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Martin Rosemann
SPD
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Frage von Heike R. •

Frage an Martin Rosemann von Heike R. bezüglich Soziale Sicherung

Sehr geehrter Herr Dr.Rosemann,

Martin Schulz redet ständig von sozialer Gerechtigkeit, die er durchsetzen will.
Ich habe eine konkrete Frage zur sozialen Ungerechtigkeit, die einzig die SPD zu verantworten hat! 2002 habe ich über den Arbeitgeber eine Direktlebensversicherung abgeschlossen.
Damals waren keine Sozialabgaben bei Auszahlung fällig! Aber jetzt, bei Auszahlung, hält die Krankenkasse die Hand auf und will mehr als 18% davon haben. In den Mitteilungen meines Versicherers war davon in all den Jahren nie die Rede gewesen. Besonders bitter: hätte ich eine Lebensversicherung privat und nicht über die Firma bespart oder wäre ich in der Firma Die SPD Regierung privat krankenversichert, würde ich von den Sozialversicherungen nicht zur Kasse gebeten. Bei Vertragsabschluss konnte ich noch davon ausgehen, dass ich meine Auszahlung beitragsfrei bekomme. Die SPD Regierung hatte mich mit Steuer- und Abgabenvorteilen in die betriebliche Altersvorsorge (bAV) gelockt. Doch seit 2004 ist alles anders. Damals hat die SPD Regierung plötzlich rückwirkend die Spielregeln geändert. Seit 2004 müssen alle gesetzlich Krankenversicherte auch auf eine Kapitalabfindung den vollen Beitragssatz zahlen, also sowohl den Anteil des Arbeitnehmers wie des Arbeitgebers !!!!! berappen. Dies wohlgemerkt unter der SPD Regierung. Damit die Beitragsbemessungsgrenze nicht greift, hat sich die SPD ausgedacht, das Geld auf zehn Jahre zu strecken und jeden Monat vom Konto abzubuchen. Mit den Pensionsfonds hat die soziale SPD das Gleiche gemacht.
Der Arbeitgeber spart dabei seinen Anteil an den Sozialabgaben.
Was für die Einzahlungsphase so verlockend klingt, wird im Alter meist zum Draufzahlgeschäft. Wer garantiert immer profitiert, sind die Arbeitgeber und Versicherer. Privat zu sparen, ist meist rentabler.
Herr Dr.Rosemann, was meint Schulz mit sozialer Gerechtigkeit? Wird er die von der SPD geschaffene soziale Ungerechtigkeit,die mich und andere Rentner hart trifft, revidieren?

Heike Rogall

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Antwort von
SPD

Sehr geehrte Frau Rogall,

vielen Dank für Ihre Anfrage, in der Sie auf die Thematik der Sozialversicherungsbeiträge aus Direktversicherungen eingehen.

Zunächst möchte ich klarstellen: Die SPD ist nicht alleine verantwortlich für die damalige Gesetzesänderung. Richtig ist, dass im Jahre 2004 die Beitragspflicht für Zahlungen aus Direktversicherungen eingeführt wurde. Dies geschah mit dem Gesundheitsmodernisierungsgesetz (GMG), welches, vor dem Hintergrund von defizitären Sozialkassen und Schulden in Milliardenhöhe, von einem breiten Bündnis aus der Mitte des Deutschen Bundestages heraus entworfen und verabschiedet worden ist. Der ursprüngliche Gesetzentwurf der rot-grünen Regierung sah dabei keine derartige Regelung vor.

Zu diesem Thema hat auch am 27. Januar 2016 bereits eine öffentliche Anhörung im Deutschen Bundestag stattgefunden, in der Expertinnen und Experten zum Thema befragt wurden. Falls es Sie interessiert, können Sie die schriftlichen Stellungnahmen der Expertinnen und Experten auf der Internetseite des Gesundheitsausschusses nachlesen.

Leider kann ich Ihnen derzeit keine Änderung der bestehenden Rechtslage in Aussicht stellen. Ich kann mir vorstellen, dass diese Entscheidung für Sie persönlich wahrscheinlich nicht nachvollziehbar ist. Sie hatten mit dem vollen Auszahlungsbetrag gerechnet und unterlagen stattdessen zum Auszahlungszeitpunkt der vollen Beitragspflicht.

Dennoch möchte ich versuchen, Ihnen die Gründe für die damalige Entscheidung zu erklären:

Mit Inkrafttreten des GKV-Modernisierungsgesetz im Jahr 2004 hat der Bundesgesetzgeber wiederkehrende Rentenzahlungen aus der betrieblichen Altersvorsorge mit Kapitalauszahlungen gleich gestellt. Zu diesem Zeitpunkt waren wiederkehrende Rentenzahlungen nämlich bereits beitragspflichtig.

