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Martina Stamm-Fibich
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Frage von Reinhard G. •

Wie viele Pflegekräfte werden durch eine berufsbezogene Impfpflicht fehlen? Können dann Menschen durch mangelnde medizinische Versorgung sterben? Was bedeutet das Gesetz für den Sozialen Frieden?

Sehr geehrte Frau Stamm-Fibich,

was geschieht, wenn die Gesundheitsämter Pflegekräften und Ärzten in Altenheimen, Krankenhäusern und (Land-)Arztpraxen, wegen einer berufsbezogenen Impfpflicht Berufsverbote erteilen? Und andere selber kündigen? Besteht nicht schon lange ein großer Mangel an Fachkräften in diesem Bereich? Wie kann der ausgeglichen werden? Wird so nicht der Pflegenotstand vergrößert? Vielleicht während einer „Corona Welle“? Ist es nicht im Interesse von Pflegekräften und besonders den Kranken, dass die dringend benötigten engagierten Fachkräfte weiter arbeiten können? Kann die Gesundheitsversorgung auch langfristig beeinträchtigt werden?

Geimpfte haben mehr Kontakte und merken die Ansteckung nicht so schnell. Geben sie Virusvarianten (Omikron) öfter weiter? Vielleicht gibt es Studien dazu?

Wie werden die Berufsverbote eigentlich juristisch begründet? Hohe steigende Infektionszahlen gab und gibt es an vielen Orten mit hohen Impfquoten. (Bremen, Portugal, Israel)

MfG

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Sehr geehrter Herr G.,

vielen Dank für ihre Fragen.

Vor der Einführung der einrichtungsbezogenen Impfpflicht haben wir uns natürlich mit der Frage beschäftigt, ob diese Maßnahme sich negativ auf die Versorgung auswirken kann. Wir sind in der Abwägung aller Argumente letztendlich jedoch zu dem Schluss gekommen, dass der Schutz der besonders vulnerablen Kranken und Pflegebedürftigen vor COVID-19 höher zu gewichten ist, als eine hypothetische Verschlechterung der Versorgung durch medizinisches Personal, das aufgrund der Impfpflicht aus seinem Beruf ausscheidet.

Zahlen aus der KROCO-Studie legen zudem nahe, dass wir insbesondere im Krankenhausbereich bereits Impfquoten von rund 91 Prozent haben. Es geht also, wenn man möchte. Wieso sollte das im Bereich der Altenpflege nicht möglich sein? Ich gehe davon aus, dass sich die Impfquoten auch im Bereich der Altenpflege durch die einrichtungsbezogene Impfpflicht merklich verbessern werden.

Grundsätzlich ist es schade um jede Person, die sich aus der medizinischen Versorgung zurückzieht. Wir müssen deshalb daran arbeiten die Arbeitsbedingungen in der Pflege deutlich zu verbessern. Die Aufhebung der einrichtungsbezogenen Impfpflicht ist aber der falsche Ansatz. Stattdessen braucht es bessere Tarife, funktionierende Personalschlüssel und flexiblere Arbeitszeitmodelle.

Dass Geimpfte mehr Kontakte als Ungeimpfte haben und daher mehr zu Verbreitung des Virus beitragen, ist eine Vermutung Ihrerseits, die nicht auf wissenschaftlicher Evidenz basiert. Fakt ist, dass die Booster-Impfung einen etwa 60-Prozentigen Schutz vor der Ansteckung mit Omikron bietet (Tseng et al., MedRXiv 2022). Folglich ist die Wahrscheinlichkeit, dass geimpfte Personen das Virus weitertragen geringer als bei Ungeimpften, da eine Infektion seltener vorkommt.

Zusammenfassend lasst sich also sagen: Die Personen in den von der Impfpflicht erfassten Einrichtungen und Unternehmen können sich teilweise nicht selbst vor einer Infektion mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 und damit einer COVID-19-Erkrankung schützen und sind darauf angewiesen, dass Menschen in ihrem engen Umfeld geimpft sind. Bei gegen COVID-19-geimpftem Personal ist eine Übertragung des Virus (auch gegenüber Geimpften) erheblich weniger wahrscheinlich als durch ungeimpftes Personal. Daher ist aus meiner Sicht eine einrichtungsbezogene Impfpflicht gerechtfertigt.

Mit freundlichen Grüßen

Martina Stamm-Fibich

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