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Martin Rosemann
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Frage von Krischan M. •

Frage an Martin Rosemann von Krischan M. bezüglich Verteidigung

Sehr geehrter Herr Martin Rosemann,
Ich bin sehr besorgt darüber, dass die bewaffnungsfähige Eurodrohne und nun auch das FCAS, das Nuklearwaffen tragen kann, durch unsere Steuergelder finanziert werden sollen. Was meinen Sie hierzu? Werden Sie sich dagegen einsetzen?
Eine Beschaffung von Drohnen würde die Aufrüstungsspirale nur weiter anziehen und nicht zum Weltfrieden beitragen. Selbst wenn die SPD diese nicht bewaffnet sehen will, werden Drohnenmorde dadurch unterstützt, dass Zieldaten durch die Bundeswehr gesammelt und weitergegeben würden. Außerdem werden andere EU-Länder davon profitieren, dass Deutschland die Entwicklung von unbewaffneten Eurodrohnen finanziert, die später oder von anderen sehr leicht bewaffnet werden können. Ein klares Nein zu dieser Entwicklung wäre ein starkes Signal, dass weitere Aufrüstung nicht der richtige Weg zu weniger Gewalt ist, Ich wäre stolz auf Deutschland, wenn es von uns kommt. Auch das FCAS macht mir große Sorgen, es soll Atomwaffen transportieren können, obwohl klar ist, dass ein Atomkrieg eine globale Katastrophe wäre, deshalb gibt es ein Städteappell für ein Nuklearwaffenverbotsvertrag (sogar Tübingen hat unterschrieben): https://www.icanw.de/ican-staedteappell/ Mit einer Zustimmung zum FCAS wäre durch die mögliche Mobilisierung von Atomsprengköpfen die Doomsdayclock nicht entschärft, wer kann dies nur wollen?
Unsere Steuergelder können wir (bzw. die SPD) garantiert für sinnvollere und dafür nachhaltige Dinge verwenden, wie z.B. mehr Pflegekräfte, Bildung, ÖPNV, SPNV, Energiewende.
Auf eine Antwort oder Berücksichtigung meiner Bedenken bei der Bundestagssitzung am 14.4.2021 und in Zukunft würde nicht nur ich mich sehr freuen!

Mit freundlichen Grüßen
Krischan Müller

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SPD

Sehr geehrter Herr Müller,

vielen Dank für Ihre Anfrage bezüglich der Eurodrohne und des FCAS, gerne möchte ich darauf antworten.
Bei der Eurodrohne handelt es sich um ein europäisches Projekt, das gemeinsam von Deutschland, Frankreich, Italien und Spanien betrieben wird. Ziel des Projektes ist es, eine europäische Aufklärungsdrohne zu entwickeln. Die Auslieferung der ersten Systeme für Deutschland ist nicht vor dem Jahr 2029 zu erwarten.

Mit diesem neuen europäischen militärischen Aufklärungssystem wollen wir mit unseren Partnern einen Beitrag dazu leisten, Europa unabhängiger von ausländischen Systemen und Technologien zu machen. Zugleich wollen wir die multinationale Kooperation stärken und die Idee eines geeinten und souveränen Europas auch in der verteidigungspolitischen Zusammenarbeit gestalten. Zusätzlich können wir durch diese Kooperation finanzielle Mittel einsparen, die wir an anderer Stelle – wie etwa in der Pflege, im ÖPNV oder im Klimaschutz verwenden können.

Bei einigen Projektpartnern gibt es den Wunsch, die Eurodrohne bei Bedarf auch bewaffnet einsetzen zu können. Daher sollen die Flugsysteme auch bewaffnungsfähig entwickelt werden. Für mich als Sozialdemokrat steht aber fest, dass ich einer Bewaffnung von Drohnen gegenwärtig nicht zustimme. Die bisherige Diskussion um die Bewaffnung von Drohnen halten wir als SPD für nicht ausreichend. Deshalb möchten wir eine breite Debatte führen, die sich mit dem Für und Wider einer Bewaffnung von Drohnen auseinandersetzt. Dazu haben wir im März dieses Jahres in unserer Partei einen ergebnisoffenen Diskussionsprozess gestartet. Auf Grundlage dieses Ergebnisses werden wir eine Entscheidung darüber treffen, wie wir uns zukünftig zur Frage der Bewaffnung von Drohnen positionieren werden. Aber schon heute steht für mich und für uns als Sozialdemokrat*innen fest: Den Einsatz vollautomatisierter Systeme lehnen wir grundsätzlich ab! Dieser Grundsatz ist nicht verhandelbar.

