Frage an Martin Gerster von Margret S. bezüglich Soziale Sicherung
Sehr geehrter Herr Gerster,
warum dauert es so lange bis der Entscheid über die Km-Pauschale fällt?
Sehr geehrte Frau Schmid,
herzlichen Dank für Ihre Frage zur anhaltenden Diskussion um die Entfernungspauschale. Um sie zu beantworten, ist es hilfreich, einen Blick zurück zu werfen und den Entstehungsprozess der Debatte nachzuzeichnen: Im Bundestagswahlkampf 2005 waren CDU und CSU mit der Forderung nach einer Kürzung der Entfernungspauschale in den Bundestagswahlkampf gezogen. Auch im Zuge der anschließenden Koalitionsverhandlungen bestanden sowohl die CDU als auch die CSU auf diesen Kürzungsplänen. Die SPD hat dieser Forderung schließlich zugestimmt, um im Rahmen der Koalition zu einem umfassenden Gesamtkonzept zur Haushaltskonsolidierung zu gelangen.
Wie die Kürzung konkret umgesetzt werden sollte, wurde bei den Beratungen des Steueränderungsgesetzes 2007 intensiv diskutiert. Die Finanzpolitiker der SPD-Bundestagsfraktion forderten damals die Fortgeltung der Entfernungspauschale ab dem ersten Entfernungskilometer. Als Abgeordneter eines ländlichen Flächenwahlkreises bin ich der Ansicht, dass diese Lösung der Mehrheit unserer Pendler am weitesten entgegengekommen wäre. Es war jedoch unmöglich, den Koalitionspartner hier zum Einlenken zu bewegen. Deshalb sieht die beschlossene Regelung nunmehr vor, dass Fernpendler im Wege einer Härtefallregelung einen Pauschbetrag von 30 Cent ab dem 21. Entfernungskilometer geltend machen können – ähnlich wie bei Werbungskosten oder Betriebsausgaben.
Gegen diese Regelungen wurden verschiedene Klagen vor den Finanzgerichten eingereicht und beschäftigen mittlerweile sogar das Bundesverfassungsgericht, dessen Entscheidung nicht vor Ende 2008 erwartet wird. Die Bundesregierung hat deshalb mit den Koalitionsfraktionen vereinbart, dass an der beschlossenen Regelung bis zu der für dieses Jahr angekündigten Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs festzuhalten. Ich betone, dass dieses Abwarten nicht zu Lasten der Pendler geht. Denn auf Grund der Vorläufigkeit der Steuerbescheide bezüglich der Entfernungspauschale können die Steuerpflichtigen ihre Ansprüche gegebenenfalls auch nachträglich geltend machen. Mit seiner Entscheidung wird das Bundesverfassungsgericht die künftig an die zur steuerlichen Berücksichtigung von Fahrtkosten anzulegenden Maßstäben höchstrichterlich klären.
Daraus werden wir unsere Schlüsse ziehen und sie bei einer etwaigen Anpassung der Entfernungspauschale berücksichtigen. Die SPD ist dabei weiterhin für alle Optionen einschließlich der Gewährung einer Pendlerpauschale ab dem 1.Entfernungskilometer offen. Jede Neuregelung muss aber auch unter Finanzierungsgesichtspunkten tragfähig sein. Eine Rückkehr zur alten Entfernungspauschale ohne schlüssige Gegenfinanzierung zu fordern, halte ich für unseriös. Dabei denke ich vor allem an die CSU, die heute gerne so tut, als sei sie an den in der Koalition gefassten Beschlüssen unbeteiligt gewesen.
Insofern kann ich Ihnen versichern, dass ich mich weiterhin für eine angemessene und sozial ausgewogene Entfernungspauschale einsetzen werde. Bei einer möglichen Neuregelung werden wir auch die veränderten Rahmenbedingungen berücksichtigen und den Belangen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer Rechnung tragen, die gegenwärtig für die tägliche Fahrt zur Arbeit und zurück immer höhere Kosten in Kauf nehmen müssen.
Mit freundlichen Grüßen
Martin Gerster