Portrait von Martin Dörmann
Martin Dörmann
SPD
Zum Profil
Frage stellen
Die Frage-Funktion ist deaktiviert, weil Martin Dörmann zur Zeit keine aktive Kandidatur hat.
Frage von Guido F. •

Frage an Martin Dörmann von Guido F. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Dörmann,

3.3 Mio. Bundesbürger sind alkoholabhängig oder konsumieren missbräuchlich, 9,5 Mio. trinken täglich schädliche Mengen und mehr als 73.000 sterben jährlich aufgrund übermäßigen Alkoholkonsums ( http://tinyurl.com/DHS-Alko ). Mit 397.000 Betroffenen war Alkohol im Jahr 2011 für mehr als 40-mal so viele Behandlungsfälle verantwortlich wie Cannabis ("Diagnosedaten der Krankenhäuser" über www.gbe-bund.de , Stichwortsuche: Alkohol, bzw. Cannabinoide).
Alkohol ist eine der gefährlichsten Drogen überhaupt ( http://tinyurl.com/DroRan2 , http://tinyurl.com/2jmp5r ), und Alkoholkonsum weit schädlicher als Cannabisgebrauch ( http://tinyurl.com/3azcw6w , http://tinyurl.com/35rhl35 , http://tinyurl.com/Krumdiek ).

Da Sie in Ihrer Antwort an Herrn Kneiss, bezüglich des weniger gefährlichen Cannabis erklären, eine Legalisierung des Handels für falsch zu halten, frage ich mich nun, wie Sie vor dem Hintergrund der genannten Fakten zu einem Alkoholverbot stehen.
Halten Sie es für sinnvoll, dass die tödliche Droge Alkohol beworben werden darf und als harmloses Lebensmittel im Supermarkt sogar an Minderjährige verkauft wird?

Wie glaub- und vertrauenswürdig kann Drogenpolitik sein, wenn eine so gefährliche Droge wie Alkohol völlig frei verfügbar ist, während man zu strafrechtlichen Mitteln greift, um den Umgang mit weniger gefährlichen Substanzen zu verhindern?

Wie vereinbaren Sie es angesichts der akzeptierten, massiven Schäden durch Alkoholkonsum überhaupt mit bedeutenden Grundwerten wie Freiheit und Gerechtigkeit, dass Sie weiterhin grundsätzlich strafrechtlich gegen Cannabiskonsumenten vorgehen wollen?

Warum ist es für Sie überhaupt eine Frage des Strafrechts, den Einzelnen von selbstgewählten Eigengefährdungen abzuhalten?
Wäre es nicht sinnvoller, die Milliarden Euro, die man in der Drogenpolitik für Strafverfolgung aufwendet, in Aufklärungs- und Präventionsprogramme zu investieren ( http://tinyurl.com/3yrwzbd )?

Freundliche Grüße
Guido Friedewald

Portrait von Martin Dörmann
Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Friedewald,

vielen Dank für Ihre Anfrage zu den Gefahren des Alkoholmissbrauchs in Relation zum Cannabiskonsum.

Zunächst einmal möchte ich mich für eine differenzierte Sicht aussprechen, die klar zwischen den beiden Drogen unterscheidet. Auch wenn letztlich jedes Suchtmittel bei Missbrauch und Übermaß zu Abhängigkeit und schweren gesundheitlichen Schäden führen kann, gibt es doch erhebliche Unterschiede zwischen den einzelnen Drogen, die für den politischen Umgang von Bedeutung sind.

Alkoholgenuss ist in unserem Kulturraum fest verankert. Damit einher gehen leider auch viele Fälle von Alkoholmissbrauch und -abhängigkeit. Sie haben völlig recht, dass Alkoholsucht eine schwere und oft auch tabuisierte Krankheit mit erheblichen sozialen Auswirkungen ist. Daher gibt es eine Vielzahl von Präventionsprogrammen und Jugendschutzmaßnahmen, die genau dieses Thema adressieren und auf Sensibilisierung in der Gesellschaft setzen. Meine Kolleginnen und Kollegen aus dem Gesundheitsbereich arbeiten daran, diese Programme stetig zu verbessern.

Ich halte es jedoch nicht für zielführend, mit strafrechtlichen Instrumenten den Genuss von Alkohol unterbinden zu wollen. Vom vollzieherischen Aufwand abgesehen, zeigen die Beispiele USA und Skandinavien, dass eine staatliche Prohibition nur bedingt wirksam ist. Im Gegenteil: Alkohol gerät so in eine Grauzone heimlichen Genusses, was einem Missbrauch umso mehr Vorschub leistet.

Anders verhält es sich mit Cannabis. Hier kann man nicht von einer kulturellen Verankerung sprechen, vielmehr würde man durch eine weitere Liberalisierung der Akzeptanz einer weiteren Droge Vorschub leisten. Darüber hinaus dient Cannabis laut Bundesverfassungsgericht vorwiegend der gezielten Erreichung eines Rauschzustandes (vgl. Urteil BVerfG 2 BvL 43/92 vom 09.03.1994).

Aus diesen Gründen setzen wir uns in der SPD-Bundestagsfraktion gleichzeitig nicht nur für Präventiv- und Aufklärungsmaßnahmen gegen übermäßigen Alkoholkonsum, sondern auch gegen eine weitere Liberalisierung von Cannabis jenseits der bestehenden Eigenbedarfsregelung ein.

Mit freundlichen Grüßen

Martin Dörmann, MdB