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Frage von Thomas S. •

Frage an Martin Burkert von Thomas S. bezüglich Verkehr

Sehr geehrter Herr Burkert,

Anfang des Jahres haben Sie sich einer Diskussionsrunde in Rosenheim zu Thema Bahnprivatisierung gestellt. Heute lese ich Ihre Pressemeldung zum Thema der bayerischen Ausschreibungpraxis bei der Vergabe von Verkehrsvertragen am Beispiel Regensburg.
Natürlich kann man geteilter Meinung sein, warum jetzt ein „auswärtiges“ Unternehmen die Vergabe gewonnen hat. Trotzdem müssen Sie sich wohl die Frage gefallen lassen, warum Sie denn die Anregungen aus der Diskussion in Rosenheim nicht aufgegriffen haben. Hier wurde genau auf solche Defizite hingewiesen. Statt jetzt erst einmal die Fehler der Bahnreform von 1994 zu korrigieren, wird der „große Wurf“ im Heil der Privatisierung der Bahn gesucht, dessen Verfechter Sie sind. Selbst Laien durchschauen das Spiel mit den Ziel der Vollprivatisierung in kleinen Schritten. Sie brauchen doch niemanden erzählen, diesen Aufwand für lächerliche 6-8 Mrd. Euro Kapitalprivatisierungsgewinn zu veranstalten. Das große Ziel steht doch schon längst fest. Die europäischen Nachbarn wie Großbritannien oder erst kürzlich Litauen sollten uns eine Lehre sein (für den geneigten Zuhörer sei erklärt das in beiden Ländern der 10fache Betrag zum Rückkauf der Bahn und ihrer Anlagen verplempert wurden, als bei der Privatisierung an Erlösen erzielt wurden).
Ich frage Sie also: Sollten uns solche Vergabepraxis, wie das Beispiel Regensburg zeigt, nicht zu denken geben. Sollte dies nicht eine andere Haltung zur Bahnprivatisierung zur Folge haben müssen?
Haben Privatisierungen auf den Feldern der Daseinsvorsorge überhaupt eine Berechtigung?

Lassen Sie uns gemeinsam Herrn Mehdorn die Rote Karte zeigen. Solch ein Chaos wie er bei dem Heidelberger Druckmaschienenhersteller hinterlassen hat, können wir uns bei der Bahn einfach nicht leisten.

Mit freundlichen Grüßen,
Th.Schmidt

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Schmidt,

ich danke Ihnen für Ihr Interesse an meinen Pressemitteilungen. In meiner jüngsten Mitteilung habe ich mich in der Tat kritisch zur Vergabe des Regionalbahnnetzes Regensburg geäußert. Meine Kritik richtet sich aber nicht dagegen, dass ein anderes, "auswärtiges" Unternehmen als die DB den Auftrag an Land ziehen konnte. Ich bin nicht gegen den Wettbewerb im Regionalverkehr - der im Übrigen mit der Teilprivatisierung der DB AG nicht das Geringste zu tun hat. Ich wende mich vielmehr gegen die Art und Weise, wie die Aufträge an die Wettbewerber vergeben werden. Gerade bei der Vergabe des Regionalbahnnetzes Regensburg drängt sich der Verdacht auf, dass manche Firmen versuchen, mit Niedrig-Löhnen und nicht kostendeckenden Kalkulationen, die Mitbewerber auszustechen. Dies geht zu Lasten der Beschäftigten und derjenigen Firmen, die auskömmliche Gehälter bezahlen. Und dagegen erhebe ich mich meine Stimme.

Die Länder vergeben die Regionalverkehre seit Inkrafttreten des Regionalisierungsgesetzes im Jahr 1996 in alleiniger Verantwortung. Die Frage, ob sich private Partner an den Verkehrsunternehmen der DB AG beteiligen dürfen, oder nicht, spielt für diese Entscheidungen keine Rolle.
Für das Gesamtsystem des Schienenverkehrs in Deutschland ist es hingegen von zentraler Bedeutung, wem das Schienennetz gehören soll. Und genau da liegt der große Unterschied zu den Privatisierungen in anderen Ländern (Neuseeland, Großbritannien, ...), die ihre Eisenbahnen komplett, also mit Schiennetz verkauft haben. Just dies tun wir nicht. Die Schienen, Bahnhöfen und Energieeinrichtungen werden nicht veräußert. Sie bleiben zu 100% im Besitz des Bundes. Nur an den Verkehrsgesellschaften (z.B. DB-Fernverkehr oder Railion) können sich private Investoren beteiligen. Und dies nur bis zu einer Grenze von 49,9%. Der Bund bleibt hier Mehrheitseigentümer.

Die SPD tut dies, um eine Vollprivatisierung der DB AG zu verhindern. Union, FDP und Grüne haben sich mehrfach dafür ausgesprochen, den Konzern aufzuteilen und die Verkehrsunternehmen der DB zu 100% an private Investoren zu verkaufen. Weil wir eben das nicht wollen, haben wir uns dafür eingesetzt, den Konzern als zusammenhängende Einheit zu erhalten. Solange es einen Gesamtkonzern gibt, verhindert das Grundgesetz einen Totalverkauf der Verkehrsunternehmen. Deshalb ist es unser Erfolg, dass es keinen Ausverkauf bei der Bahn gibt, sondern eine vom Bund kontrollierte Minderheitsbeteiligung privater Partner. Dies ist im Sinne der Beschäftigten, der Verlässlichkeit des Schieneverkehrs und der Daseinsvorsorge.

Mit freundlichen Grüßen

Martin Burkert, MdB