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Martin Rosemann
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Frage von Nicola Marcus K. •

Frage an Martin Rosemann von Nicola Marcus K.

Sehr geehrter Herr Doktor Rosemann,

mit Befremden habe ich Ihr "Nein" in der Abstimmung zur "Ablehnung von Schiedsgerichten bei TTIP und CETA" zur Kenntnis genommen.

Da Schiedsgerichte in einem funktionierenden Rechtsstaat eigentlich nicht benötigt werden und die BRD, wie auch die EU, rechtsstaatliche Instrumente haben, um auch ausländische Investoren zu schützen, erschließt sich mir Ihr Abstimmungsverhalten nicht.

Durch Schiedsgerichte ergeben sich viele Nachteile, die auch öffentlich in der Kritik stehen. Ich möchte hier nur kurz einige nennen: "Einschränkung nationaler Souveränität", "Diskriminierung von Inländern", "fehlende Transparenz", "fehlender Instanzenzug", "fehlende strukturelle Unabhängigkeit der Schiedsrichter".

Als aktuelles Negativbeispiel möchte ich hier kurz die Klage des kanadischen Bergbau-Unternehmens Gabriel Resources gegen Rumänien anführen, indem es um Schadensersatzansprüche von bis zu 4 Milliarden Euro geht. Es kann doch nicht angehen, dass nationale Gesetze mit Schiedsgerichten umgangen werden, vor allem dann nicht, wenn es sich um den Schutz der Umwelt, oder menschlichen Lebens geht.

Bitte erläutern Sie mir schlüssig, warum Sie mit Nein gestimmt haben.

Weiterhin würde ich gerne wissen, warum Ihrer Meinung nach deutsche und europäische Rechtsstrukturen nicht ausreichend sein sollen, um Investoren zu schützen?

