Frage an Martina Gregersen von Wilfried B. bezüglich Raumordnung, Bau- und Wohnungswesen
Sehr geehrter Frau Gregersen,
meine Fragen beziehen sich auf den Einfluß der Sprinkenhof AG, deren 1.Vorsitzender im Aufsichtsrat Herr Tantz CDU ist,auf die Stadtentwicklung !
Warum wird bei der Stadtentwicklung, durch den Verkauf letzter historischer Bausubstanz (Gängeviertel), so wenig Rücksicht genommen auf den Erhalt in den Verhandlungen der interessierten Investoren?Warum hat die städtische Sprinkenhof AG mehr historische Bausubstanz nach dem Krieg der Spitzhacker geopfert,als durch die Bomben des 2.Weltkrieges zerstört wurden?Warum müssen wir jetzt den Einheitsstil des Hamburger Architekten Teherani hinnehmen.Ich weiß sehr wohl,dass durch die Vernachlässigung der Bausubstanz seitens der Sprinkenhof AG die Häuser kaum noch zu retten sind und waren.Es gibt aber die Möglichkeit der neuen Rekonstruktion,so wie es uns die Polen zeigen,warum geht man nicht auf Investoren zu oder sucht sie,die bereit sind dieses auch umzusetzen.
Ich wäre Ihnen sehr verbunden,wenn Sie mir die Fragen beantworten könnten bzw. sie an die zuständigkeitshalber Abteilung weiterleiten.
Mit freundlichen Grüßen
Sehr geehrter Herr Bresk,
ich möchte mich bei Ihnen für die unverhältnismäßig späte Antwort entschuldigen. Ich hatte am Text schon vor vielen Monaten gebastelt und war daher auch der festen Überzeugung Ihnen schon längst geantwortet zu haben. Doch nun, wo ich zwei weitere Anfragen zu beantworten habe, stolpere ich über Ihre immer noch ausstehende Antwort. Sorry, wenn der Fehler bei mir lag.
Mit Ihrer Einschätzung haben Sie aber sehr Recht. Trotzdem sollten wir das Thema etwas differenzierter betrachten. Der etwas respektvollere Umgang mit wertvoller Bausubstanz fing erst Mitte der Achtziger Jahre an. In den 50-er bis 60-er Jahren war Hamburg mit massenhaften Wohnungsbau beschäftigt und folgte einem anderen städtebaulichen Leitbild, nämlich der Trennung der städtischen Gebiete für Arbeiten und Wohnen, dem Zeilenwohnungsbau (Stichwort "Licht und Luft in die Wohnungen")u.a.
In den Siebziegern war immer noch die sogenannte "Flächensanierung" en´vogue, so sollte z.B. ganz St.Georg abgerissen und einer monströsen Bebauung zugeführt werden. Zum Glück blieb es bei dem Plan.
Erst in den Achtzigern - auch aufgrund von Protesten und Hausbesetzungen wie zum Beispiel in der Hafenstraße aber auch beim Abriss von Terassenhäusern und anderer erhaltenswerter Bausubstanz - setzte sich langsam die "behutsame Stadtteilerneuerung" durch. Mittlerweile sind die Denkmäler in Hamburg in zwei Kategorien eingeteilt - die festgestellten und die erkannten. Die festgestellten sind in der Denkmalliste eingetragen und werden nach dem Denkmalschutzgesetz geschützt. Bei den erkannten ist das Verfahren zur Unterschutzstellung noch nicht eingeleitet (braucht viele Zeit und Personal), aber der Umgang ist wesentlich sensibler.
Außerdem ist die Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt auf Initiative der GAL gerade mit einem Gutachten beschäftigt, welches die Gebiete identifizieren soll, in denen Bestände sind die nicht denkmalgeschützt, aber für das Stadtbild Hamburgs wichtig sind z.B. in Fragen der energetischen Sanierung wie bei der Wärmedämmung vor Klinkerfassaden oder bei den Gründerzeitgebäuden umgegangen werden kann.
Das Thema "Gängeviertel" ist glücklicherweise anders ausgegangen, hat aber seine zwanzigjährige leidliche Geschichte, bei der sich niemand mit Ruhm bekleckert hat. Hier wird man in Zukunft erheblich sensibler vorgehen. Nichts desto trotz, unterlaufen immer noch Fehler und es ist auch an dem Bürger, (aber auch an dem Politiker) der Verwaltung auf die Finger zu schauen.
Ein positives Beispiel sind z.B. die Gründerzeitfassaden in der Wohlwillstraße, die komplett abgerissen werden sollten. Mit einem gemeinsamen Einsatz von Stiftungen, dem Bezirk und der GAL-Bürgerschaftsfraktion konnten die fehlenden finanziellen Mittel zur denkmalgerechten Sanierung und zum Erhalt der Sozialwohnungen organisiert und diese gerettet werden.
Zum Thema Architektur sei gesagt, dass dies in vielen Fällen Geschmacksache ist. Wir haben in Deutschland eine freie Architektenwahl. Jeder Grundstückseigner der bauen möchte, kann den Architekten seiner Wahl nehmen. Allerdings gibt es auch eine Reihe von Vorhaben die durch Architekturwettbewerbe so z.B. in der HafenCity durchgängig und bei Ihnen um die Ecke z.B. auf dem Falkenriedgelände entschieden werden. In den Auswahlgremien sitzen eine Reihe von Fachleuten und Vertreter der Bezirke und Parteien, die in intensiven Diskussionsprozessen den Gewinner ermitteln. Aber auch hier gilt, das Ergebnis ist in der Regel Geschmacksache und Ausdruck seiner Zeit/ Epoche.
Wideraufbau oder komplette Rekonstruktion kann in Einzelfällen (Frauenkirche und das Gebiet um die Frauenkirche in Dresden) die richtige Lösung sein, ist es aber nicht immer. Wir sind Kinder unserer Zeit und sollten die Architektur mit den Mitteln und Technologien bauen, die zu unserer Zeit passen und nicht die Architektur der letzten Jahrhunderte kopieren. Auch wenn ich diese solide und energetisch meist auch sinnvollere Steinbauweise immer noch den Stadtgewordenen Glasfassaden vorziehen würde. Nach einer Beschwerde von mir in Nord über ein geplantes Bauprojekt sagte der damalige Leiter der Stadtentwicklungsabteilung zu mir: "Frau Gregersen, das Alte wirkt besonders durch die Spnnung zu dem Neuen!" Damals sah ich es nicht gleich auch so. Aber heute radele ich an so manchem vorbei und muss ihm auch Recht geben.
"Stadt" ist immer in Bewegung und in der Entwicklung - es ist an uns Allen dieses im besten Sinne zu begleiten und auch mal das Wort zu erheben, aber nicht alles Neue zu unterbinden.
Ich hoffe Ihnen hiermit eine umfassende, wenn auch späte Antwort gegeben zu haben. Sollten Sie weitere Fragen haben, so können Sie sich jederzeit gern wieder an mich wenden.
Mit freundlichen Grüßen
Ihre Martina Gregersen