Wie möchte die Bundesregierung die Doppelbesteuerung der Rürup-Rente verhindern? Jahrelang nicht komplett absetzbar, später komplett steuerpflichtig; wie soll dies Problem gelöst werden?
Sehr geehrter Herr C.,
vielen Dank für Ihre Frage zur Krankenversicherungsbeitragspflicht bei Betriebsrenten und die Haltung der SPD dazu.
Wir wollen die 2004 eingeführte Vollverbeitragung sowie die Doppelverbeitragung von Betriebsrenten in der gesetzlichen Krankenversicherung abschaffen. Das hat der SPD-Parteivorstand bereits im Juni 2017 ausdrücklich beschlossen.
In einem ersten Schritt haben wir mit dem GKV-Betriebsrentenfreibetragsgesetz, das zum 1. Januar 2020 in Kraft getreten ist, einen Freibetrag in Höhe der bis dahin geltenden Freigrenze (159,25 Euro) eingeführt. Die Neuregelung führt dazu, dass auch Betriebsrentnerinnen und Betriebsrentner oberhalb der bisherigen Freigrenze finanziell entlastet werden. Bisher musste auch bei geringem Überschreiten der Freigrenze der volle Beitrag auf die gesamte Betriebsrente gezahlt werden.
Dies bedeutet, dieser dynamisierte Freibetrag bleibt für alle Betriebsrenten frei von Krankenversicherungsbeiträgen. Wer eine Betriebsrente bekommt und bisher Krankenversicherungsbeiträge gezahlt hat, wurde damit im Jahr 2020 um rund 300 Euro entlastet. Damit zahlen dann mindestens 60 Prozent der Betriebsrentnerinnen und -rentner de facto maximal den halben Beitragssatz, die weiteren 40 Prozent der Betriebsrentnerinnen und -rentner werden spürbar entlastet. Diese Regelung gilt im Übrigen auch für Einmalzahlungen aus Direktversicherungen. Hier werden die Krankenkassenbeiträge, die ja auf zehn Jahre berechnet werden, durch den Freibetrag künftig um rund 3.000 Euro gesenkt.
Der Freibetrag gilt auch für diejenigen, die bereits in der Auszahlungsphase sind. Mir ist klar, dass wir mit dieser Regelung nicht alle zufriedengestellt haben. Gerade diejenigen werden wir nicht zufrieden stellen, die in den 70er und 80er Jahren eine Betriebsrente in dem Glauben abgeschlossen haben, keine Krankenkassenbeiträge auf ihre zusätzliche Rente zahlen zu müssen. Hier halte ich es auch weiterhin für einen Fehler, dass damals kein Vertrauensschutz gewährt wurde bzw. es keine Übergangsregelungen gegeben hat. Das können wir rückwirkend aber nicht mehr ändern. Jedoch haben wir mit der jetzigen Regelung einen Kompromiss gefunden und setzen ein deutliches Signal für die Stärkung der betrieblichen Altersversorgung.
Die Abschaffung der vollen Verbeitragung von Betriebsrenten in der gesetzlichen Krankenversicherung war Teil unseres Zukunftsprogramms. Es ist für uns als SPD deshalb enttäuschend, dass wir mit unseren Koalitionspartnern keine tragfähige Einigung dazu erzielen konnten. Die oben beschriebene finanzielle Entlastung durch die Freibetragsregelung beträgt jährlich 1,2 Mrd. Euro. Diese muss in der Finanzierung der Krankenversicherung über den Gesundheitsfonds durch die Solidargemeinschaft aller Krankenversicherten aber auch ausgeglichen werden.
Die Herausforderungen für unser Gesundheitssystem sind groß. Dazu gehört immer die Frage der Finanzierung der Leistungen, die früher oder später jeder von uns braucht. Gute Löhne für die vielen Beschäftigten in den Heil- und Pflegeberufen gehören genauso dazu, wie mehr Beitragsgerechtigkeit für alle Versicherten. Ein Ausgleich zwischen den Beitragszahlungen der Versicherten und den zunehmenden Kosten für die gesetzliche Kranken- und Pflegeversicherung ist nie einfach. Die SPD hat deswegen immer für eine Bürgerversicherung gekämpft. Und ich bin davon überzeugt, dass wir das solidarische System der Umlagefinanzierung weiterentwickeln müssen, so dass alle Bürgerinnen und Bürger in einer gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung versichert sind. In diesem Rahmen wollen wir mit einer Reform des Beitragsrechts auch die Doppelverbeitragung abschaffen. Da wir die Einführung einer Bürgerversicherung jedoch nicht im Koalitionsvertrag verankern konnten, werden wir im Zuge der anstehenden gesundheits- und rentenpolitischen Vorhaben nach neuen Spielräumen für die Reform des Beitragsrechts suchen, die auch von unseren Koalitionspartnern mitgetragen werden.
Viele Grüße
Martin Rosemann