Ist Ihre Partei noch Ansprechpartner für Arbeitnehmer?
Sehr geehrter Herr Rosemann,
nachdem viele Länder in den vergangenen Jahrzehnten die Altersversorgung für künftige Generationen - auch unter Einbeziehung des Kapitalmarkts - erfolgreich reformiert und auf eine breitere Basis gestellt haben, wurde dies in Deutschland lange Zeit sträflich versäumt. Nun wurde nach mehreren Verzögerungen das sogenannte Rentenpaket II vorgestellt. Dieses wird in der Presse vielfach als Frontalangriff auf die jüngere Generation berzeichnet. Angesichts der Tatsache, dass in einer alternden Gesellschaft das Rentenniveau festgeschrieben wird und am Renteneintrittsalter und der Rente mit 63 nicht gerüttelt werden darf, ist diese Einschätzung wohl auch nicht falsch. Als einzige Stellschrauben bleiben somit der Rentenbeitrag und der Steuerzuschuss in die Rente übrig, Für Berufstätige unter 50 Jahren ist also Schlimmes zu befürchten. Warum also sollte ein junger, im Berufsleben stehender Mensch die SPD wählen?
Sehr geehrter Herr R.,
vielen Dank für Ihre Anfrage und bitte entschuldigen Sie die späte Antwort. Ich bekomme sehr viele Zuschriften von Bürgerinnen und Bürgern und kann auf diese nur nach und nach antworten.
Gerne möchte ich Ihnen zunächst etwas grundsätzlicher auf ihre Frage antworten:
Warum stabilisieren wir überhaupt das Rentenniveau? Wir stabilisieren das Rentenniveau, damit Arbeitnehmer:innen sich auch in Zukunft auf eine stabile und verlässliche Rente verlassen können. Die Renten müssen auch zukünftig mit den Löhnen steigen und dürfen nicht von der Wohlstandentwicklung abgekoppelt werden. Das gilt für alle Generationen, auch für Ihre Generation. Wir müssen sicherstellen, dass sich Arbeit in der Rente auszahlt. Ein sinkendes Rentenniveau hätte diesem Ziel entgegengestanden.
Daher haben wir die politische Entscheidung getroffen, das Rentenniveau langfristig zu stabilisieren. Dazu gehört, dass wir grundsätzlich wieder gesetzlich verankern, dass ein Sicherungsniveau vor Steuern bei 48 Prozent liegen soll. Damit haben wir also wieder ein Leistungsziel für die gesetzliche Rente im Gesetz verankert, das erreicht werden soll.
Konkret wird daher die Haltelinie für das Rentenniveau in einem ersten Abschnitt bis zum 1. Juli 2039 in der Rentenanpassungsformel gesetzlich verankert. Die Haltelinie entfaltet ihre Wirkung damit bis zum 30. Juni 2040. Damit das gesetzlich verankerte Sicherungsniveau vor Steuern von 48 Prozent aber auch darüber hinaus gehalten werden kann, wird geregelt, dass die Bundesregierung im Jahr 2035 einen Bericht darüber vorzulegen hat, ob und welche Maßnahmen dazu dann erforderlich sein werden. Von diesem höheren Rentenniveau profitiert dann die jüngere Generation auch schon deshalb, weil sie mit einer höheren Rente in den Ruhestand starten wird.
Neben dieser politischen Entscheidung zum Rentenniveau brauchen wir aber vor allem auch eine gute Arbeitsmarktpolitik, damit die Rente stabil bleibt. Denn die Rente entscheidet sich vor allem auf dem Arbeitsmarkt. In einem umlagefinanzierten Rentensystem gilt der Zusammenhang: Gute Arbeitsmarktpolitik ist auch gute Rentenpolitik. Daher hat sich die Rente auch – trotz aller anderslautender Vorhersagen – in der Vergangenheit immer positiver entwickelt als vorhergesagt. Wir haben ein Rekordniveau an sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung. Nie waren mehr Menschen in Arbeit als heute. Und je mehr Menschen in Arbeit sind, desto stabiler ist das Rentensystem. Diese Entwicklung gilt es zu unterstützen, auch in Zukunft. Dazu braucht es natürlich die entsprechenden politischen Weichensetzungen – jetzt und zukünftig. Wir müssen die Tarifbindung stärken, die Arbeits- und Fachkräftebasis sichern - mit Aus- und Weiterbildung, mit Prävention und Rehabilitation, mit noch mehr Erwerbsbeteiligung von Frauen und Älteren, mit der besseren Unterstützung von Langzeitarbeitslosen auf ihrem Weg zurück in den Arbeitsmarkt, mit der Integration von geflüchteten Menschen und mit der notwendigen Fachkräfteeinwanderung. Dafür haben wir beispielsweise das Aus- und Weiterbildungsgesetz, das Bürgergeldgesetz und das Fachkräfteeinwanderungsgesetz durchgesetzt. Und für eine gute und erfolgreiche Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik werden wir uns als SPD auch weiterhin einsetzen, denn die braucht es, wenn wir dauerhaft eine gute und stabile Rente haben wollen.
Zudem werden wir aber auch die Beitragszahler:innen langfristig entlasten, indem wir mit dem Generationenkapital einen Beitrag zur dauerhaften Finanzierung eines stabilen Rentenniveaus und damit zur Sicherung einer generationengerechten gesetzlichen Rente leisten. Wir bauen einen zusätzlichen, kollektiven Kapitalstock auf, der uns dabei hilft, mit seinen Erträgen in Zukunft, also ab Mitte der 2030er Jahre, Beitragssatzanstiege zu dämpfen und damit Beitragszahlerinnen und Beitragszahler zu entlasten - insbesondere dann, wenn in den nächsten Jahren die geburtenstarken Jahrgänge, die sogenannten Baby-Boomer, in Rente gehen.
Für uns als SPD ist und bleibt also die gesetzliche Rente der zentrale Baustein unseres Alterssicherungssystems. Individuelle zusätzliche Vorsorge ist insbesondere dann sinnvoll, wenn dies in großen Kollektiven über eine von den Sozialpartnern organisierte Betriebsrente erfolgt. Das ist für uns die beste Form der zusätzlichen Altersvorsorge. Daher werden wir als SPD daran weiterarbeiten, die gesetzlichen Rahmenbedingungen dafür zu verbessern, dass mehr Arbeitnehmer:innen von einer Betriebsrente profitieren können. Im Koalitionsvertrag haben wir dazu vereinbart, dass wir die Betriebsrente stärken.
Ich hoffe, dass ich Ihre Frage beantworten und Sie überzeugen konnte. Zögern Sie bei weiteren Nachfragen bitte nicht, sich erneut an mich zu wenden auf abgeordnetenwatch.de oder über martin.rosemann@bundestag.de.
Mit freundlichen Grüßen
Martin Rosemann