mit freundlichen Grüßen

N. Knapp

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Sehr geehrter Herr Knapp,

vielen Dank für Ihre Anfrage zum Thema Schiedsstellen bei TTIP und CETA. Ich teile ausdrücklich ihre Meinung, dass Schiedsgerichte für Investitionsschutzklagen zwischen entwickelten Rechtssystemen nicht notwendig sind. Rechte ausländischer Investoren sind sowohl durch das Grundgesetz in Deutschland als auch durch europäisches Recht hinreichend gewährleistet.
In den letzten 50 Jahren hat sich dieses System der Investor-Staat-Streitbeilegung in bilateralen Handelsverträgen etabliert. Das ursprüngliche Ziel war Investoren in Staaten mit unsicheren Rechtssystemen vor Willkür und Enteignung zu schützen. In den vergangenen 20 Jahren sind die Klagen von Konzernen gegen Staaten deutlich angestiegen. Das hat nicht nur, wie immer dargestellt wird, mit klagewütigen Anwaltskanzleien zu tun sondern hängt schlicht mit einem deutlichen Anstieg der Direktinvestitionen in Entwicklungs- und Schwellenländern zusammen. Das Problem besteht darin, dass die Definitionen für bestimmte Klagemöglichkeiten wie z.B. die „faire und gerechte Behandlung“ nicht präzise genug sind und dadurch den Gerichten einen zu weiten Entscheidungsspielraum geben. Das hat in der Vergangenheit zu sehr unterschiedlichen Urteilen bei ähnlicher Sachlage geführt. Zudem kam es immer wieder vor, dass Staaten vor Schiedsgerichten verklagt wurden, obwohl ihre Maßnahmen dem Gesundheitsschutz der Bevölkerung dienten und somit eigentlich vor Klagen geschützt sein müssten. Das kann und darf nicht sein! Das staatliche Regulierungsrecht gerade zum Schutz der Bevölkerung ist nicht verhandelbar. Um dies zu gewährleisten hat deshalb der Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel der EU-Kommission letztes Jahr einen Vorschlag für einen Handelsgerichtshof übergeben. Die hat dieses Konzept aufgegriffen und mit ihrem Vorschlag für einen Investitionsgerichtshof in CETA ein neues Kapitel bei Investor-Staat-Streitigkeiten aufgeschlagen. Kern des Gerichtshofes sind öffentlich bestellte Richter, eine Berufungsinstanz, eine klare Definition von Rechtsbegriffen und größtmögliche Transparenz. In CETA ist die Schaffung eines solchen Gerichtshofes vereinbart. Zur Überraschung vieler hat Kanada dem neuen Modell zugestimmt. Hinter dieses Modell wird die EU-Kommission in ihren Handelsabkommen (hoffentlich) nicht mehr zurückgehen. Und wenn wird es dafür keine Zustimmung im Europäischen Parlament geben. Das Parlament hat nämlich auf Initiative von Bernd Lange, SPD-Europaabgeordneter und Vorsitzender des Handelsausschusses des EP, eine Resolution erlassen, in der klar und deutlich steht, dass es seine Zustimmung zu TTIP nur gibt wenn keine privaten Schiedsgerichte jeglicher Form in TTIP enthalten sind. Ich werde auf jeden Fall keinem TTIP-Abkommen zustimmen, indem noch Klagen von Investoren nach dem alten ISDS-Modell möglich sind. Selbst in den USA hat das Unterkomitee für Investitionen des US-Außenministeriums in einem Bericht darauf hingewiesen, dass entsprechender politischer Handlungsspielraum mit Blick auf den Investitionsschutz sicherzustellen sei und eine Reihe von Mitgliedern sprach sich explizit dafür aus, ISDS in künftigen bilateralen Investitionsschutzverträgen auszuschließen. Ich bin dafür das Thema sachlich zu diskutieren und nach Lösungen zu suchen, die allen Seiten gerecht wird. Nicht Deutschland verhandelt mit den USA sondern die EU-Kommission, da die Handelspolitik mit dem Vertrag von Lissabon 2009 auf die EU übergegangen ist. Und die spricht für alle 28 EU-Staaten. Mit einer neuen Vereinbarung zum Investitionsschutz in CETA und TTIP, würden bilaterale Investitionsschutzabkommen zwischen den USA bzw. Kanada und einzelnen Mitgliedsstaaten der EU, nach dem alten ISDS-Modell durch ein neues für die betroffenen Staaten deutlich besseres System ersetzt. Gerade der von Ihnen beschriebene Fall, bei dem das kanadisch-britische Bergbauunternehmen Gabriel Ressources Rumänien auf Schadensersatz verklagt, weil es entgegen einer 15 Jahre alten Vereinbarung bisher keine Abbaurechte für eine Goldmine bekommen hat, ist ein Argument für CETA! Der Bergbaukonzern beruft sich bei seiner Klage auf ein Investitionsschutzabkommen zwischen Kanada und Rumänien und den darin enthaltenen Grundsatz der „fairen und gerechten“ Behandlung, der in alten Investitionsschutzverträgen nur sehr vage definiert ist. Tritt CETA mit den neuen Vereinbarungen in Kraft werden damit alle alten (schlechten) bilateralen Abkommen der 28 EU Staaten mit Kanada bzw. den USA abgelöst.

Unter anderem aus diesem Grund bin ich auch grundsätzlich für ein Handelsabkommen zwischen der EU und Kanada bzw. den USA. Aber es muss eben ein aus europäischer Sicht gutes Abkommen sein, von dem die Wirtschaft profitiert aber Standards nicht gesenkt werden und die staatliche Regulierungsfreiheit nicht eingeschränkt wird. Ob dies der Fall ist, kann man aber erst sagen wenn die Abkommen verhandelt sind und auf Deutsch vorliegen. Dann entscheide ich ob ich einem solchen Abkommen zustimme oder nicht. Im Moment gibt es für den Deutschen Bundestag nichts zu entscheiden und auch nichts abzustimmen. Deshalb habe ich dem Antrag der Grünen nicht zugestimmt.

Mit freundlichen Grüßen
Dr. Martin Rosemann

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