Zudem wurde mit dieser Maßnahme die Finanzstabilität der Kranken- und Pflegeversicherung gewährleistet, von der insbesondere auch gesetzlich versicherte Rentnerinnen und Rentner über den umfassenden solidarischen Versicherungsschutz profitieren, der ein hohes medizinisches und pflegerisches Versorgungsniveau im Versicherungsfall garantiert.

Damit wir diesen Versicherungsschutz auch in Zukunft weiter garantieren können, müssen sich die Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung auch zukünftig an der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der oder des Versicherten zum Zeitpunkt der Verbeitragung orientieren, und zwar unabhängig davon, wie diese Einnahmen in der Vergangenheit zustande gekommen sind.

Zudem sprechen Sie in Ihrem Brief eine vermeintliche Doppelverbeitragung der Direktversicherungsauszahlungen an. Diese findet jedoch gar nicht in jedem Fall statt: Größtenteils fließen in eine Direktversicherung noch nicht verbeitragte Gelder aus dem entsprechenden Arbeitsverhältnis, und eben nicht, wie bei einer beitragsfreien privaten Lebensversicherung, bereits verbeitragte Gelder. Anstatt einer beitragspflichtigen Auszahlung an den Arbeitnehmer und Direktversicherten, erfolgt die beitragsfreie Einzahlung in die Direktversicherung.

Würde man dennoch ein Verbot der „doppelten Verbeitragung“ durchsetzen wollen, müsste dies natürlich auch unmittelbare Auswirkungen auf andere Einkommensarten haben, vor allem die gesetzliche Rente. Denn auch die gesetzliche Rente unterliegt derzeit der doppelten Verbeitragung. Auch für sie wurden in der Entstehungsphase des Rentenanspruchs Beiträge aus Arbeitsentgelt entrichtet, für die ebenfalls Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge zu zahlen waren. Damit wäre dann aber für alle Versicherten weder die Beitragssatzstabilität noch das hohe Leistungsniveau in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung weiter gesichert.

Auch ihr Vergleich mit einer privaten Lebensversicherung ist schwierig: Mit einer betrieblichen Altersvorsorge unterliegen Sie dem entsprechenden Schutz durch den Arbeitgeber nach dem Betriebsrentengesetz. Im „privaten Bereich“ sind Sie ohne diesen Schutz. Daher ist ein Vergleich der Verbeitragung beider Modelle nicht ohne weiteres möglich: Eine private Lebensversicherung ist weitaus risikobehafteter als die niedrigschwellige, geschützte betriebliche Altersvorsorge, die noch dazu oftmals bessere Versicherungskonditionen bot und bietet, weil viele Arbeitnehmer gemeinsam einen Vertrag mit dem Versicherer schließen.

Wie Sie sicherlich bereits wissen, haben alle zuständigen obersten Bundesgerichte und das Bundesverfassungsgericht die unterschiedlichen Wirkungen der beitragsrechtlichen Regelung geprüft und bestätigt. Demnach ist die Recht- und Verfassungsmäßigkeit des GKV-Modernisierungsgesetz gerichtlich bestätigt worden.

Jedoch sehe auch ich den von Ihnen angesprochenen rückwirkenden Eingriff in bereits abgeschlossene betriebliche Direktversicherungsverträge durchaus kritisch, obwohl alle zuständigen obersten Bundesgerichte diesen ebenfalls als verfassungskonform bestätigt haben. Hier hätte man über eine entsprechende flankierende Vertrauensschutzregelung nachdenken müssen, die zumindest rentennahen Jahrgängen die Möglichkeit gegeben hätte, sich auf die bevorstehenden Veränderungen einzustellen.

In den Beratungen zum Betriebsrentenstärkungsgesetz haben wir uns gemeinsam mit unserem Koalitionspartner erneut mit der Thematik beschäftigt und diese trotz der fachlich klaren Einschätzung politisch abermals diskutiert. Geändert haben wir für die Zukunft, dass Arbeitgeber die bei einer Entgeltumwandlung des Arbeitnehmers eingesparten Sozialversicherungsbeiträge in pauschalierter Form in die betriebliche Altersvorsorge ihrer Beschäftigten einbringen müssen. Bei weiteren Vorschlägen, die diskutiert wurden und die auf eine Reduzierung der Beitragslast in der Auszahlungsphase – auch von Bestandsrentnerinnen und Bestandsrentnern – abzielten, konnte man sich nicht einigen, obwohl es durchaus auch bei den zuständigen Abgeordneten der CDU/ CSU – Fraktion eine Bereitschaft zur Änderung gab. Denn schlussendlich waren weder der Finanzminister noch der Gesundheitsminister bereit, etwas am Status Quo zu ändern. Allerdings würde auch eine Änderung keine vollständige Gerechtigkeit – wie schon oben beschrieben – bringen.

Ich bedauere sehr, Ihnen keine positivere Nachricht geben zu können.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Martin Rosemann

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