Frage an Martin Dörmann von Martin B. bezüglich Wirtschaft
Sehr geehrter Herr Abgeordneter Dörmann,
ich schreibe Ihnen als Geschäftsführer der gemeinnützigen Filmhaus Köln gGmbH und als Vertreter der Medien- und Werbewirtschaft in der IHK zu Köln, denn ich blicke mit großer Sorge auf den aktuellen Entwurf des Bundesministerium für Wirtschaft und Energie zur Neuregelung des Telemediengesetzes.
Dieser Entwurf hält an der unsäglichen sog. "Störerhaftung" fest, die im internationalen Vergleich einen gigantischen Wettbewerbsnachteil für die deutsche Digital- und Medienwirtschaft darstellt, und würde, wenn das denn so verabschiedet würde, die Verbreitung digitaler Netzwerke in Deutschland und auch in Köln vor großen Herausforderungen stellen. Zur ausführlichen Begründung verweise ich auf eine Stellungnahme des Förderverein Freie Netzwerke e.V., der in sechs konkreten Punkten unter folgendem Link festgehalten hat, warum diese Gesetzesänderung weder wünschenswert noch überhaupt umsetzbar ist, warum er die aktuelle Situation eher verschlechtert als verbessert und warum er zu unsäglichen Kosten für Wirtschaft und auch Verwaltung führen wird: http://freifunk.net//stellungnahme-tmg-e
Wie stehen Sie zum Entwurf zur Neuregelung des Telemediengesetzes? Sind Sie für oder gegen mehr frei verfügbare WLAN-Zugangspunkte in Deutschland und speziell in Köln? Wie wollen Sie sich dafür einsetzen, dass a) der Entwurf so nicht beschlossen und b) die Störerhaftung in Deutschland endlich abgeschafft wird? Ich würde mich sehr freuen, wenn Sie oben verlinkte Stellungnahme bei der weiteren Arbeit an dem Gesetz beziehungsweise in Gesprächen mit den Parteifreunden berücksichtigen.
Mit freundlichen Grüßen
Martin Blankemeyer
Geschäftsführer
Filmhaus Köln gGmbH
Sehr geehrter Herr Blankemeyer,
vielen Dank für Ihre Frage zum Thema Störerhaftung.
Die Bundesregierung hat sich auf Initiative des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie auf einen Referentenentwurf zur Änderung des Telemediengesetzes (TMG) verständigt. Dieser wurde am 11. März 2014 veröffentlicht.
Mit dem Entwurf soll der Koalitionsvertrag umgesetzt werden, der vorsieht
1. die Potentiale von WLAN als Zugang zum Internet im öffentlichen Raum auszuschöpfen und Rechtssicherheit für WLAN-Betreiber durch eine Klarstellung der Haftungsregelungen analog zu Anbietern von Internetzugängen (Access-Provider) zu schaffen, sowie
2. rechtlich klarzustellen, dass Hostprovider, also Anbieter, die fremde Inhalte für Dritte speichern, sich nicht länger auf das Haftungsprivileg berufen können, wenn ihr Geschäftsmodell im Wesentlichen auf der Verletzung von Urheberrechten beruht.
Aus meiner Sicht wird dieser Kompromiss der Bundesregierung im Ergebnis zu deutlich mehr öffentlichen WLAN-Angeboten in Deutschland und auch in Köln führen, mehr Rechtssicherheit für WLAN-Anbieter schaffen und das Kommunikationsgeheimnis der Nutzerinnen und Nutzer von offenen WLANs besser schützen.
Gleichwohl gibt es noch offene Fragen. Diese betreffen vor allem die Prüfung der Vereinbarkeit mit europarechtlichen Vorgaben, die praktische Handhabbarkeit der von den WLAN-Anbietern zu treffenden Vorkehrungen (z. B. mit Blick auf eine niedrigschwellige Einwilligung) und die Abgrenzungsprobleme zwischen geschäftsmäßigen und privaten Anbietern, wie Sie dies am Beispiel des Fördervereins Freie Netzwerke e. V. angesprochen haben. Unser Ziel ist es, die Zahl der öffentlichen WLAN-Angebote deutlich zu erhöhen und Rechtssicherheit für alle Betreiber, auch für das Angebot von Freifunk, zu schaffen. Diese Punkte gilt es im parlamentarischen Verfahren zu klären.
Die völlige Abschaffung des Rechtsinstruments der Störerhaftung, wie von Ihnen vorgeschlagen, ist nicht vorgesehen. Dieses Instrument ermöglicht es, Unterlassung gegen Personen zu erwirken, die die Verletzung geschützter Güter ermöglichen, ohne selbst Täter oder Teilnehmer zu sein. Dies kann in diversen Belangen durchaus sinnvoll sein. Gleichwohl liegen die Hemmnisse, die dadurch im Bereich des Internetrechts entstehen auf der Hand. Deshalb haben die entsprechenden o. g. Passagen Eingang in den Koalitionsvertrag gefunden.
Der Gesetzentwurf der Bundesregierung wurde jetzt an Länder, Verbände und Fachkreise verschickt. Diese haben nun die Möglichkeit, Stellung zu nehmen. Nach Abschluss dieser Konsultationen muss der Gesetzentwurf bei der EU-Kommission notifiziert werden. Während der Notifizierung gilt eine dreimonatige Stillhaltefrist. Nach Abschluss der Notifizierung soll die Kabinettbefassung voraus-sichtlich im Juli erfolgen, bevor der Entwurf das Parlament erreicht und in den Fachausschüssen beraten wird. Sie können sich sicher sein, dass auf diesem Weg alle Bedenken gehört und geprüft werden.
Mit freundlichen Grüßen
Martin Dörmann, MdB