innen weitergegeben wird.
Ich setze daher auf die von der Bundesregierung beschlossenen Entlastungspakete. Sie enthalten eine Reihe von Maßnahmen für Familien und für Haushalte, die es besonders schwer haben. Das halte ich für deutlich sinnvoller als eine Mehrwertsteuersenkung, von der man nicht weiß, ob sie überhaupt bei den Menschen ankommt.
Mit freundlichen Grüßen
Martina Stamm-Fibich, MdB