Frage an Martin Rosemann von Nathalie P. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen
Sehr geehrter Herr Dr.Rosemann,
heute erfahre ich, dass eine Koalition aus Interessengruppen, die eine Teilnahme der Bundeswehr an einer Iran-Mission nicht ausschließen möchte, immer größer wird: Sie umfasst die CDU, die Industrie, die Grünen, weite Teile der Medienlandschaft und verschiedenste Lobbyisten.
Und was ist mit der SPD, was ist ihre Position? Sie scheint laut Tobias Riegel „nicht zu identifizieren und darum nicht ernstzunehmen“ zu sein (https://www.nachdenkseiten.de/?p=53817).
Ich hoffe, dem ist nicht so und Sie werden sich eindeutig gegen diese „Mission“ aussprechen.
Die Akteur*innen in dieser Koalition machen keinen Hehl daraus, dass bei dieser "Mission" (was für eine Schande, dieses Wort im Zusammenhang mit einem militärischen Einsatz zu benutzen!) die Verteidigung wirtschaftlicher Interessen für die Exportnation und Industrieland Deutschland im vordergrund steht. Skandalös ist die Forderung von Wolfgang Ischinger, die Bundeswehr als Schutzmacht deutscher Unternehmen einzusetzen!
Diese Forderung ist nicht nur unverantwortlich, sondern auch verfassungswidrig, denn die Bundeswehr darf laut Art. 87a GG außer zur Verteidigung nur eingesetzt werden, wenn das GG es ausdrücklich zuläßt. Wo steht es im GG, dass die Bundeswehr für eine funktionierende Handelsschifffahrt außerhalb des europäischen Kontinents Verantwortung trägt bzw. diese Handelswege schützen darf?!
Uns wurde während der EU-Wahlkampagne ständig an das Friedensprojekt Europa erinnert und daran appelliert, dieses Friedensprojekt mit unserer Stimme zu stärken bzw. zu retten!
Was momentan passiert, hat nichts mit Friedenpolitik oder Deeskalation in einem Krisenfall zu tun, sondern was da zu hören und zu lesen ist, ist Kriegstreiberei!
DAMIT BIN ICH NICHT EINVERSTANDEN !
Daher frage ich Sie, ob Sie mir versichern können, dass Sie alles in Ihrer Macht tun werden, diesen Wahnsinn zu stoppen und dass Sie ggf. GEGEN einen Einsatz der Bundeswehr am persischen Golf stimmen werden?
Mit freundlichen Grüßen
Sehr geehrte Frau P.,
vielen Dank für Ihre Nachfragen zu meiner Haltung und der SPD-Position zu einer möglichen Mission der Bundesmarine in der Straße von Hormus.
Auch mir bereitet der Gedanke an eine potenzielle militärische Operation unserer Marine in diesen Gewässern große Sorge. Denn ich glaube nicht, dass wir dadurch politisch etwas erreichen werden. Der Iran ist durch militärischen Druck nicht an den Verhandlungstisch zurückzubringen. Doch genau darum muss es uns gehen.
Wenn wir einen Krieg verhindern wollen, muss Diplomatie unser erstes und wichtigstes Mittel sein. Wir brauchen internationale Verhandlungen auf Augenhöhe - unter Einbeziehung der Vereinten Nationen - um einen militärischen Konflikt abzuwenden. Es ist im Interesse der ganzen Welt, nicht nur in dem der Anrainerstaaten und der westlichen Länder, dass der persische Golf friedlich und für die zivile Schifffahrt offen bleibt. Das erreicht man meiner Meinung nach nicht, wenn man ihn mit Kriegsschiffen füllt (völlig egal, ob es nun amerikanische, iranische oder europäische sind).
Aus diesem Grund steht die Bundesregierung - namentlich Außenminister Heiko Maas - mit unseren europäischen Partner (zuvorderst Frankreich und Großbritannien) im engen Kontakt, um gemeinsam auf eine diplomatische Lösung des Konflikts hinzuarbeiten. Die europäischen Staaten nehmen dabei nach wie vor eine wichtige Vermittlungsposition zwischen den USA und dem Iran ein. Die SPD unterstützt dieses Vorgehen daher ausdrücklich. Und ich auch.
Allgemein erlaubt das Grundgesetz Auslandseinsätze der Bundeswehr nur innerhalb eines Systems kollektiver Sicherheit. Die militärischen Drohgebärden der USA und die von ihr angestrebte Marinemission erfüllen diese Voraussetzung aus unserer Sicht in keinster Weise.
Dementsprechend möchten weder ich, noch die SPD, dass Deutschland sich an einer durch die USA initiierten Militäroperation im Persischen Golf beteiligt. Die Politik des "Maximalen Drucks" hat schon früher nicht zu Erfolg geführt und wird es auch dieses Mal nicht. Ich plädiere ausdrücklich für eine Rückkehr an den Verhandlungstisch unter Einbeziehung aller Staaten der Region.
Ich hoffe, ich konnte damit Ihre Fragen beantworten.
Mit freundlichen Grüßen
Martin Rosemann