Frage an Martin Schwanholz von Walter H. bezüglich Umwelt
Sehr geehrter Dr. Schwanholz,
1)
Welche Haltung haben Sie zum Fracking? Welchen Sinn macht es mit möglcherweise
schwerwiegenden Umweltrisiko z.B. für das Trinwasser, die letzten fossilen Reserven aus unseren Böden zu holen?
2)
Meines Wissens nach sind die deutschen Kernkraftwerke nicht gegen Extremkatastrophen versichert. Stattdessen tritt dann der Staat in Haftung. Ich kenne keine genauen Regeln für einen solchen Fall. Deshalb gehe ich davon aus, dass es bei einer starken Verstrahlung Osnabrücks durch das KKW Lingen, wenn überhaupt nur eine minmale Entschädigung geben würde. Werden Sie sich für genaue Regelungen und eine Versicherungspflicht mit unbeschränkter Haftung einsetzen?
3)
Wie hoch beziffern Sie die Kosten für die nächsten 100.000 Jahre Sicherheit für
den deutschen Atommüll? Ist es ethisch vertretbar, nachfolgenden Generationen diese Kosten aufzubürden?
4)
Würde es aus Ihrer Sicht Sinn machen, den Atommüll weltweit nur an einer Stelle zu lagern?
Mit freundlichen Grüßen
Walter Habich
Sehr geehrter Herr Habich,
vielen Dank für Ihre Fragen zum Thema "Umwelt". Gern nehme ich zu den von Ihnen gestellten Fragen wie folgt Stellung:
zu 1) Wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten sprechen uns auf kommunaler und auf Landes- und Bundesebene gegen Fracking aus, solange Umwelt- und Gesundheitsschutz nicht gewährleistet sind. Es fehlen noch viele und grundlegende Informationen, um die Auswirkungen und Risiken der Fracking-Technologie zu beurteilen.
Es muss geklärt werden, dass die Beschaffenheit des Wassers nicht verändert wird. Solange dies nicht der Fall ist, muss Fracking mit gefährlichen Chemikalien zum Schutz der Bevölkerung und der Umwelt vor den damit verbundenen Risiken grundsätzlich verboten werden.
Eine ökonomische Bewertung der Nutzung von Schiefergas ist zu gegebener Zeit vor dem Hintergrund der Energieversorgungssituation vorzunehmen.
zu 2) Die Deckungsvorsorge für Atomkraftwerke regelt § 13 Atomgesetz. Sie wird im jeweiligen Genehmigungsverfahren festgesetzt und im Abstand von jeweils zwei Jahren sowie bei erheblicher Veränderung der Verhältnisse erneut durch die zuständige Landesbehörde vorgenommen. Die Haftung ist summenmäßig unbegrenzt; die Deckungsvorsorge in Deutschland in Höhe von 2.5 Mrd. Euro ist europaweit die höchste.
Der Inhaber einer Kernanlage kann die Deckungsvorsorge gemäß § 1 Satz 1 der Atomrechtlichen Deckungsvorsorge-Verordnung durch Haftpflichtversicherung oder sonstige finanzielle Sicherheit erbringen. Die Inhaber der Kernkraftwerke praktizieren ein gemischtes Modell: Bis zu 255.645 Mio. Euro der Deckungsvorsorge werden durch Versicherungen erbracht.
Darauf aufstockend bis zu dem Betrag von 2.5 Mrd. Euro stellen die Muttergesellschaften der Anlageninhaber die Deckungsvorsorge durch gegenseitige Garantiezusagen sicher, wozu sie sich in einer Solidarvereinbarung verpflichtet haben. Zur Anerkennung der Solidarvereinbarung als „sonstige finanzielle Sicherheit“ legen die Solidarpartner gemäß § 3 der Solidarvereinbarung jährlich der zuständigen Aufsichtsbehörde das Testat eines unabhängigen Wirtschaftsprüfers über die liquiden Mittel vor. Diese müssen dem zweifachen Wert des von dem betreffenden Partner aufzubringenden Anteils am Gesamtbetrag entsprechen.
zu 3) Die Kosten für die Endlagerung für die nächsten 100.000 Jahren lassen sich nicht verlässlich beziffern. Für die Endlagerung des Atommülls haben die Anlagenbetreiber Rücklagen gebildet.
zu 4) Die SPD vertritt die Auffassung, dass jeder Staat für den von ihm produzierten Atommüll selbst verantwortlich ist, d.h. er muss sich um die Endlagerung auf seinem Staatsgebiet kümmern. Den Export des Atommülls in andere Staaten lehnen wir ab, weil die Gefahr besteht, dass dann der "billigste" und damit unsicherste Standort ausgewählt wird.
Eine Endlagerung der riesigen Mengen Atommüll an nur einer Stelle, ist wahrscheinlich schon aus technischen Gründen nicht möglich, außerdem werden dadurch Atommülltransporte über die ganze Welt verursacht, die natürlich auch ein Unfallrisiko bergen.
Sehr geehrter Herr Habich, ich hoffe, dass ich Ihre Fragen zu Ihrer Zufriedenheit beantworten konnte. Falls Sie darüber hinaus weitere Fragen oder Anregungen haben, können Sie sich auch jederzeit gern direkt an mich wenden, zum Beispiel über meine E-Mail-Adresse martin.schwanholz@bundestag.de .
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Martin Schwanholz, MdB