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Martin Dörmann
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Frage von Jochen B. •

Frage an Martin Dörmann von Jochen B. bezüglich Verkehr

Sehr geehrter Herr Dörmann,

solange die SPD in der Opposition war, sind Sie als einer der vehementesten Vertreter für einen Breitband-Universaldienst aufgefallen. Obwohl der §78 TKG einen solchen ja gar nicht ausschließt, und klar ist, dass eine solche Forderung die einzig mögliche Garantie dafür ist, dass Bürger auch tatsächlich einen Rechtsanspruch auf einen normalen Internetzugang erhalten, habe ich diesbezüglich in allen ihren Reden kein Wort mehr dazu gehört, seit Sie der Koalition angehören. Leider kann ich viele Ihrer Reden (und auch der von anderen MdB) nicht verfolgen, da dies mit 384 kbit/s nicht möglich ist, auf die mein LTE-Tarif meist gedrosselt ist, und so geht es mindestens 5% der deutschen Bevölkerung, einschließlich extrem benachteiligter Gewerbetreibender.
Deshalb frage ich Sie: woher dieser plötzliche Sinneswandel? Wie kann man jahrelang etwas fordern, dass man nicht umsetzen kann, und dann, wenn man es umsetzen könnte, tut man es nicht?

Auf Ihre Antwort warte ich mit Spannung

Viele Grüße

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Bonitz,

vielen Dank für Ihre Frage zum Breitband-Universaldienst. Wir waren diesbezüglich ja bereits bilateral im Austausch. Gerne gehe ich auf das Thema aber auch an dieser Stelle noch einmal ein, zumal es ja von allgemeinem Interesse ist.
Der Breitbanduniversaldienst wurde aus zwei Gründen nicht in den Koalitionsvertrag aufgenommen: Zum einen hat sich die Union von vornherein einer solchen Forderung verweigert. Vor allem aber wurden in den weiteren Beratungen im Koalitionsvertrag Breitbandausbauziele festgelegt, die weit über das hinausgehen, was durch einen Breitbanduniversaldienst rechtlich festzulegen wäre.
Wie Sie wissen, möchte die Große Koalition bis 2018 eine flächendeckende Breitbandversorgung mit 50 Mbit/s erreichen. Dies ist ein extrem ehrgeiziges Ziel, liegt die diesbezügliche Versorgungsquote heute doch erst bei 64 % aller Haushalte. Die Datenrate liegt zudem weit über dem, was heute durchschnittlich genutzt wird und ist damit bereits auf den zukünftig weiter wachsenden Bedarf ausgerichtet.
Eine Bandbreite von 50 Mbit/s könnte bereits aus europarechtlichen Gründen nicht als Universaldienstverpflichtung festgelegt werden, jedenfalls dann, wenn man gleichzeitig – wie üblich – die Finanzierung über eine Unternehmensumlage sicherstellt. Die einschlägige EU-Richtlinie erlaubt nur die Festlegung einer Bandbreite, die von einer Nutzermehrheit auch tatsächlich genutzt wird. Das heißt, in diesem Zusammenhang kommt es darauf an, welche Bandbreiten durch konkret abgeschlossene Verträge bei den Nutzerinnen und Nutzern ankommen.
Wollte man nach diesen Vorgaben einen Breitbanduniversaldienst definieren, läge die maximal festzulegende Bandbreite nach Schätzungen aus der Branche bei deutlich unter 10 Mbit/s. Vor einer solchen Festlegung müsste man zudem umfangreiche Untersuchungen und Verfahrensschritte einleiten, um den Universaldienst rechtssicher abzuklären. Ich schätze, alleine das Verfahren könnte sich bis zu zwei Jahre hinziehen, zumal noch Ausschreibungen als Zwischenschritte vorzusehen wären, da sich das Verfahren nach den Vorschriften des Telekommunikationsgesetzes richtet.
Vor diesem Hintergrund hätte es wenig Sinn gemacht, ein Verfahren in Gang zu setzen, das ins Leere läuft, sofern man unterstellt, dass die von uns angestrebten Breitbandziele auch erreicht werden. Ich bin mir allerdings völlig bewusst, dass wir hierfür noch erhebliche Anstrengungen unternehmen müssen, auf die wir uns allerdings auch konzentrieren sollten. Kürzlich hat der Deutsche Bundestag den Antrag der Koalitionsfraktionen verabschiedet (Drucksache 18/1973), in dem wir ein umfangreiches Maßnahmenpaket für den Breitbandausbau dargelegt haben, um die ehrgeizigen Ausbauziele zu erreichen. Derzeit laufen Gespräche zwischen dem Bund und den Ländern, um im nächsten Jahr durch eine Versteigerung eines umfangreichen Frequenzpaketes sowohl die Versorgung in den ländlichen Räumen flächendeckend abzusichern als auch durch zu erwartende Einnahmen die Möglichkeit zu schaffen, mit zusätzlichen Fördergeldern den Breitbandausbau voranzutreiben.
In Vorbereitung dieser Versteigerung läuft derzeit ein Konsultationsverfahren der Bundesnetzagentur: Auf Seite 10 des Entscheidungsentwurfes sind Versorgungsverpflichtungen vorgesehen, um eine bundesweite Abdeckung mit mobilfunkgestützter Breitbandversorgung zu erreichen. Unter vorrangiger Verwendung des 700 MHz-Frequenzbandes soll danach eine flächendeckende Breitbandversorgung der Bevölkerung mit mindestens 10 Mbit/s Übertragungsrate im Downstream mit mobilfunkgestützten Übertragungstechniken sichergestellt werden. Damit ginge auch diese Versorgungsauflage über das hinaus, was durch einen Breitbanduniversaldienst festzulegen wäre. Eine höhere Übertragungsrate könnte allenfalls dann als Universaldienst festgelegt werden, wenn die Finanzierung vollständig vom Staat aufgebracht werden würde, was jedoch einen zweistelligen Milliardenbetrag bedeuten würde, der in den Haushalten von Bund oder den Ländern nicht abzubilden wäre. Es ist zudem sinnvoll, in erster Linie auf private Finanzierung zu setzen. Allerdings können durch eine Milliarde Euro Fördergelder etwa drei Milliarden Euro private Investitionen angeregt werden, so dass dieser Weg aus volkswirtschaftlicher Sicht der vernünftigste ist.
Sie können davon ausgehen, dass ich mich sehr persönlich dafür einsetze, alle Anstrengungen zu unternehmen, um die ehrgeizigen Breitbandziele der Koalition auch tatsächlich umzusetzen. Wir wollen sowohl beim Mobilfunk als auch im Bereich der Festnetzversorgung eine möglichst optimale Versorgung für ganz Deutschland erreichen.

Mit freundlichen Grüßen
Martin Dörmann, MdB