In Anbetracht dieses Hintergrundes haben meine Kolleg*innen aus der SPD-Bundestagsfraktion am 14. April dieses Jahres dem Beschaffungsvorhaben zur Entwicklung und Kauf der Eurodrohne in den jeweiligen Ausschüssen zugestimmt. Dies haben sie in ihrer besonderen Verantwortung gegenüber den Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr und der Verlässlichkeit Deutschlands als europäischer Partner getan.

Wenngleich die Entwicklung und der Kauf von Munition für die Eurodrohnen nicht Bestand der zugestimmten Beschaffungsvorlage ist, haben wir dem Bundesministerium der Verteidigung den Kauf von Munition und auch die Ausbildung von Soldatinnen und Soldaten an der Waffenanlage untersagt. Dies haben wir in Form eines sogenannten Maßgabebeschlusses geregelt. Der Kauf von Munition kann erst dann erfolgen, wenn der Bundestag gesondert darüber entscheidet und zugleich diesen Maßgabebeschluss aufhebt. Auch die Kostenkontrolle dieses Projektes durch das Parlament haben wir in diesem Beschluss verankert.

Neben der Eurodrohne gibt es noch ein weiteres gemeinsames europäisches Rüstungsprojekt, das für Deutschland und Europa von besonderer Bedeutung ist: das Future Combat Air System (FCAS).

Die heutigen wesentlichen europäischen Kampfflugzeuge werden in den nächsten Jahrzehnten durch neue Systeme ersetzt werden müssen. Wir arbeiten daher gemeinsam mit Frankreich und Spanien an der Entwicklung eines neuen europäischen Kampfflugzeuges. Dies soll ab dem Jahr 2040 als Nachfolge für die derzeit im Betrieb befindlichen Jets Eurofighter und Rafale eingesetzt werden.

Bei dem neu zu entwickelnden Flugzeug handelt es sich um das Kernstück eines vernetzten Systems, eines sogenannten „System of Systems“. Erste Überlegungen gehen dahin, dass ein bemanntes Kampfflugzeug von Aufklärungsdrohnen begleitet und diese gemeinsam eingesetzt werden könnten.

Das Projekt steht noch am Beginn einer langen Entwicklungsphase. In einem nächsten Schritt soll nun eine Studie zur konzeptionellen Ausplanung eines neuen Kampfflugzeuges durchgeführt werden. Aktuell liegt dem Deutschen Bundestag aber keine entsprechende Beschaffungsvorlage für die Finanzierung dieser Studie vor.

Auch für das Projekt FCAS gilt, dass unterschiedliche Partner in Teilen unterschiedliche Vorstellungen über die Einsatzzwecke eines neuen Kampfflugzeugsystems haben. Dazu gehört auch der Aspekt einer möglichen Befähigung des Flugzeuges zum Transport und Einsatz von nuklearen Waffen. Derzeit sind im Rahmen der sogenannten Nuklearen Teilhabe der NATO auch Kampfflugzeuge der Bundeswehr vom Typ Tornado befähigt, Nuklearwaffen zu transportieren und einzusetzen. Diese Flugzeuge sind mittlerweile veraltet und müssen in den nächsten Jahren ersetzt werden.

Als Sozialdemokrat habe ich eine klare Position zu Atomwaffen: Zusammen mit meinen Kolleg*innen der SPD-Bundestagsfraktion setze ich mich für den Abzug aller Atomwaffen aus Europa und für eine atomwaffenfreie Welt ein. Daher werden wir in der SPD auch vor einer möglichen Ersatzbeschaffung für die nuklearfähigen Tornado-Flugzeuge der Bundeswehr eine gewissenhafte und breite Diskussion über die technische nukleare Teilhabe führen. Das Ergebnis dieser Diskussion wird auch leitend sein für unsere zukünftige Ausrichtung im Projekt FCAS. Gerade die anstehende konzeptionelle Studie ist daher wichtig, um wesentliche Weichen für die Entwicklung eines neuen Kampfflugzeuges zu stellen.

Im Zuge der Bewilligung von Geldern für die einzelnen Beschaffungsvorhaben der Bundeswehr verfügen wir als Parlamentarier*innen über ein starkes Kontrollinstrument. Dieser verantwortungsvollen Aufgabe sind wir als SPD-Bundestagsfraktion in den Fachausschüssen immer gerecht geworden. Ohne Zweifel: Die Projekte Eurodrohne und FCAS werden wir auch weiterhin gewissenhaft und orientiert an verantwortungsvoller sozialdemokratischer Politik parlamentarisch begleiten.

Mit freundlichen Grüßen
Martin Rosemann

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