Frage an Martin Schwanholz von Klaus M. bezüglich Umwelt
Sehr geehrter Herr Dr. Schwanholz,
es gibt im Moment viele Diskussionen zu der unterirdischen Speicherung von CO2. Mich würde interessieren wie Sie darüber denken?
Mit freundlichen Grüßen,
Klaus Möller
Sehr geehrter Herr Möller,
vielen Dank für Ihre Anfrage über abgeordnetenwatch.de. Ich werde Ihnen gerne alsbald meine Stellungnahme zukommen lassen. Sollten Sie darüber hinaus weitere Fragen oder Anregungen haben, so können Sie sich auch jederzeit gerne direkt an mich wenden, z.B. über meine E-Mail-Adresse martin.schwanholz@bundestag.de .
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Martin Schwanholz, MdB
Sehr geehrter Herr Möller,
noch einmal vielen Dank für Ihre Anfrage bei Abgeordnetenwatch zum Thema CCS.
Es ist mir wichtig zu unterstreichen, wie weit reichend eine sorgfältige gesetzgeberische Grundlage beim Thema CCS ist. Viele Menschen stehen CCS kritisch gegenüber, weil sie - wie die SPD-Bundestagsfraktion - in den erneuerbaren Energien die zukünftigen Energieträger sehen oder weil sie, ebenso wie wir, die mögliche Verunreinigung des Grundwassers und andere Gefahren für Mensch und Umwelt ausschließen wollen.
Ich will im Folgenden versuchen, Ihnen unsere Position zu CCS, die in unser Gesamtkonzept zur zukünftigen Energiepolitik eingebunden ist, zu verdeutlichen. Gerade weil es uns um eine umfassende Strategie geht, gilt es, diese Technologie aus mehreren Blickwinkeln zu betrachten.
Wir wollen mit einer Energiewende zu einer nachhaltigen Energieversorgung gelangen. Diese muss die Umwelt deutlich weniger belasten und die Erderwärmung auf 2 Grad Celsius begrenzen; sie muss aber auch Versorgungssicherheit garantieren und Wirtschaftlichkeit ermöglichen. Dazu brauchen wir vor allem die Energieeinsparung und die Steigerung der Energieeffizienz und langfristig den kompletten Umstieg von den fossilen auf die erneuerbaren Energieträger. Der Zubau von Kohlekraftwerken erscheint im Lichte der heutigen Rahmenbedingungen wie dem Emissionshandel und den Kosten nicht mehr realistisch. Im Bereich der CO2-Emissionen gilt daher für die SPD der Grundsatz: Vermeidung und Wiederverwertung vor Verpressung.
CCS ist zunächst eine Technologie im Entwicklungsstadium. Möglicherweise kann sie aber in der Zukunft im Bereich der Industrie einen Teil zur Erreichung unserer Ziele beitragen. Deshalb ist ein schwarz-weiß Denken nicht seriös. Lassen Sie mich deutlich machen: Es bedarf einer weitaus differenzierteren Betrachtung, als sie bisher gerade von der schwarz-gelben Koalition angestellt wurde. Bis alle Probleme im Bereich CCS gelöst sind und Sicherheitsrisiken behoben wurden - und die Technologie damit zur Marktreife gebracht wurde - muss unser Ziel der Umstieg auf eine erneuerbare Energieversorgung sein. Als letzte Rückfalloption vor allem in der Industrie darf man CCS aber gerade vor dem Hintergrund unserer Verpflichtungen im Klimaschutz nicht völlig aus den Augen lassen.
CCS könnte vor allem in der Stahl-, Chemie- oder Zementbranche einen wichtigen Beitrag zum Klimaschutz leisten und sollte gerade in diesen Bereichen erprobt werden. In diesem Zusammenhang ist es aber auch angezeigt, zunächst alternative Produktionsmethoden und stoffliche Alternativen zu erforschen.
Bis CCS allerdings überhaupt als anwendbare Technologie zur Verfügung stehen wird gilt es, zahlreiche Probleme zu lösen, die auch schon heute bei der Diskussion um den Einsatz berücksichtigt werden müssen:
• CCS benötigt einen hohen zusätzlichen Energieeinsatz,
• Pipelines müssen über große Entfernungen gebaut werden,
• im Untergrund bestehen Nutzungskonkurrenzen,
• mögliche Grundwasserbelastungen und weitere Risiken für Mensch und
Natur sind nicht ausgeräumt,
• neben insgesamt hohen Kosten fehlt jeder Nachweis einer
Langzeitsicherheit,
• somit können durch Austritte von CO2 große Probleme durch Klimaeffekte
und Gesundheitsschäden hervorgerufen werden.
Deshalb müsste es ein Gesetz geben, das aus unserer Sicht folgende Aspekte sicherstellt:
• die Gewährung höchstmöglicher Sicherheits- und Umweltstandards im
Rahmen des "Standes von Wissenschaft und Technik" insbesondere für
Transport und Speicherung von CO2,
• eine faire Berücksichtigung der Interessen der Oberflächeneigentümer,
• ein hohes Maß an Transparenz und eine umfassende Beteiligung der
Bevölkerung vor Ort,
• eine Schonung der öffentlichen Hand, indem z.B. die Haftung dauerhaft
und ab der ersten Tonne CO2 beim Betreiber bzw. gegebenenfalls mittelbar
bei dem Akteur liegt, dem die CO2-„Erzeugung“ zuzurechnen ist und ggf.
eine insolvenzfeste Rückstellungssumme,
• die Gewährleistung angemessener Nachsorgebeiträge im Sinne des
Verursacher-prinzips sowie
• eine größtmögliche geographische Nähe zwischen Abscheidung und
Speicherorten.
Sehr geehrter Herr Möller, ich hoffe, ich konnte Ihnen die Position der SPD-Bundestagsfraktion zum Themenkomplex CCS verdeutlichen.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Martin Schwanholz, MdB