Frage an Martin Rosemann von Petra S. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Rosemann,
wieso sind Sie gegen die Abschaffung der Abschläge auf die Erwerbsminderungsrente? Zuerst nennen Sie als Grund, dass man keine Anreize setzen möchte auf eine Erwerbsminderungsrente auszuweichen, anstatt einer vorgezogenen Altersrente. Ich glaube Ihnen ist nicht bekannt wie schwer es ist, trotz schwerer Krankheit eine EM Rente zu erhalten. Wie sollte da ein "Gesunder " zu einer EM Rente kommen? Außerdem haben Sie mit der 3. Verbesserung für " Neu EM Renter genau diesen Vorteil möglich gemacht. ( wenn man Krankheit ) als Vorteil sehen will. Bei der neuen Grundrente ist Ihnen keine Bürokratiehürde zu groß und EM Rentner vor dem 1.7.2014 mussten 3x ohne Verbesserung zuschauen, wie sich die SPD damit rühmt die Erwerbsminderungsrente für Neu EM Rentner verbessert zu haben. Wieso ist Ihnen die Bürokratiehürde für kranke Alte EM Rentner zu hoch?
Mit freundlichen Grüßen
Petra Spielmann
Sehr geehrte Frau Spielmann,
vielen Dank für Ihre Anfrage, mit der Sie mir die Möglichkeit geben, Ihnen meinen Standpunkt näher zu erläutern: Mir ist es sehr wichtig, Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Deutschland bestmöglich zu unterstützen. Für mich gilt das Prinzip eines vorsorgenden Sozialstaats. Ich möchte die Menschen optimal dabei unterstützen, dass sie gesund, und das möglichst bis zu ihrem Renteneintrittsalter, im Arbeitsleben bleiben können. Und ich möchte, dass sie dann auch gesund und fit eine gute Rente beziehen können. Wenn dies trotz aller Bemühungen nicht gelingt, muss das Risiko der Erwerbsminderung natürlich auch finanziell gut abgesichert sein. Mit Ihrer Kritik, dass sich die bisherigen Verbesserungen für Erwerbsminderungsrentnerinnen und -rentner nicht auf den Bestand beziehen, stehen Sie nicht alleine da. Wir bekommen in der SPD-Fraktion immer wieder Briefe mit diesem Anliegen von Menschen, die in der gleichen Situation sind. Und Sie haben Recht: Das Risiko der Erwerbsminderung muss finanziell gut abgesichert sein. Denn eine Erwerbsminderungsrente zu beantragen ist keine freiwillige Entscheidung, man ist krank, kann nicht mehr arbeiten und hat keine andere Wahl. Daher haben wir die Erwerbsminderungsrente in den letzten Jahren – so wie Sie auch schreiben – immer wieder verbessert. Aber – wie Sie auch richtig schreiben, diese Verbesserungen kommen bisher nicht denjenigen zugute, die schon Erwerbsminderungsrente beziehen. Die wiederkehrende Kritik der aktuellen Bezieherinnen und Bezieher von Erwerbsminderungsrenten ist für uns nachvollziehbar.
Jedoch wird es auch hier nicht einfach werden eine gerechte Lösung zu finden, die sich dann auch umsetzen lässt. Ein individuelles Verfahren für den Bestand ist dabei fast nicht möglich. Man müsste wahrscheinlich eine Pauschalregelung finden, die aber auch wieder mit Ungerechtigkeiten verbunden sein kann. Dennoch hätte ich mir gewünscht und dafür habe ich mich auch eingesetzt, dass von den neuen Verbesserungen seit 2014 bei der Erwerbsminderungsrente auch Erwerbsminderungsrentner/innen im Bestand profitieren können. Darauf haben wir uns aber leider mit CDU und CSU nicht einigen können. Wir werden uns als SPD aber auch weiterhin dafür einsetzen, dass wir hier weiter kommen und eine Lösung finden. In unserem Rentenkonzept wird dieses Thema auf jeden Fall eine zentrale Rolle einnehmen.
Bzgl. meiner Aussage zu den Abschlägen möchte ich Ihnen folgendes zur Klarstellung sagen: Mit den letzten Verbesserungen bei der Erwerbsminderungsrente hat man dafür gesorgt, dass die Zurechnungszeit immer weiter verbessert wurde. Zuletzt hat Arbeitsminister Hubertus Heil nun dafür gesorgt, dass die Zurechnungszeit ab dem 1. Januar 2019 nicht schrittweise sondern in einem Schritt auf 65 Jahre und acht Monate angehoben wurde. Seit dem 1. Januar 2020 steigt die Zurechnungszeit bis 2027 in jedem Jahr dann um einen Monat, danach jährlich um zwei Monate. Dieser Prozess endet im Jahr 2031, wenn die reguläre Altersgrenze von 67 Jahren erreicht ist. Meine Aussage zu den Abschlägen bezieht sich darauf, dass jetzt Altersrenten und Erwerbsminderungsrenten hinsichtlich der längeren Rentenlaufzeit grundsätzlich gleich behandelt werden. Denn die zustehenden Rentenleistungen müssen – wie dies immer bei einem vorgezogenen Renteneintritt der Fall ist – auf einen längeren Zeitraum verteilt werden. Zudem werden die Abschläge für Erwerbsgeminderte maximal 10,8 % betragen können, bei den Altersrenten werden diese Abschläge in Zukunft, also mit steigendem Renteneintrittsalter, bis zu 14,4% Prozent betragen können.
Viele Grüße
Martin Rosemann