Frage an Martin Dörmann von Sascha W. bezüglich Gesundheit
Sehr geehrter Herr Dörmann,
wie stehen Sie zu der Einführung einer "Ampel"-Kennzeichnung von Lebensmitteln?
Es scheint ja starke Bemühungen zu geben, ein solches System nicht einzuführen, bzw. zu stoppen.
Dazu möchte ich Folgendes berichten:
Seit Jahren gehöre ich zu den Verbrauchern, die sich relativ genau ansehen, was ihre Nahrung enthält, d.h. ganz simpel: Ich lese die Nährwertangaben auf der Verpackung. Es hat einige Zeit gedauert, sich mit Inhaltsstoffen vertraut zu machen und so auch (halbwegs) bewerten zu können, was ein Produkt enthält und ob dieses auch als gesund einzustufen ist.
Seit kurzer Zeit gibt es nun eine irreführende Etikettierung auf Lebensmitteln, die ausgehend von "Portionen" (z.B. 25 Gramm statt 100) den Eindruck erweckt, bestimmte Produkte wären fettarm, zuckerarm, oder sonstwie empfehlenswert. Selbst mich als "alten Hasen" verwirren diese Angaben (auf der Rückseite stehen die gewohnten 100-Gramm-Angaben, die Vergleichbarkeit ermöglichen). Wie sollen kleine Kinder, Leute mit eher niedrigem Bildungsgsstand oder Migranten mit schlechten Deutschkenntnissen hier durchblicken?
Gerade diese Gruppen führe ich an, weil ich beruflich -als Sozialpädagoge- mit ihnen zu tun habe. Meiner Meinung nach würde eine Ampelkennzeichnung vielen Bürgern den Zugang zu einer gesunden Ernährungsweise sehr erleichtern. So wie es sich im Moment entwickelt, sieht es aber so aus, als würde die Industrie lieber verkaufen als aufklären.
Wie steht nun die Politik zu dieser Frage?
Mit freundlichen Grüßen,
S.Wolfshol
Sehr geehrter Herr Wolfshol,
vielen Dank für Ihre Anfrage zur Ampelkennzeichnung von Lebensmitteln.
Ich kann Sie in Ihrem Anliegen nur unterstützen. Die Arbeitsgruppe Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz der SPD-Bundestagsfraktion hat am 19. Februar 2008 eine Position zur Nährwertkennzeichnung beschlossen, die eine verpflichtende und ergänzte Ampelkennzeichnung nach britischem Vorbild fordert.
Angesichts der Informationsflut ist nur eine Kennzeichnung im Einkaufsalltag hilfreich, die gut erkennbar, unmittelbar und leicht verständlich auf der Vorderseite der Verpackung ist. Eine solche Kennzeichnung unterstützt die Konsumenten bei einer ausgewogenen Ernährung. In wenigen Minuten Einkauf kann und will niemand die Lupe zücken, suchen, umrechnen und dann erst entscheiden. Angaben müssen unmittelbar vergleichbar sein. Nur wenn alle Produkte gekennzeichnet sind - also verpflichtend und auf dieselbe Weise mit denselben Bezugsgrößen - ist auf einen Blick zu erkennen, welche Pizza die fettärmere, welches Müsli das weniger gezuckerte und welche Chips die salzärmeren sind.
Die Verbraucherinnen und Verbraucher haben ein Recht auf eine einfache, verständliche und auf einen Blick erfassbare Nährwertkennzeichnung. Dies gewährleistet die Ampel. Auf wissenschaftlicher Grundlage von unabhängiger Seite soll festgelegt werden, welche Lebensmittel einen hohen (rot), einen mittleren (gelb) oder einen geringen Gehalt (grün) an Fett, gesättigten Fettsäuren, Zucker und Salz haben. Sinnvoll ist außerdem die Angabe von Kalorien und Ballaststoffen.
Die von der Lebensmittelindustrie entwickelte freiwillige Nährwertkennzeichnung schafft nicht die nötige Transparenz, denn diese Kennzeichnung ist unübersichtlich und häufig irreführend durch unterschiedliche Bezugsgrößen. Durch eine freiwillige Kennzeichnung ist die unmittelbare Vergleichbarkeit nicht gewährleistet. Die Empfehlungen der Industrie-Kennzeichnung basieren auf keiner wissenschaftlichen
Grundlage und werden von der Deutschen Gesellschaft für Ernaehrung (DGE) kritisiert. Die von der Industrie und von Bundesminister Horst Seehofer (CSU) vorgeschlagene (freiwillige) Kennzeichnung, die von einigen Firmen auch schon praktiziert wird, ist irreführend und hat nur den Zweck: Bessere Lösungen wie die Ampel zu verhindern. Meine Fachkollegen in der SPD-Bundestagsfraktion haben sich bereits mehrmals und eindeutig für die „Ampel“ ausgesprochen.
Unterstützung finden meine Fraktionskollegen und ich durch die Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv), Foodwatch und den AOK-Bundesverband die ebenfalls für die Ampel sind. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) hält die Ampel für die derzeit beste Nährwertkennzeichnung.
Eine Nährwertkennzeichnung für sich genommen kann Übergewicht nicht bannen. Sie muss eingebunden sein in ein Gesamtkonzept für ausgewogene Ernaehrung und Bewegung. Die Einführung der Ampelkennzeichnung steht im Rahmen eines solchen Gesamtkonzepts. Wie Sie sehen, sind Sie mit Ihren Forderungen nach einer Ampelkennzeichnung bei Lebensmitteln nicht allein.
Mit freundlichen Grüßen
Martin Dörmann, MdB