Frage an Martin Rosemann von Hans-Joachim F. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Betr.: Telemediengesetz, Störerhaftung
Lieber Herr Rosemann,
warum wurde im gerade beschlossenen neuen Telemediengesetz die "Abschaffung der Störerhaftung für Betreiber öffentlich zugänglicher WLANs" nur in der Begründung, aber nicht im Gesetzestext verankert? Das war doch eigentlich einer der wichtigsten Änderungspunkte und macht doch so eigentlich keinen Sinn? Mir kommt das sehr unprofessionell vor.
MfG
Ihr Hans-Joachim Fuchs
Lieber Herr Fuchs,
vielen Dank für Ihre Frage zum Telemediengesetz. Ziel des Gesetzes ist es dafür zu sorgen, dass deutlich mehr freies WLAN im öffentlichen Raum, in Cafés, Bibliotheken, Kaufhäusern, Schulen aber auch im privaten Umfeld ermöglicht wird und gleichzeitig Abmahnanwälte in Zukunft schlechte Karten haben. Dieses Ziel wird dadurch erreicht, dass WLAN-Anbieter mit der Änderung in § 8 Abs. 3 TMG die volle Haftungsprivilegierung als Internetzugangsanbieter (Accessprovider) genießen. Durch die Gleichstellung von WLAN-Anbietern mit Accessprovidern (zum Beispiel Telekom oder Vodafone) ist eine Haftung eines WLAN-Anbieters für Rechtsverletzungen Dritter ausgeschlossen. Und das umfasst horizontal jede Form der Haftung für rechtswidriges Verhalten jeder Art. Das gilt für die straf-, verwaltungs- und zivilrechtliche Haftung sowie für die unmittelbare und mittelbare Haftung für Handlungen Dritter.
Dadurch wird es in Zukunft Abmahnwellen gegen Cafés oder Familien, die viele Menschen verunsichern, in dieser Form nicht mehr geben. Ein Internetzugangsanbieter kann weder zur Zahlung von Schadenersatz, noch zur Tragung der Abmahnkosten und der gerichtlichen oder außergerichtlichen Kosten im Zusammenhang mit der von einem Dritten begangenen Rechtsverletzung verpflichtet werden.
Um Zweifel bei der Auslegung der Reichweite der Haftungsprivilegierung auszuschließen, ist in der Begründung der Wille des Gesetzgebers nochmal klar zum Ausdruck gebracht, indem dort das Wort "Störerhaftung" genannt wird. Das Gesetz schafft damit die nötige Rechtssicherheit, um öffentliches WLAN in Deutschland zu ermöglichen. Das war das Ziel und das wurde auch erreicht, unabhängig davon ob es so wortwörtlich im Gesetz steht oder nicht. Dr. Dieter Frey, Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht und Gutachter zum Haftungsrecht für Internet-Provider, hat hierzu einen lesenswerten Artikel geschrieben. Er gehörte selbst zu den größten Kritikern des ersten Gesetzentwurfes, hält das jetzige Gesetz jedoch für eine angemessene Lösung, um durch mehr Rechtssicherheit das offene WLAN in Deutschland zu fördern. Hierin beschreibt er die aktuelle Kritik am Gesetz, die eventuell aus Sicht von Interessensverbänden begründet, jedoch rechtlich nicht haltbar sei. Den Gastbeitrag finden Sie unter: http://blogs.spdfraktion.de/netzpolitik/2016/06/01/wlan-2/
Mit freundlichen Grüßen
Martin Rosemann