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Martin Burkert
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Frage von Martin B. •

Frage an Martin Burkert von Martin B. bezüglich Umwelt

Sehr geehrter Herr Burkert,

ich möchte Ihnen gerne eine Frage zum Abstimmungsverhalten der SPD bzgl. des Anlagenbegriff des §19 des EEG 2009 stellen:
Der Bundesrat will vermeiden, dass Altanlagen zur Stromerzeugung eine niedrigere "gesetzlich garantierte Stromvergütung" in Kauf nehmen müssen. Ein Gesetzentwurf des Bundesrates (16/11833) sieht daher eine Änderung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) vor. In der Neufassung des EEG, das am 1. Januar 2009 in Kraft trat, sei der Anlagenbegriff neu definiert worden, heißt es zur Begründung. Demnach würden auch bereits bestehende Anlagen, die in enger zeitlicher und lokaler Nähe in Betrieb genommen wurden, hinsichtlich der Vergütung wie eine Anlage betrachtet. Dies könne vor allem bei Kraftwerken, die Biomasse zur Stromerzeugung nutzen, zu einer Reduzierung der gesetzlich garantierten Stromvergütung führen.

Ich hatte leider vor 2-3 Jahren den Fehler gemacht, in Deutschland etwas zu investieren, in eben so einen Biogasanlagenpark (4x500kW mit sinnvoller Wärmenutzung), dessen zunächst staatlich zugesicherte Einspeisungsvergütung jetzt rückwirkend reduziert werden soll. Ich verstehe, dass es bei Anlagen wie Penkun nicht richtig ist, da hier die komplette Wärme einfach in die Luft geblasen wird… doch es gibt genügend kleinere Anlagenparks wie meinen, bei denen auch im Vorfeld über eine sinnvolle Nutzung der Wärme nachgedacht wurde und aktuell auch vollzogen wird.
Die treibende Kraft für diese rückwirkende, wenig vertrauensbildende Maßnahme soll das SPD-geführte Umweltministerium sein.

Jetzt würde mich interessieren, ob Sie sich bei der Abstimmung dafür entscheiden, daß die Anleger die staatlich zugesicherte Einspeisungsvergütung nicht nachträglich gekürzt bekommen.

Vielen Dank

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Böckler,

vielen Dank für Ihre Anfrage auf www.abgeordnetenwatch.de zur Behandlung kombinierter Kleinanlagen im Bereich der Biomassenutzung nach dem Erneuerbaren-Energien-Gesetz von 2009 (EEG 2009).

Im EEG sind Vergütungssätze für Biomasseanlagen geregelt, die zwischen kleinen und großen Biomasseanlagen unterscheiden. Die Sätze für die Kilowattstunde Strom sind nach der Wirtschaftlichkeit der jeweiligen Größenklasse bestimmt und sinken, je größer die Biomasseanlage ausgelegt ist. Bereits im EEG 2004 war nach § 3 II geregelt, dass mehrere Anlagen zur Erzeugung von Strom aus gleichartigen Erneuerbaren Energien - unter bestimmten Voraussetzungen - als eine Anlage im Sinne der Vergütung zu behandeln sind.

Einzelne Betreiber von Biomasseanlagen haben in Kenntnis dieser Vorschrift ihre Anlagen gleichwohl modulartig aufgebaut, um die hohe Vergütung für Kleinanlagen zu erhalten. Damit wurden aber das EEG 2004 und der Gesetzeszweck des § 3 II bewusst umgangen. Dieses Vorgehen war bereits damals rechtswidrig und die Betreiber hatten demnach keinen Anspruch auf den erhöhten Vergütungssatz. Die Bundesregierung hat dies im August 2006 auf Antrag des Bundesrates auch ausdrücklich festgestellt.

Die SPD-Bundestagsfraktion hat die Frage der missbräuchlichen Nutzung des Anlagenbegriffes genau geprüft. Wir haben über mehrere Jahre hinweg beobachtet, wie Einzelne bestehende Vollzugslücken ausgenutzt haben. Dies konnte der Gesetzgeber nicht länger hinnehmen. Die Bundesregierung hat daraufhin im Rahmen des EEG 2009 eine Klarstellung in § 19 EEG vorgeschlagen, die von beiden Koalitionsfraktionen verabschiedet wurde. Diese Regelung ist inhaltlich identisch mit der bisherigen Regelung aus dem EEG 2004 und somit keine Neuregelung. Damit stellt sich aber auch nicht die Frage des Bestandsschutzes.

Ich habe Verständnis dafür, wenn Kleinanleger wie Sie aufgrund der bestehenden Gesetzeslage um die "Früchte" ihres Investments fürchten. Soweit es beim Abschluss entsprechender Verträge zwischen Kleinanleger und dem Unternehmen bzw. durch die Vermittlung der beratenden Bank keine Hinweise auf eventuell bestehende Risiken gegeben hat, sollten sich die Betroffenen ggf. mit der örtlichen Verbraucherberatung in Verbindung setzen. Hier könnten sich u.U. Regressansprüche gegen das Unternehmen oder gegen die beratende Bank ergeben. Ob die Voraussetzungen hierfür vorliegen, muss im Einzelfall geprüft werden.

Der Bundesrat hat im November 2008 einen Änderungsantrag zum EEG beschlossen, der die Anwendung des § 19 EEG nur für Neuanlagen gelten lassen will. Die Bundesregierung hat in ihrer Stellungnahme vom 30. Januar 2009 empfohlen, den Ausgang von Verfassungsbeschwerden und Anträgen auf Erlass einer Einstweiligen Anordnung zur Geltung des § 19 EEG für bestehende Anlagen, die beim Bundesverfassungsgericht anhängig sind, abzuwarten.

Mittlerweile hat das Bundesverfassungsgericht am 18. Februar 2009 den Antrag einer Betreiberin eines Bioenergieparks, § 19 I EEG im Wege einer einstweiligen Anordnung außer Kraft zu setzen, abgelehnt. Die Ablehnung begründet das Bundesverfassungsgericht damit, dass § 19 I EEG verhältnismäßig sei und dem legitimen Ziel diene, eine unnötig hohe finanzielle Belastung der Netzbetreiber, Letztversorger und schließlich der Stromkunden zu vermeiden. Daraus leiten ist andererseits aber auch abzuleiten, dass für Anlagen, bei denen die Vergütung nicht rechtsmissbräuchlich beantragt worden ist, in jedem Fall ein Bestandsschutz bei Dauer und Höhe der Vergütung gilt.
Ausdrücklich nicht Gegenstand des Verfahrens beim Bundesverfassungsgericht war die Frage, ob auch mehrere unabhängig voneinander errichtete Einzelhofanlagen verschiedener Betreiber erfasst werden.

Sofern einzelne Biomasseanlagenbetreiber nun befürchten, zu Unrecht vom Netzbetreiber die höhere Vergütung versagt zu bekommen, sollten sie sich an die Clearingstelle wenden, die zur Klärung solcher Streitigkeiten vom Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit errichtet worden ist. Unsere Fraktion wird die Musterverfahren bei der Clearingstelle zum Anlagenbegriff beobachten und danach entscheiden, ob ein Anpassungsbedarf beim EEG 2009 besteht.

Mit freundlichen Grüßen

Martin Burkert