Portrait von Martin Dörmann
Martin Dörmann
SPD
Zum Profil
Frage stellen
Die Frage-Funktion ist deaktiviert, weil Martin Dörmann zur Zeit keine aktive Kandidatur hat.
Frage von Theresa L. •

Frage an Martin Dörmann von Theresa L. bezüglich Familie

So lieber Herr Dörmann,

erst werden die Alleinerziehende den erweiterten Unterhaltsvorschuss verwehrt, nun steht´s beim BFF schwarz auf weiß: die diskriminierende Besteuerung von Alleinerziehenden ist und bleibt rechtens. Es zeigt noch ein Mal daß es für uns keine Gerechtigkeit gibt! Unsere Kinder sind in diesem reichen Land nichts wert!

https://juris.bundesfinanzhof.de/cgi-bin/rechtsprechung/druckvorschau.py?Gericht=bfh&Art=en&nr=34074

Mir entgehen Jahr für Jahr tausende Euro, die meine Kinder zugute kämen, nur weil ich keinen Trauschein habe und in dem Genuß von Steuerklasse III käme. Auch trotz Entlastungsbetrag unterlege ich monatlich meinem verheirateten Kollegen, dessen Kinder nicht mehr zuhause wohnen, netto 200€. Und Unterhalt? fehlt mir auch noch und UVG ist leider leider immer noch nicht drin. Und ihr Politiker wundert euch, daß bei uns die Armut so hoch ist?

Wie wollen Sie unsere Armut eigentlich bekämpfen? Erzählen Sie bitte konkret, wie Sie die Diskriminierung gegen uns und unsere Kinder beheben wollen. Was haben Sie hierfür genau geliestet?

Portrait von Martin Dörmann
Antwort von
SPD

Sehr geehrte Frau Lindhurst,

vielen Dank für Ihre Fragen, zu denen ich gerne insbesondere bezüglich der Punkte Unterhalt und Steuern Stellung nehme.

1. Unterhalt

Am 23. Januar haben sich Bund und Länder auf die Ausweitung des Unterhaltsvorschusses geeinigt. Dies ist eine wichtige Entscheidung für alle Alleinerziehenden und ihre Kinder: Diese Einigung geht jetzt ins Parlament. Die Ausweitung des Unterhaltsvorschusses auf 18 Jahre soll dann zum 1. Juli 2017 in Kraft treten. Auch die 6-jährige Begrenzung wird dann entfallen. Die maximale Bezugsdauer von 72 Monaten soll entfallen. Das ist ein wichtiger Beitrag zur Bekämpfung der Kinderarmut.
Konkret sieht die Einigung folgende Eckpunkte vor:

* Um die staatliche Unterstützung von Kindern von Alleinerziehenden zielgenau und entlang der Lebenswirklichkeiten zu verbessern, wird die derzeitige Höchstbezugsdauer von 72 Monaten aufgehoben und die Höchstaltersgrenze von derzeit 12 Jahren bis zum vollendeten 18. Lebensjahr im Unterhaltsvorschussgesetz (UVG) heraufgesetzt.
* Für alle Kinder bis 12 Jahre wird die derzeitige Höchstbezugsdauer von 72 Monaten aufgehoben. Hierdurch werden 46.000 Kinder zwischen 6 und 12 Jahren im UVG-Bezug bleiben können. Das gilt auch für alle Kinder, die zukünftig Unterhaltsvorschuss erhalten werden.
* Für Kinder im Alter von 12 Jahren bis zum vollendeten 18. Lebensjahr gibt es in Zukunft ebenfalls einen Anspruch auf Unterhaltsvorschuss. Dieser wird wirksam, wenn das Kind nicht auf SGB II-Leistungen angewiesen ist oder wenn der alleinerziehende Elternteil im SGB II-Bezug ein eigenes Einkommen von mindestens 600 Euro brutto erzielt. Hierdurch werden 75.000 Kinder erreicht. Auch für sie gibt es keine Höchstbezugsdauer mehr. Mit dieser praktischen Umsetzung wird der Forderung der Kommunen nach Bürokratieabbau entsprochen.
* Die Höhe des Unterhaltsvorschusses für Kinder von 12 bis zum vollendeten 18. Lebensjahr soll 268 Euro monatlich betragen (0 bis 5 Jahre: 150 Euro; 6 bis 11 Jahre: 201 Euro).
* Die Reform tritt zum 1. Juli 2017 in Kraft. Damit wird der Forderung der Kommunen nach einer Übergangszeit Rechnung getragen.
* Die Reform kostet rund 350 Millionen Euro. Bund und Länder haben sich darauf verständigt, dass der Bund seine Beteiligung an den Kosten von 33,5 Prozent auf 40 Prozent erhöht. In gleichem Maße sollen künftig auch die Einnahmen aus dem Rückgriff verteilt werden.

