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Frage von Dieter M. •

Frage an Martin Dörmann von Dieter M.

Welche Beweggründe sprachen für die Zustimmung zu den Schiedsgerichten?
Fraktions- oder Regierungsdisziplin oder Kurswechsel des Vorsitzenden?

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Müller,

vielen Dank für Ihre Frage zu Schiedsgerichten in den Handelsabkommen CETA und TTIP zwischen der Europäischen Union mit Kanada bzw. den USA.

Sie beziehen sich auf einen Antrag der Linken im Bundestag. Allerdings können Sie aus der Ablehnung des Antrages keine Rückschlüsse auf die Position der Koalition ziehen. Die Ablehnung von Anträgen der Koalition durch die Opposition ist ebenso der Regelfall, wie die Ablehnung von Anträgen der Opposition durch die Regierungskoalition. Das liegt schon an dem Grundsatz, dass jede Seite sich meist eigenständig entscheidet, wann und mit welchem konkreten Inhalt ein Antrag im Bundestag eingebracht wird und sich das nicht von der jeweiligen Gegenseite diktieren lassen will.

Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) hat sich in der Debatte um die transatlantischen Freihandelsabkommen CETA und TTIP im Deutschen Bundestag am 24. September 2014 deutlich gegen geheime Schiedsgerichte für Investoren ausgesprochen: Ich zitiere ihn aus dem Sitzungsprotokoll:

„Es ist völlig klar, dass wir diese Investitions-Schiedsabkommen ablehnen." „Sie fordern uns mit Ihrem Antrag dazu auf, etwas zurückzuweisen – das haben wir schon getan." „Dieser Antrag ist erledigt – durch Handeln der Bundesregierung.“ „Es ist völlig klar, dass wir diese Investitions-Schiedsabkommen ablehnen“. „Wir haben also klar Stellung bezogen.“

Das gelte für TTIP genauso wie für CETA, so Gabriel. Bei CETA gebe es allerdings das Problem, dass der Investitionsschutz bereits von vorneherein im Verhandlungsmandat verankert gewesen sei. „Trotzdem bemühen wir uns, auch da zu Veränderungen zu kommen. Das ist schwieriger als bei TTIP. Aber ich bin sicher, dass die Debatte längst nicht zu Ende ist.“

Der Deutsche Gewerkschaftsbund und das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) haben auf einen gemeinsamen Kriterienkatalog für TTIP geeinigt. Dieser ist auf einem Parteikonvent der SPD auch auf das CETA-Abkommen erstreckt worden. Sie finden ihn unter
http://www.spd.de/linkableblob/123688/data/20140919_ttip_anforderungen_bmwi_dgb.pdf

Für den DGB ebenso wie für das BMWi bietet das Abkommen die Chance, die Handelsbeziehungen fairer und nachhaltiger zu gestalten. Wörtlich heißt es: „Es geht darum, zusätzlichen Wohlstand tatsächlich breiten Bevölkerungsschichten zukommen zu lassen, wirtschaftliche, soziale und ökologische Standards zu verbessern sowie faire Wettbewerbs- und gute Arbeitsbedingungen zu schaffen."

• Beiden Seiten ist es aber sehr wichtig, dass Geheimhaltungsvorschriften nicht eine öffentliche Debatte verhindern. Die Zivilgesellschaft müsse berücksichtigt werden.
• Wenn künftig Zölle eingespart werden, muss der Einnahmeverlust der EU ausgeglichen werden.
• Das Abkommen kann optimale Rahmenbedingungen für Innovationen schaffen, gegenseitige Anerkennung von Zulassungsverfahren dürfen aber kein Absinken des Schutzniveaus zur Folge haben. Darüber muss weiterhin das Parlament entscheiden.
• Für die Gewerkschaften ist es ein Kernanliegen, die ILO Kernarbeitsnormen und die OECD-Leitsätze für multinationale Unternehmen weiterhin einzuhalten. Das soll auch international überwacht werden.
• Grundsätzlich, heißt es in dem Papier, muss „die Einhaltung von Arbeits- und Sozialstandards in Konfliktfällen genauso wirkungsvoll sichergestellt sein, wie die Einhaltung anderer Regeln des Abkommens".
• In keinem Fall dürften Rechte der Mitbestimmung, der Betriebsverfassung und der Tarifautonomie oder andere Schutzrechte der Arbeitnehmer als „nicht- tarifäre Handelshemmnisse" interpretiert werden. Nationale Regulierungen bzgl. des Arbeitsmarktes, Streikrechts, Tarifverträgen müssen von einem Abkommen unberührt bleiben.
• Es ist prinzipiell wichtig, dass das demokratische Recht, Regelungen zum Schutz von Gemeinwohlzielen zu schaffen, nicht ausgehebelt werden kann, schon gar nicht durch einen Regulierungsrat oder durch weitgehende Investitionsschutzvorschriften. Solche Schutzvorschriften sind ohnehin nicht erforderlich. Deshalb sind auch Investor-Staat-Schiedsverfahren abzulehnen.
• Die hohe Qualität der öffentlichen Daseinsvorsorge in der EU muss gewahrt bleiben.
• Audiovisuelle Dienstleistungen sind dauerhaft vom Anwendungsbereich des Abkommens auszunehmen.
• Eine Regulierung der Finanzmärkte ist weiterhin vonnöten. Auch darauf soll das Abkommen eingehen.
• Bei der öffentlichen Vergabe und Beschaffung dürfen soziale und ökologische Vergabekriterien nicht infrage gestellt werden.
• Schließlich heißt es in dem Papier: „Ein Abkommen sollte eine Klausel enthalten, die eine Korrektur von unerwünschten Fehlentwicklungen ermöglicht."
• Auch Zeitdruck soll keine Rolle spielen. Die Verhandlungen sollen transparent und unter Einbezug der nationalen Parlamente stattfinden.

Auch die SPD-Bundestagsfraktion werde „Anforderungen an ein Handelsabkommen aufstellen, um gestaltend in die Verhandlungen einzugreifen".

Grundsätzlich gilt: Das Abkommen steht unter dem Zustimmungsvorbehalt des EU-Parlaments, des Rates und auch unter dem Zustimmungsvorbehalt der 28 nationalen Ratifizierungsprozesse. Im Papier heißt es: „Das zeigt: Ein TTIP, das die Interessen der europäischen Bürgerinnen und Bürger nicht berücksichtigt, darf und wird es nicht geben."

Ich möchte Ihnen abschließend versichern, dass es mit der SPD nur ein Abkommen geben wird, die den Interessen der Menschen und der Wirtschaft unseres Landes nützen. Letztendlich wird der Deutsche Bundestag über die Abkommen zu entscheiden haben.

Mit freundlichen Grüßen
Martin Dörmann, MdB