Frage an Martin Dörmann von Peter F. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Dörnemann,
am 26. April soll der Bundestag über die geplante Änderung der Geschäftsordnung abstimmen, die Änderungen hinsichtlich des Rederechtes der Abgeordnteten vorsieht.
In vielen Presseartiklen ist derzeit darüber zu lesen. ( http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,827651,00.html )
Die große Empörung und die erheblichen Bedenken gegen die geplante Beschränkung der Redefreiheit mit Verweis auf den "Fraktionszwang" (den es ja lt. GG nicht geben darf), besteht meines Erachtens völlig zu Recht.
Als Abgeordneten in meinem Wahlkreis frage ich Sie:
Wie stehen Sie zu dem Entwurf des Geschäftsordnungsausschusses und werden Sie in dieser Frage abstimmen?
Freundliche Grüße!
Sehr geehrter Herr Füssenich,
vielen Dank für Ihre Zuschrift, mit der Sie sich kritisch mit der kürzlichen Diskussion über das Rederecht von Abgeordneten auseinandersetzen. Bitte entschuldigen Sie zunächst, dass ich aufgrund der Vielzahl der Anfragen in letzter Zeit, insbesondere rund um das Thema Euro-Krise, erst jetzt dazu komme, Ihnen zu antworten.
Ich freue mich, dass das Rederecht von Abgeordneten eine breite Resonanz in der Öffentlichkeit gefunden hat, weil es in der Tat einen Kernbereich unserer parlamentarischen Demokratie berührt. Ich setze mich nachdrücklich dafür ein, dass im Bundestag einzelne Abgeordnete, die in grundlegenden Fragen von der Mehrheitsmeinung ihrer Fraktion abweichen, reden dürfen. Insofern bin sehr unglücklich darüber, dass in der Öffentlichkeit der Eindruck entstanden ist, diese Möglichkeit sollte zukünftig entfallen.
Wie Sie sicherlich der Presse bereits entnommen haben, sind zwischenzeitliche Überlegungen in einem Gremium des Bundestages, neue Regelungen zu den Redezeiten von Abgeordneten einzuführen, vom Tisch.
Wir haben hierüber auch ausführlich in den Gremien der SPD-Bundestagsfraktion gesprochen. Es hat sich dabei herausgestellt, dass die Berichterstattung hierzu in einigen Medien verkürzt dargestellt wurde. Bei den Vorschlägen, die diskutiert wurden, ging es in keinem Fall darum, dass sogenannte „Abweichler“ nicht mehr reden dürften. Vielmehr sollte zwischen den Fraktionen ein Verfahren abgestimmt werden, in welcher Form dies erfolgt.
Hintergrund hierfür war auch die Problematik, dass es in der Vergangenheit einzelne Fraktionen gab, die extensiv von der Möglichkeit Gebrauch gemacht haben, das einzelne Abgeordnete am Ende einer Debatte eine persönliche Erklärung abgeben können. In einem Fall war es so, dass Abgeordnete einer einzelnen Fraktion 27 persönliche Erklärungen zu einem Tagungsordnungspunkt abgegeben haben und damit die Fraktion mehr Redezeit in Anspruch genommen hat als jede andere Fraktion, obwohl sie deutlich kleiner als die meisten ist. Und das, obwohl die einzelnen Abgeordneten jeweils die eigene Fraktionslinie unterstützt haben.
Für diese Problematik sollte es eine vernünftige Regelung geben, die einerseits den Abgeordneten das ihnen zustehende Rederecht gewährleistet, ohne die parlamentarischen Abläufe auf der anderen Seite zu gefährden.
Ein anderer Fall ist derjenige von Abgeordneten, die eine unterschiedliche Meinung vertreten als die ganz überwiegende Mehrheit ihrer Fraktion. Wenn eine Fraktion diesen nicht selbst innerhalb der dieser Fraktion zustehenden Redezeit die Möglichkeit zu reden einräumt, steht es im Ermessen des Bundestagspräsidenten, inwieweit er diesen Abgeordneten zu Wort kommen lässt. Hier wollten einige Abgeordnete, dass es eine verbindlichere Regelung gibt, die jedoch von der Öffentlichkeit als Eingrenzung wahrgenommen wurde.
Wie gesagt, in diese Richtung gehende Überlegungen sind nun obsolet. Ich gehe davon aus, dass bei wichtigen Debatten jeweils eine einvernehmliche Lösung gefunden wird, die den Rechten der Abgeordneten und der Funktionsfähigkeit des Bundestages gerecht wird.
Mit freundlichen Grüßen
Martin Dörmann, MdB