Frage an Martin Rosemann von Siegfried G. bezüglich Umwelt
Was halten Sie von einer Mobilitätsprämie für alle, anstatt einer Abwrackprämie?
Jede Art von Neustartprämie für die Autoindustrie wäre (laut allen Fachleuten) wirtschafts- und sozialpolitisch sinnlos und klimapolitisch katastrophal und würde nur für mehr Autoverkehr sorgen.
Initiiert vom ADFC fordert ein breites Bündnis von Verbänden und Unternehmen, dass es nicht wieder Geld für Autos (selbst solche mit klimafreundlichen Antrieben oder gebrauchte) geben, sondern endlich ein intelligenter und umweltfreundlicher Verkehrsmix gefördert werden soll, sei es Fahrrad, Bahncard, ÖPNV-Abo oder E-Lastenrad.
Mit freundlichen Grüßen
S. G.
Sehr geehrter Herr G.,
vielen Dank für Ihre Nachricht.
Angesichts unserer ökologischen Probleme verstehe ich Ihren Vorbehalt gegen die Förderung des Autoverkehrs generell. Auch ich bin der Meinung, dass die Mobilität der Zukunft nicht durch den motorisierten Individualverkehr geprägt sein wird (und auch nicht sollte), sondern durch massiv ausgebauten öffentlichen Personennahverkehr (zumindest in den Ballungsräumen) und ebenfalls deutlich verbesserte Anbindungen der ländlichen Gebiete durch den ÖPNV an diese Ballungsgebiete. Darum unterstütze ich ausdrücklich die Pläne zur Regionalstadtbahn Neckar-Alb und dazu die Pläne für eine zugehörige Innenstadtstrecke in Tübingen.
Dennoch besteht heute und sicher auch noch für viele Jahre die Notwendigkeit (vor allem auf dem Land) auf Automobile zurückgreifen zu können. Deshalb geht es vor allem darum, den ÖPNV auch in ländlichen Regionen massiv auszubauen. Dafür reicht eine Mobilitätsprämie nicht aus. Des Weiteren sind die Automobilbranche und die vielen Zulieferbetriebe auch ein ganz wesentliches Standbein unserer Wirtschaft und Arbeitgeber für Millionen von Menschen. Das heißt wir müssen hier einen Übergang schaffen, ohne Hunderttausende arbeitslos zu machen und ihnen damit die Existenzgrundlage zu nehmen. Gleichzeitig müssen wir, wie sie richtig andeuten, beim Klimaschutz weiter substantiell vorankommen.
Der Übergang wird viele Jahrzehnte dauern und bedarf nicht nur ambitionierter ökologischer Ziele, sondern auch einer sozialen Ausgewogenheit. Nur wenn es uns gelingt, die soziale Komponente der Energie- und Verkehrswende adäquat zu berücksichtigen, lässt sich eine breite Akzeptanz der Bevölkerung gegenüber den genauso wichtigen Klimaschutzmaßnahmen herstellen und erhalten.
Ich glaube daher, dass die Bundesregierung mit der Beschränkung auf eine Förderung von E-Autos und anderen modernen Antriebstechnologien auf der einen Seite ein wichtiges zukunftsweisendes Signal gesendet hat. Auf der anderen Seite werden aber auch Anreize für die Automobilbranche geschaffen, die ihr die Möglichkeit eröffnen ihren Fortbestand zu sichern; eben indem sie endlich den wichtigen Schwenk weg von Verbrennungsmotoren als maßgebliche Antriebssysteme vollzieht. Das ist auch ein wichtiger Schritt dem von Ihnen geforderten intelligenten und ökologischen Verkehrsmix näher zu kommen.
Übrigens bin ich der Meinung, dass die derzeitige Bundesregierung auf Betreiben der SPD deutlich konsequenter beim Klimaschutz vorangeht, als etwa der grüne Ministerpräsident Kretschmann. Er hatte sich etwa für Zuschusszahlungen an Käufer/innen von Fahrzeugen mit Verbrennungsmotoren ausgesprochen.
Sehr geehrter Herr Gack, ich hoffe, ich konnte Ihnen mit meiner Antwort helfen.
Mit freundlichen Grüßen
Martin Rosemann