Frage an Martin Lindner von Martin H. bezüglich Bildung und Erziehung
Sehr geehrter Herr Dr. Lindner,
wie stehen sie persönlich zur Neutralität stattlicher Schulen, die Ausübung und/oder öffentlichen Darstellung einer beliebigen Religion betreffend?
Ist die Anbringung von Kruzifixen in Klassenzimmern oder das Tragen eines Kopftuches, als Ausdruck einer entsprechenden Religiosität, mit der staatlichen Neutralität vereinbar?
Ist die klare Trennung von Kirche und Staat in unserem Land gefährdet?
Im Voraus Vielen Dank, für die Beantwortung dieser Fragen.
Hochachtungsvoll
Sehr geehrter Herr Halweg,
vielen Dank für Ihre Frage betreffend religiöser Symbole in Schulen.
Meiner Meinung nach muss es von Anfang an ein Bestandteil der Bildungspolitik sein, jungen Menschen die Bedeutung und den Wert der freiheitlich-demokratischen Grundordnung beizubringen. Wer eine wehrhafte Demokratie will, braucht junge Menschen, die auf dem Fundament unseres Grundgesetzes stehen. Wenn Schulen oder Klassen in eigener Verantwortung sich dazu entscheiden, im Klassenraum ein Kruzifix aufzuhängen, dann ist dies Ausdruck ihrer Überzeugung und sollte nicht von oben verordnet werden.
Die Gleichheit im Umgang mit den Religionen muss auch beim Tragen von Kopftüchern in der Schule gewahrt bleiben, denn das Kopftuch wird in der Gesellschaft, ob von den Trägerinnen beabsichtig oder nicht, als religiöses Symbol wahrgenommen. Lehrerinnen sind zu aller erst ihren Schülerinnen und Schülern und deren Ausbildung verpflichtet. Die eigene Selbstverwirklichung hat hinter dem Erziehungsauftrag zurückzutreten. Wem die religiöse Weltanschauung so wichtig ist, dass er auf das Tragen von religiösen Symbolen im Unterricht nicht verzichten kann, sollte dann auch auf religionsgebundene Schulen ausweichen.
Die Trennung von Kirche und Staat ist in unserem Land nicht gefährdet, solange die Schulen in aller erster Linie Bildungsanstalten und nicht Orte religiöser Selbstverwirklichung der Lehrerinnen und Lehrer sind.
Mit besten Grüßen
Dr. Martin Lindner