Der Unterhaltsvorschuss ist eine besondere Hilfe für alleinerziehende Elternteile und ihre Kinder. Er hilft den Alleinerziehenden, wenn der andere Elternteil keinen Unterhalt zahlt. Der Unterhaltsvorschuss unterstützt sie bisher nur maximal 72 Monate lang und bis zum 12. Lebensjahr. Die Situation Alleinerziehender ist jedoch nicht nur in den Anfangsjahren oder bis zum 12. Lebensjahr des Kindes besonders schwer. Vielmehr sind Alleinerziehende, die für ihre minderjährigen Kinder sowohl die Betreuungs-, Erziehungs- und Versorgungsverantwortung tragen als auch wegen ausbleibenden Barunterhalts die Kosten für das Kind tragen müssen, dauerhaft besonders belastet. Um dieser Belastungssituation angemessen Rechnung zu tragen, soll der Unterhaltsvorschuss ausgebaut werden. Das erhöht auch die Chancen Alleinerziehender, durch Erwerbstätigkeit den eigenen Bedarf und den der Kinder zu decken. Der Unterhaltsvorschuss hat dabei auch armutsreduzierende Wirkung.

2. Steuern

Ein großer Erfolg für Million von Alleinerziehenden ist, dass der steuerliche Entlastungsbetrag für Alleinerziehenden auf Initiative der SPD-Bundestagsfraktion nach zehn Jahren endlich um 600 auf 1908 Euro erhöht wurde. Der steuerliche Entlastungsbetrag für Alleinerziehende soll in Zukunft direkt von der Steuerschuld abgezogen werden. Die bisherige Freibetragsgestaltung ist nicht gerecht.
Überhaupt wollen wir an das Steuerrecht grundsätzlicher ran: Dass Familien mit Trauschein steuerlich überdurchschnittlich profitieren, geht an der Realität vorbei, denn viele Eltern sind heute gar nicht mehr verheiratet. Wir wollen deshalb einen neuen Familientarif einführen, der Kinder unabhängig von der Lebensform der Eltern berücksichtigt. Dann spielt es bei der steuerlichen Förderung von Familien keine Rolle mehr, ob verheiratet, unverheiratet oder alleinerziehend.

3. Weitere Maßnahmen

Gute frühkindliche Bildungsangebote für Kinder und Familien sind wichtig. Die Eltern werden beim Spagat zwischen Familie und Beruf entlastet. Aber nicht nur das: Eine gute Kinderbetreuung ist auch ein hochwirksamer Schutz vor Armut. In den nächsten Wochen werden wir den Kabinettentwurf zum weiteren Ausbau der Kindertagesbetreuung durch das parlamentarische Verfahren bringen.

Wir machen keine Politik an der Realität vorbei. Deshalb stehen wir auch hinter der Idee von SPD-Familienministerin Manuela Schwesig, eine Familienarbeitszeit einzuführen. Sie trifft den Nerv der Familien heutzutage, denn Mütter wollen mehr Stunden ihrem Beruf nachgehen und Väter mehr Spielraum haben, sich um die Familie zu kümmern.
Auf der Klausur der SPD-Bundestagsfraktion Anfang Januar haben wir die Aufnahme von Kinderrechten ins Grundgesetz beschlossen. Damit wollen wir die Rechte und die Interessen von Kindern und Familien gegenüber dem Staat stärken. Auch den Eltern stärken wir damit den Rücken, weil sie letztlich die Rechte ihrer Kinder im Alltag vertreten und durchsetzen müssen.

Ohne gesellschaftspolitische Bremse an unserer Seite, das heißt, ohne ein Bündnis mit der Union, werden wir Vieles grundlegend auf neue Füße stellen, zum Beispiel die Familienleistungen. Sie müssen für die heutigen Familien - vielfältig, wie sie sind - passgenauer gemacht werden. Zentral wird dabei sein, Kinderarmut zu bekämpfen.
Mit einem Bundeskitaqualitätsgesetz, einem Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung und dem schrittweisen Abschaffen der Kita-Gebühren werden wir die frühkindliche Bildung neu ausrichten. Wir als SPD wollen außerdem Kindergeld und Kinderzuschlag zu einem gerechten Kindergeld zusammenführen, von dem besonders die Familien profitieren, die das Geld am dringendsten benötigen – Familien mit geringen Einkommen und mehreren Kindern.

Mit freundlichen Grüßen

Martin Dörmann, MdB