Frage an Martin Burkert von Anja M. bezüglich Gesundheit
Sehr geehrter Herr Burkert,
die UN-Kinderrechtskonvention garantiert Kindern das Recht auf ein erreichbares
Höchstmaß an Gesundheit und eine bestmögliche medizinische Versorgung (Art. 24, UN-
KRK). Im deutschen Gesundheitssystem wird dieses Recht derzeit nicht angemessen
geachtet! In unseren Kinderkliniken ist eine umfassende, altersgerechte und gleichzeitig
hochspezialisierte Betreuung kranker Kinder infolge von unzureichenden Ressourcen
gefährdet.
In SGB V wird definiert, dass medizinische Leistungen ausreichend, zweckmäßig und
wirtschaftlich sein müssen. Dies ist nicht im Einklang mit den Prinzipien der UN-
Kinderrechtskonvention. Gerade die Behandlung kranker Kinder erfordert besonderes
Einfühlungsvermögen, Fürsorge und Zeit – Aspekte, die nicht ausschließlich nach
ökonomischen Kriterien bemessen werden können.
Wenn wir im deutschen Gesundheitswesen die Rechte kranker Kinder vollumfänglich
respektieren wollen, sind Reformen angezeigt.
Als Wähler in Ihrem Stimmkreis ist es mir wichtig, Ihre Einstellung zu dieser Problematik
zu erfahren. Auf der Website www.kranke-kinder-haben-rechte.de finden Sie einen 6-
Punkte-Plan für eine bessere Achtung der Rechte kranker Kinder in unserem Land
(„Tutzinger Plädoyer“). Können Sie sich vorstellen, Ihren persönlichen Einfluss wirksam
werden zu lassen und die große Allianz für kranke Kinder zu unterstützen?
Herzlichen Dank!
Ihre Anja Meßberger - Haas
Kinderkrankenschwester
Sehr geehrte Frau M.,
Sie beteiligen sich an der online-Aktion „Kranke Kinder haben Rechte“, die die Umsetzung der UN-Kinderrechtskonvention im deutschen Gesundheitswesen als gefährdet ansieht.
Kinder und junge Menschen haben besondere Bedürfnisse. Neben der medizinischen Versorgung spielen auch die kindliche Entwicklung, das spielerische Erleben, sowie die psychosoziale Betreuung der Kinder und ihrer Eltern eine wichtige Rolle. Uns ist daher bewusst, dass eine Kinderklinik anders planen und Strukturen vorhalten muss als eine Klinik für Erwachsene.
Im Interesse von Kindern als Patientinnen und Patienten arbeiten wir fortlaufend daran, die medizinischen Versorgungsstrukturen weiter zu verbessern. Dazu haben wir wichtige Reformen auf den Weg gebracht, sowohl in der ambulanten als auch in der stationären Versorgung. Dabei geht es insbesondere um die Versorgung von Kindern mit akutem Behandlungsbedarf, mit chronischen oder seltenen Erkrankungen. Wir haben uns den Herausforderungen zu stellen, die sich durch den Fachkräftemangel und die demografischen Veränderungen unserer Gesellschaft ergeben. Gleichzeitig müssen wir auch Sorge dafür tragen, dass unser Gesundheitssystem stabil und für die gesetzlich versicherten Beitragszahlerinnen und Beitragszahler finanzierbar bleibt. Das Wirtschaftlichkeitsgebot gibt vor, dass die Leistungen ausreichend, zweckmäßig, wirtschaftlich und notwendig sein müssen. Das bedeutet nicht zuletzt, dass der einzelne Patient oder die einzelne Patientin genau die Versorgung erhält, die für ihn oder sie zur Erreichung des Behandlungsziels konkret erforderlich ist und dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entspricht. Denn auch Qualität ist ein Gebot im SGB V. Das Ziel ist die optimale Versorgung von Patientinnen und Patienten. Unverständlich ist für mich, dass im Rahmen der Aktion „Kranke Kinder haben Rechte“ die Effizienzsteigerung im deutschen Gesundheitswesen kritisiert wird. Gerade im Interesse kranker Kinder haben wir die ethische Pflicht, die begrenzten Mittel für die Gesundheitsversorgung optimal einzusetzen. Verschwendung wäre ebenso verwerflich und zu kritisieren wie qualitativ schlechte oder fehlende Versorgung. Einen Widerspruch zur UN-Kinderrechtskonvention sehe ich hier nicht.
Kinderkliniken und insbesondere die für die Versorgung von akut oder schwer kranken Kindern unverzichtbaren Universitätskliniken mit ihrem hochspezialisierten Leitungsangebot brauchen deshalb eine leistungsgerechte und planbare Finanzierung. Die Frage der Krankenhausfinanzierung ist allerdings nur zum Teil auf bundespolitischer Ebene zu beantworten, denn die Finanzierung von notwendigen Investitionen liegt in der Verantwortung der Bundesländer. Über die Finanzierung der Behandlungskosten bestimmt der Bundesgesetzgeber durch DRG-Fallpauschalen. Das DRG-Fallpauschalensystem ist keinesfalls starr, sondern ein lernendes System, das jährlich weiterentwickelt wird. Die Fallpauschalen basieren auf den von Krankenhäusern gemeldeten jährlichen Ist-Kosten. Komplexe oder hoch spezialisierte Leistungen können gesondert oder zusätzlich vergütet werden. Die besonderen Belange von Kindern werden im DRG-System von jeher sehr wichtig genommen und vordringlich berücksichtigt. Wir beobachten sehr aufmerksam, wie sich die finanzielle Situation von Kinderkliniken insbesondere auch an Universitätskliniken vor diesem Hintergrund entwickelt.
Im Juni hat ein Gespräch zwischen Bundesgesundheitsminister Spahn und Vertreterinnen und Vertretern von Kinder- und Jugendkliniken, der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin, der Gesellschaft der Kinderkrankenhäuser und Kinderabteilungen in Deutschland, der Deutschen Krankenhausgesellschaft, dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen und dem Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus stattgefunden, in dem konkrete Finanzierungsfragen besprochen worden sind. Die Beteiligten haben sich darauf verständigt, gemeinsame Lösungsansätze zu erarbeiten. Dieser Prozess wird von der SPD aufmerksam begleitet.
Mit freundlichen Grüßen
Martin Burkert