Frage an Martin Lindner von Manfred B. bezüglich Wirtschaft
Sehr geehrter Herr Lindner,
in der Talkrunde von Anne Will von 7.11.sagten Sie soeben am Beispiel Stuttgart 21, dass,
"wenn nach einem demokratischen Entscheidungsprozeß eine Entscheidung steht, dann muss sie auch akzeptiert werden, sonst ist man kein Demokrat".
Ich erinnere Sie daran, dass der Ausstieg aus der Atomkraft durch einen demokratischen Prozess beschlossen war.
Ohne Not haben Sie mit Ihren schwarz-gelben Kollegen und den Oligopolisten der vier Energieriesen den Ausstieg aus dem Ausstieg beschlossen um deren Gewinne zu sichern.
Frage: Wie steht es um Ihr Demokratieverständnis am Beispiel "Ausstieg aus dem Atomausstieg"?
Mit freundlichem Gruß
Manfred Burger
Sehr geehrter Herr Burger,
vielen Dank für Ihre Anfrage zum Thema „Ausstieg aus dem Atomausstieg“.
Der Beschluss des Deutschen Bundestages über das Energiekonzept und die Laufzeitverlängerung für Kernkraftwerke ist im politischen Prozess in legitimer Weise des demokratischen Verfahrensweges verabschiedet worden. Und dies obgleich bei den Ausschusssitzungen die Opposition unzählige Geschäftsordnungsanträge gestellt hat, um eine zeitgerechte Abstimmung zu verhindern. Das ist Missbrauch von Minderheitenrechten. Die Koalition hat den Zeitplan im Ältestenrat des Bundestages vorgestellt. Es gab Bedenken der Opposition wegen des Zeitplan für die Anhörungen, die berücksichtigt wurden. Insofern geht der Vorwurf, die Koalition hätte eine ordentliche Beratung nicht ermöglicht, ins Leere.
Der schnellere Atomausstieg wäre weder ökologisch noch ökonomisch verantwortbar, sondern käme schlicht einer Politik von Chefideologen gleich. Schon heute zahlen deutsche Stromverbraucher im europäischen Vergleich höchste Preise. Sie sind allein mit Steuern, Abgaben und Überwälzungskosten auf Strompreisen im Umfang von über 40 Prozent belastet. Die CO2-freie Nutzung der Kernenergie noch früher als 2023 zu beenden würde nicht nur die Energiepreise weiter in die Höhe treiben, sondern auch die hohe Abhängigkeit Deutschlands von Öl- und Gasimporten beschleunigen und damit die Umweltverträglichkeit eklatant verschlechtern. Unser Ziel einer liberalen Energiepolitik garantiert die effiziente Versorgung Deutschlands mit bezahlbarer und vor allem sicherer Energie. Als elementarer Lebensquell unserer Volkswirtschaft müssen Wettbewerbsfähigkeit, Nachhaltigkeit und Versorgungssicherheit im sogenannten energiepolitischen Dreieck angemessen und nach marktwirtschaftlichen Maßstäben erreicht werden.
Dabei darf die Versorgungssicherheit nicht mit wettbewerbsfeindlichen Monopolstrukturen, die Preisgünstigkeit nicht mit einem unverhältnismäßig hohen Rohstoffverbrauch und die ökologische Nachhaltigkeit nicht mit der Preisgabe einer sicheren und kostengünstigen Energieversorgung erkauft werden. Die FDP setzt beim Klimaschutz auf den Emissionshandel. Letztlich soll dieser zu einem globalen Kohlenstoffmarkt ausgebaut werden. Der Handel mit Verschmutzungsrechten gewährleistet einen wirksamen Klimaschutz zu niedrigen Kosten. Er soll nach und nach die zahlreichen Regulierungen, Subventionsmechanismen und Umweltsteuern ersetzen. Die Mehrheit der bekannten Öl- und Gasreserven lagert in politisch unsicheren Regionen. Gleichzeitig erfolgt die Erschließung neuer Ressourcen zu einem immer höheren Preis. Somit sind die Energieträger Öl und Gas ständig auch im außenpolitischen Kontext zu beleuchten. Der von vielen geforderte Atomausstieg würde diese Abhängigkeit noch erhöhen. Für die FDP gilt: Ein breiter technologieoffener Energiemix, sowie eine konsistente Energiepolitik, muss auch eine höhere nationale Unabhängigkeit vom Import energetischer Rohstoffe zum Ziel haben.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Martin Lindner