Frage an Martina Stamm-Fibich von Stefanie H. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen
Liebe Frau Stamm-Fibich,
wird etwas unternommen um keine Flüchtlinge mehr nach Lybien abzuschieben? Die Zustände dort sind menschenunwürdig. Folter und Qual sind im Umgang mit den Flüchtlingen an der Tagesordnung.
Wie kann da eine Abschiebung nach Lybien gerechtfertigt werden?
Verhindern sie Abschiebungen in dieses Land und retten die Menschen dort.
Vielen Dank und freundliche Grüße
SH
Liebe Frau H.,
vielen Dank für Ihre Anfrage zum Thema Abschiebungen von Flüchtlingen nach Libyen. Die schrecklichen Zustände in libyschen Lagern sind mir bekannt. Die SPD-Bundestagsfraktion beobachtet sehr kritisch, was in Libyen passiert.
Die Bundesregierung hat im Jahr 2018 zwar Menschen mit libyscher Staatsangehörigkeit abgeschoben – allerdings nicht nach Libyen. 132 Menschen mit libyscher Staatsangehörigkeit wurden auf dem Luftweg abgeschoben. Niemand wurde nach Libyen selbst abgeschoben. 29 Menschen wurden auf dem Landweg abgeschoben – auch hier niemand nach Libyen selbst. 14 Abschiebungen scheiterten aufgrund von Widerstandshandlungen. Wohin die Personen abgeschoben wurden, weiß ich allerdings nicht. Diese Informationen liegen nur dem Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat vor.
Die Schutzquote der Libyer, die 2018 einen Asylantrag gestellt haben, beträgt 32,8 Prozent.
Durch die EU-Border Assistance Mission (EUBAM), die libysche Polizisten und Grenzschützer ausbildet und durch die Ausbildung der libyschen Küstenwache im Rahmen des Mandates von SOPHIA, unterstützt die EU aber indirekt die libysche Küstenwache.
Gleichzeitig hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte aber entschieden, dass die Staaten, die die Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK) unterzeichnet haben, auch auf hoher See an die EMRK gebunden sind. Außerdem haben Personen, die im Zielstaat in Gefahr sind, ein Recht auf ein angemessenes Verfahren zur Prüfung ihrer Ansprüche mit entsprechenden Rechtsschutzmöglichkeiten. Dafür müssen Betroffene in aller Regel nach Europa gebracht werden. Das so genannte Non-Refoulement-Verbot verbietet die Auslieferung, Ausweisung oder Rückschiebung einer Person in ein anderes Land, wenn ernsthafte Gründe für die Annahme vorliegen, dass die betreffende Person im Zielland einem ernsthaften Risiko für Menschenrechtsverletzungen ausgesetzt ist.
Die Zustände in Libyen sind äußerst kritisch. Deutschland muss sich auch weiterhin dafür einsetzen, dass Flüchtlinge nicht nach Libyen abgeschoben werden. Aber nicht nur wer schon hier ist, hat Schutz verdient. Schützen müssen wir auch diejenigen, die in uralten und überfüllten Booten den gefährlichen Weg über das Meer auf sich nehmen. Deshalb habe ich neben 209 weiteren Abgeordneten den Oster-Appell zur Seenot-Rettung unterschrieben. Mit dem Appell haben die Unterzeichner die Bundesregierung aufgefordert, sich für den Schutz von Menschenleben auf dem Mittelmeer und für die Einhaltung der Menschenrechte einzusetzen.
Ihr Anliegen habe ich an die entsprechenden Berichterstatter der SPD-Bundestagsfraktion weitergegeben. Diese beobachten aufmerksam, dass Deutschland auch künftig niemanden nach Libyen abschiebt.
Mit freundlichen Grüßen
Martina Stamm-Fibich