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Frage von Markus R. •

Frage an Martin Burkert von Markus R. bezüglich Verkehr

Sehr geehrter Herr Burkert,

zum Thema Bahnprivatisierung zitiert Sie die Welt mit den Worten:

Der Staat könne die Bahn aber nicht auf Dauer mit steigenden Milliardensummen subventionieren. "Wo sollen die nötigen Mittel herkommen, wenn nicht von Investoren?"

Die Investoren wollen das Geld aber doch mal wieder haben und erwarten im Gegensatz zum Staat auch noch eine Rendite für ihren Kapitaleinsatz.

Wenn ich Herrn Beck richtig interpretiere, dann soll ja nicht einmal der ganze Privatisierungserlös der Bahn zu Gute kommen, sondern 1/3 in den allgemeinen Haushalt des Bundes fliessen.

Sind Sie der Meinung, dass mit einem mittleren 1-stelligen Milliardenbetrag die Probleme der Bahn behoben sind?

Wie stehen Sie zu der Tatsache, dass der Regionalverkehr weiter am Finanztropf der Länder hängt und man sich künftig renditeorientierten Kapitaleignern gegenübersteht, die ein ganz anderes Ziel verfolgen als eine bundeseigene AG?

Mit freundlichen Grüssen
Markus Ritter

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Ritter,

vielen Dank für Ihre Anfrage zur Bahnreform und Ihr Interesse an meiner Arbeit.

Die Deutsche Bahn wird seit der Bahnreform von 1993 als Wirtschaftsunternehmen in privat-rechtlicher Form geführt. So steht es in Artikel 87e des Grundgesetzes. Diesem Auftrag entsprechend arbeitet die Deutsche Bahn AG schon heute nach wirtschaftlichen Vorgaben. Anders als häufig angenommen, wird die Beteiligung privater Partner an der Deutschen Bahn AG nicht zu einem grundlegenden Wandel in der Unternehmensstrategie führen. Es ist nicht die Deutsche Bahn AG, die die Verantwortung für die Verkehrsversorgung auf der Schiene trägt, diese Aufgabe obliegt dem Bund und den Bundesländern. Der Bund kommt dieser Verpflichtung nach, indem er die Schieneninfrastruktur finanziert und den Bundesländern pro Jahr 6,75 Milliarden Euro für die Organisation des Nahverkehrs überweist. An dieser Konstellation wird sich nach dem Modell der SPD für eine Bahnreform nichts ändern. Die Länder werden weiterhin genügend Geld zur Verfügung haben, um in alleiniger Verantwortung festzulegen, auf welcher Strecke Züge verkehren und auf welchen nicht. Mit dem Geld des Bundes werden die Länder nach wie vor in der Lage sein, die Strecken öffentlich auszuschreiben und den Zuschlag für die Durchführung des Verkehrs an die Deutsche Bahn AG oder einen ihren Konkurrenten zu vergeben. Eine Bedrohung für den flächendeckenden Verkehr besteht deshalb nicht.

Übrigens hat die Gewerkschaft TRANSNET die Deutsche Bahn AG per Tarifvertrag dazu verpflichtet, dass sich die Deutsche Bahn AG auch an jeder Ausschreibung beteiligen muss. Daher ist die Verkehrsversorgung doppelt abgesichert.

Damit sich die Deutsche Bahn AG allerdings auch gegen ihre Konkurrenten behaupten kann, muss sie in der Lage sein, Investitionen vorzunehmen. Dies geht nur, wenn sie über genügend Kapital verfügt. Es ist leider eine Tatsache, dass es dem Bund aus mehreren Gründen nicht möglich ist, die Deutsche Bahn alleine mit frischem Geld zu versorgen. Neben der immer noch hohen Verschuldung der öffentlichen Hand (in Deutschland rund 1,5 Billionen Euro), stehen dem auch die Vorschriften des europäischen Beihilferechts entgegen. Der Bund würde eine Klage und eine Strafzahlung riskieren, wenn er die Deutsche Bahn AG mit Steuermitteln stärken würde, damit diese sich gegen private Konkurrenz besser durchsetzen kann.

Die Beteiligung privater Partner ist daher notwendig. Richtig ist sie zudem, weil wir ein Interesse daran haben, dass sich ein Konzern, der alleine in Deutschland rund 200.000 Menschen zu guten sozialen Bedingungen beschäftigt, auch behauptet, wenn der europäische Eisenbahnmarkt, wie derzeit aktuell, liberalisiert wird. Seit 2008 gibt es keine Begrenzungen für den Schienengüterverkehr in Europa mehr. 2010 wird der Personenverkehr folgen. Die Zeiten der rein nationalen Eisenbahnen sind damit vorbei. Auch dieser Bereich wird Teil des europäischen Wirtschaftsmarktes. Dieser Realität stellen wir uns. Und wir sorgen dafür, dass die Deutsche Bahn auf diesem Markt bestehen kann. Alles andere wäre fahrlässig und würde zehntausende Arbeitsplätze bedrohen und hart erkämpfte Sozial- und Tarifstandards massiv gefährden.

Mit unserem Modell kann die Deutsche Bahn notwendige Investitionen für den Wettbewerb vornehmen. Durch den Verkauf von Anteilen an der neu zu gründenden Subholding für die Verkehrs- und Logistiksparten erhält der Konzern einen Milliardenbetrag als Eigenkapital. Dieser Betrag muss - anders als bei einer Kreditaufnahme - nicht zurückgezahlt werden. Er verbleibt im Konzern. Natürlich erwarten die die Geldgeber für ihre Beteiligung eine Rendite. Aber gegenüber einer weiteren Verschuldung bietet die Gewinnung von Eigenkapital den entscheidenden Vorteil, dass die "Belohnung" auf das eingesetzte Kapital immer abhängig vom Unternehmenserfolg gezahlt wird. D.h. im Falle eines wirtschaftlichen Durchhängers wird der Konzern nicht durch zusätzliche Kapitalertragsforderungen belastet. Bei einem Kredit muss der Schuldzins immer bedient werden - egal wie das Unternehmensergebnis ausfällt.

Insofern haben wir ein absolut tragfähiges Modell für die Zukunft der Bahn vorgelegt. Es bietet dem Konzern neue Chancen, sichert die Arbeitsplätze bei der Bahn und eröffnet Spielräume, um in die Bahn zu investieren.

Mit freundlichen Grüßen

Martin Burkert