Frage an Martina Renner von Peter H. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr gehrte Frau Renner,
als Geheimdienstexpertin muss Ihnen niemand die Gefahren einer umfassenden Datensammlung erklären. Wie erklären Sie einem Bürger, warum auch die Linken zu den diesbezüglichen Risiken der geplanten Pkw-Maut – zumindest in der Öffentlichkeit – schweigen? Ich kann auf Ihrer Webpräsenz nichts zu diesem Thema entdecken. Immerhin haben Sie gegen dieses unsinnige und schädliche Projekt gestimmt – und wurden überstimmt.
Die Zweifel daran, dass sich die Pkw-Maut überhaupt rechnen wird, werden sicher auch von intelligenteren Vertretern der Regierungskoalition geteilt, die aus taktischen Gründen oder Fraktionsdisziplin zugestimmt haben. Dass trotzdem die besonders kostenintensive flächendeckende Verkehrsüberwachung einer herkömmlichen Vignette (oder einer simplen Erhöhung der Mineralsteuer) vorgezogen wird, lässt auf andere Motive schließen als die Erzielung von Einnahmeüberschüssen für den Straßenbau.
Nur Daten, die nicht erhoben werden, sind sichere Daten. Das Versprechen der Zweckbindung und zeitnahen Löschung ist Makulatur. Gestze lassen sich später ändern. Ist die Infrastruktur erst einmal geschaffen, lassen sich leicht Begründungen finden, unter denen die letzen Hemmungen zur uneingeschränkten Nutzung der ohnehin anfallenden Daten fallen.
Der Grundsatz der Datensparsamkeit ist zentral für die Bürgerrechte. Wenn die Linke als Bürgerrechtspartei glaubwürdig sein soll, erwarte ich hier eine klare Positionierung noch vor der Bundestagswahl.
Kann ich damit rechnen, das die Linksfraktion sich so bald wie möglich, auf jeden Fall noch in der laufenden Legislatur, dieses Themas annimmt?
Sehr geehrter Herr Horn,
vielen Dank für Ihre Frage. Tatsächlich vermisse auch ich in der öffentlichen Diskussion und Berichterstattung zum Thema Pkw-Maut eine Berücksichtigung des Themas Datenschutz. Durch die geplante elektronische Kennzeichen-Erfassung entsteht eine gigantische Datensammlung, die auch bei anderen Stellen Begehrlichkeiten weckt. So hatte der damalige BKA-Chef Jörg Ziercke bereits vor mehr als zwei Jahren die Nutzung der anfallenden Mautdaten gefordert. Kurz bevor der Bundesrat der Maut zugestimmt hat, berichteten Medien, CDU-Innenpolitiker wollten der Polizei Zugriff auf die Maut-Daten erlauben. Mit den Bewegungsdaten der Autofahrerinnen und Autofahrer schreitet die Durchleuchtung des „Gläsernen Bürgers“ voran. Deshalb müssen wir die weitergehende Nutzung der erhobenen Daten verhindern, besser wäre es natürlich, die gesamte Pkw-Maut zu Fall zu bringen. Sonst befürchte ich eine Eigendynamik mit immer neuen Eingriffen in die Privatsphäre der Bürgerinnen und Bürger. Und nicht erst seit den Snowden-Enthüllungen wissen wir, dass vermeintlich harmlose Technologien irgendwann zweckentfremdet und einmal erhobene Daten ohne effektive Kontrolle von den Geheimdiensten und der Polizei bspw. für die Erstellung von Bewegungsprofilen weiter verarbeitet werden
Mit freundlichen Grüßen
Martina Renner