Portrait von Martin Dörmann
Martin Dörmann
SPD
Zum Profil
Frage stellen
Die Frage-Funktion ist deaktiviert, weil Martin Dörmann zur Zeit keine aktive Kandidatur hat.
Frage von Thomas K. •

Frage an Martin Dörmann von Thomas K. bezüglich Arbeit und Beschäftigung

Hallo Herr Dörmann,

ich arbeite, wie viele meiner IT-Kollegen als selbstständiger Freelancer in ständig wechselnden IT Projekten. Solche Projekte haben - je nach Komplexität der Aufgabe - in der Regel Laufzeiten zwischen 3 Monaten und 4 Jahren. Während dieser Phasen werden die IT-Selbständigen sehr gut bezahlt, haben evtl. zeitweilig auch Angestellte und führen dementsprechend viel Steuern ab.

Nun gibt es einen Referentenentwurf des BMAS zu §611a BGB der am 16.02. dem Kabinett vorgestellt werden soll (ich spare mir Zitate, sie finden es in jeder Suchmaschine sofort)

Die typischen IT Projekte sind keine Werkverträge, sondern werden von Teams realisiert die auf Basis von Stundenkontingenten an dem Projekt arbeiten. Dies liegt begründet in der Tatsache dass sich die Anforderungen während der Entwicklung verändern können und anderenfalls permanent neue Werkverträge geschlossen werden müssten.

Sollte dieser Entwurf zum Gesetz werden droht als Folge, dass viele gut-verdienende, nicht schutzbedürftige Selbständige - so wie ich - ihre Selbständigkeit aufgeben müssen. Ein Teil wird zwangsweise befristete Arbeitsverträge annehmen müssen. Älteren Selbständigen droht vielleicht sogar die Arbeitslosigkeit.

Mich würde interessieren wie Sie zu dem Entwurf stehen und ob Sie einem solchen Gesetz zustimmen würden.

Viele Grüße,
Thomas Krause

Portrait von Martin Dörmann
Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Krause,

vielen Dank für Ihre Frage, die sich offenbar auf einen inzwischen teilweise überholten Referentenentwurf für ein Gesetz zur Änderung des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes und anderer Gesetze (AÜG) vom November 2015 bezieht. Der von Ihnen aufgeworfene Punkt von Kriterien für eine Definition des Arbeitsverhältnisses in § 611a BGB wurde inzwischen nach meiner Kenntnis in der Entwurfsfassung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales aufgrund weiterer Gespräche mit den Sozialpartnern modifiziert. Derzeit befinden wir uns allerdings erst in einem Zwischenstadium. Eine Ressortabstimmung und ein Kabinettbeschluss haben noch nicht stattgefunden. Erst nach Einbringung des Gesetzentwurfs ins Parlament werden wir uns hier ausführlicher mit den einzelnen Bestimmungen auseinandersetzen. Dabei werden auch die von Ihnen aufgeworfenen Fragen eine wichtige Rolle spielen. Ich gehe davon aus, dass am Ende ein Gesetz stehen wird, dass Missbrauch verhindert, gleichzeitig aber auch unterschiedlichen Arbeits- bzw. Auftragssituationen gerecht wird.

Lassen Sie mich lediglich ergänzend und unabhängig von Ihrem persönlichen beruflichen Hintergrundes noch einmal die Zielsetzung des geplanten Gesetzes erläutern: Arbeitnehmerüberlassungen und Werkverträge sind wichtige Instrumente in einer arbeitsteiligen Wirtschaft. Missbräuchliche Gestaltungen des Fremdpersonaleinsatzes sind nicht akzeptabel und abzulehnen. Im Koalitionsvertrag wurde festgelegt, Leiharbeit und Werkverträge zu regulieren, um den Missbrauch zu beenden und das Umgehen von Arbeitsstandards zu verhindern. Hierfür sollen die gesetzlichen Rahmenbedingungen geändert werden. Seit einigen Jahren benutzen Arbeitgeber verstärkt Leiharbeit und Werkverträge dazu, Belegschaften zu spalten und Lohndumping zu betreiben. Dadurch sind Beschäftigte zweiter und dritter Klasse entstanden. Sie verfügen über weniger Lohn, haben schlechtere Arbeitsbedingungen und weniger Rechte. Der Referentenentwurf sieht zur Missbrauchsbekämpfung die Einfügung eines neuen § 611a im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) zum Dienstvertrag vor. Eine gesetzliche Fixierung der Abgrenzung zwischen ordnungsgemäßen und missbräuchlichen Fremdpersonaleinsatz ist im BGB erforderlich, um das Arbeitsverhältnis zu definieren und damit den Arbeitsvertrag vom Werkvertrag abgrenzen zu können. Die sinnvolle Arbeitsteilung dieser beiden Instrumente wird dadurch nicht eingeschränkt, da die Gesamtabwägung aller Umstände maßgeblich bleibt. Betrug wird aber in Zukunft deutlich erschwert. Für ehrliche Arbeitgeber soll mehr Rechtssicherheit bei der Abgrenzung von abhängiger und selbstständiger Tätigkeit geschaffen werden. Im Referentenentwurf wird gesetzlich definiert, wer Arbeitnehmerin und Arbeitnehmer ist. Die von der Rechtsprechung herausgearbeiteten Kriterien werden zur Verbesserung von Rechtsklarheit und Rechtssicherheit festgeschrieben. Soweit die Zielsetzung. Wie gesagt: im Parlament werden wir uns dann ausführlich mit der endgültigen Fassung des Gesetzentwurfes befassen.

Mit freundlichen Grüßen
Martin Dörmann, MdB