Haben Sie Pläne den Einsatz von selbstständigen Wissensarbeitern und Spezialisten für Projekte wieder rechtssicher zu ermöglichen, ohne Risiko des Vorwurfs der "Scheinselbstständigkeit"?
Sehr geehrter Herr Gassner-Herz,
Die Regelungen zur sogenannten "Scheinselbstständigkeit" im SGB und die Urteilspraxis der Sozialgerichte führen dazu dass sehr viele Unternehmen und öffentliche Einrichtungen in Deutschland keine Aufträge mehr an Selbstständige Dienstleister vergeben. Das Statusfeststellungsverfahren der DRV schafft leider in den meisten Fällen keine Rechtssicherheit, stattdessen werden von beiden Vertragsparteien gewünschte Selbstständige Dienstverträge in ein Arbeitsverhältnis umgedeutet. Die Aufträge werden dann entweder abgebrochen oder gar nicht vergeben (oder ins Ausland). Unternehmen greifen inzwischen Häufiger auf die Arbeitnehmerüberlassung zurück, diese ist lukrativ für Personalverleiher aber kombiniert die Risiken der Selbstständigkeit mit der geringeren Entlohnung einer Anstellung für Leistungserbringer und erzeugt viel Aufwand bei den Entleihern. Für sehr viele Selbstständige erscheint Auswanderung die einzige Lösung.
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Sehr geehrter Herr M.
vielen Dank für Ihre Anfrage. Wir als FDP-Fraktion im Deutschen Bundestag teilen Ihre Sorgen und sind uns der Herausforderungen, die sich aus den aktuellen Regelungen zur sogenannten Scheinselbstständigkeit ergeben, voll bewusst.
Wir sind der Überzeugung, dass der Einsatz von selbstständigen Wissensarbeitern und Spezialisten ein wesentlicher Treiber für Innovation und Wettbewerbsfähigkeit ist. Deshalb setzen wir uns dafür ein, dass Unternehmen und freiberufliche Dienstleister in Deutschland wieder rechtssicher zusammenarbeiten können – ohne das Risiko, dass vertraglich vereinbarte Leistungen im Nachhinein als abhängiges Beschäftigungsverhältnis eingestuft werden.
Hierfür fordern wir konkret:
- Modernisierung der Rechtsgrundlagen:
Wir wollen, dass die Regelungen im Sozialgesetzbuch den Anforderungen des digitalen Zeitalters gerecht werden. Eine Reform muss die veränderten Arbeitsformen berücksichtigen und gleichzeitig den Schutz sozialversicherungspflichtiger Beschäftigter gewährleisten.
2. Klare, objektive Kriterien:
Es bedarf eindeutiger, objektiver Maßstäbe, um eine klare Trennung zwischen echter Selbstständigkeit und abhängiger Beschäftigung vorzunehmen. Nur so können beide Seiten – Unternehmen und Dienstleister – langfristige Rechtssicherheit gewinnen.
3. Überarbeitung des Statusfeststellungsverfahrens:
Die derzeitige Praxis führt häufig zu ungewollten Umdeutungen von selbstständigen Verträgen in Arbeitsverhältnisse, was zu erheblichen Unsicherheiten und Planungsproblemen führt. Eine Reform soll hier den administrativen Aufwand verringern und die Flexibilität auf dem Arbeitsmarkt fördern.
Wir möchten verhindern, dass die bestehende Rechtslage zu einer verstärkten Auslagerung von Aufträgen ins Ausland oder zu einer vermehrten Nutzung der Arbeitnehmerüberlassung führt. Beide Entwicklungen würden nicht nur den Mittelstand schwächen, sondern auch den Fachkräften in Deutschland schaden.
Gleichzeitig sind wir uns bewusst, dass der Schutz von sozialversicherten Arbeitnehmern wichtig ist. Deshalb streben wir eine ausgewogene Lösung an, die einerseits unternehmerische Freiheit und Innovation sichert und andererseits die berechtigten sozialen Schutzinteressen wahrt.
Ich danke Ihnen für Ihr Engagement und versichere Ihnen, dass wir uns mit Nachdruck für eine zeitgemäße und faire Arbeitsmarktpolitik einsetzen, die den Bedürfnissen aller Beteiligten gerecht wird.
Mit freundlichen Grüßen
Martin Gassner-Herz