Frage an Martin Dörmann von Arwin D. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Dörmann,
der Bundestag hat am 29.07.2009 das Gesetz zur Umsetzung der Verbraucherkreditrichtlinie beschlossen. In den darin enthaltenen Änderungen am BGB wird im "§ 675 o" nun den Banken die Möglichkeit eingeräumt, für die Ablehnung von Zahlungsaufträgen gegenüber den eigenen Kunden Entgelte zu verlangen/vereinbaren.
Diese Gesetzesänderung hat dazu geführt, dass viele Geldinstitute seit neuestem für die Nichtausführung von z.B. Lastschriten mangels Deckung dem eigenen Kunden eine nicht unerhebliche Gebühr in Rechnung stellen.
Bislang sah die Rechtssprechung für diesen Fall eine andere Bewertung vor. So hat in der Vergangenheit der BGH mehrfach (z.B. exemplarisch BGH XI ZR 197/00 vom 13.2.2001 oder BGH XI ZR 154/04) die bis zu diesen Zeitpunkt gängige Praxis der Gebührenerhebung für Nichteinlösung als rechtswidrig bewertet.
In Folge dieser Gerichtsurteile war es den Banken bis zur eingangs benannten Gesetzänderung nicht möglich dem "eigenen Kunden" eine wie auch immer begründete Gebühr für die Nichteinlösung von Zahlungsaufträgen zu berechnen.
Aus meiner Sicht handelt es sich bei der Änderung des §675o ausschließlich um eine den Geldinstituten entgegenkommende Regelung, da sie dem gemeinem Volke gegenüber einzig eine Benachteiligung in Form von nun zusätzlichen monetären Belastungen für (wohlgemerkt) eigene Versäumnisse bedeutet.
Insbesondere trifft diese Gesetzänderung vermutlich wieder mal die Bürger mit den geringsten Einkünften, da anzunhemen ist, dass gerade hier der Umstand einer nicht ausreichenden Konto-Deckung am häufigsten eintreffen wird.
Ich frage mich nun, wie der Erlass eines solchen Gesetzes bzw. dieser Gesetzesänderung mit der Berufung eines "Volksvertreters" zu vereinbaren ist?
Handelt es sich bei dieser Änderung nicht viel eher um Lobbyarbeit für die Finanzwelt?
Warum war diese Änderung notwendig, und welchen Nutzen hat das Volk, welches Sie als Abgeordneter vertreten dadurch?
Sehr geehrter Herr Dustdar,
vielen Dank für Ihre Anfrage zur Umsetzung der Verbraucherkreditrichtlinie.
Die von Ihnen bemängelten Änderungen in den AGB der Banken resultieren aus Veränderungen im Zuge der Umsetzung der sog. "Zahlungsdiensterichtlinie" (2007/64/EG) vom 13.11.2007 durch das Gesetz zur Umsetzung der Verbraucherkreditrichtlinie, des zivilrechtlichen Teils der Zahlungsdiensterichtlinie sowie zur Neuordnung der Vorschriften über das Widerrufs- und Rückgaberecht (BT-Drs. 16/11643, 16/13669). Ziel der Richtlinie war die vollständige Harmonisierung der betreffenden gesetzlichen Bestimmungen in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union. Daher dürfen die Mitgliedstaaten gemäß Art. 86 der Richtlinie - abgesehen von wenigen engen Ausnahmen - in den harmonisierten Bereichen keine anderen als die in der Richtlinie festgelegten Bestimmungen beibehalten oder einführen.
Daraus erklären sich die von Ihnen besonders kritisierten neuen gesetzlichen Vorgaben, z.B. über die Unwiderruflichkeit eines Überweisungsauftrages (jetzt § 675p BGB) und über den Eigenanteil des Karteninhabers in Haftungsfällen (jetzt § 675v BGB).
Dass und in welcher Weise in anderen EU-Mitgliedstaaten davon abgewichen wird, ist mir im Einzelnen nicht bekannt. Aus Gründen der Vollharmonisierung dürften abweichende gesetzliche Regelungen in anderen EU-Ländern allerdings nicht existieren, da diese dann europarechtswidrig wären.
Die Richtlinie räumt aber den Zahlungsdienstleistern (nicht den Mitgliedstaaten!) die Möglichkeit ein, Zahlungsdienstnutzern günstigere Konditionen einzuräumen (Art. 86 Abs. 3 UAbs. 2).
Ich hoffe, ich konnte Ihnen mit diesen Informationen weiterhelfen.
Mit freundlichem Gruß
Martin Dörmann, MdB