Frage an Martin Burkert von Georg J. bezüglich Jugend
Sehr geehrter Herr Burkert,
die Bundesregierung will kurzfristig im November einen Gesetzentwurf einbringen, der die Beschneidung von nichteinwilligungsfähigen Jungen ohne medizinische Indikation legalisiert. Hintergrund ist ein Urteil des LG Köln von Mai und eine Bundestagsresolution vom 19. Juli 2012. Über 60 Ihrer Kolleginnen und Kollegen haben jetzt einen Alternativentwurf vorgelegt, der die Legalisierung dieses mit Risiken behafteten, schmerzhaften und irreversiblen Eingriffs von der Einwilligung ab dem Alter von 14 Jahren und nur durch zugelassene Fachärzte nach ausführlicher Aufklärung vorsieht.
Können Sie diesem Alternativentwurf zustimmen?
Sind Sie mit mir der Meinung, dass der Gesetzesentwurf der Bundesregierung nicht vereinbar ist mit dem Grundrecht des Kindes auf körperliche Unversehrtheit (Art. 2,2 GG), dem Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 3, Satz 1 und 2 und dem Artikel 24,3 der UN-Kinderechtskonvention, der die Vertragsstaaten verpflichtet „alle wirksamen und geeigneten Maßnahmen zu treffen, um überlieferte Bräuche, die für die Gesundheit der Kinder schädlich sind, abzuschaffen"?
Mit freundlichen Grüßen
G. Jansen
Sehr geehrter Herr Jansen,
mit sehr großer Verspätung kommt hier meine Antwort auf Ihre Frage. Bitte entschuldigen Sie die lange Wartezeit, aber die Benachrichtigung von abgeordetenwatch ist im Büro schlichtweg durchgerutscht und erst jetzt, bei der Überprüfung meines Profils für die 18. WP ist mir aufgefallen, dass eine Antwort an Sie längst überfällig ist.
Das Bundeskabinett hat im Dezember 2012 eine Gesetz beschlossen, wonach eine Beschneidung nur „nach den Regeln der ärztlichen Kunst“ durchgeführt werden darf. Eine gesetzliche Regelung für die Beschneidung zu finden, war richtig und wichtig, denn die betroffenen Eltern brauchen Rechtssicherheit. Die Diskussion ist damit aber sicher noch lange nicht abgeschlossen.
Für mich ist klar, dass jüdisches und muslimisches Leben und deren Kultur fester Bestandteil der Gesellschaft in Deutschland sind und die Beschneidung nicht durch eine fehlende gesetzliche Regelung in die Illegalität gedrängt werden darf. Das Grundgesetz garantiert das Recht auf freie Religionsausübung und macht keinen Unterschied zwischen den Glaubensgemeinschaften. Ebenso wichtig erscheint mit Artikel 6 GG, dass das garantierte Recht der Eltern auf Pflege und Erziehung ihrer Kinder uneingeschränkt erhalten bleibt.
Für diese Debatte und dem daraus folgenden Gesetz ist ein Urteil des Landgerichts Köln verantwortlich, das zu einer erheblichen Verunsicherung unter den bei uns lebenden Juden und Muslimen geführt hatte. Das Gericht hat eine einzig religiös motivierte Beschneidung als rechtswidrige Köperverletzung qualifiziert. Erfolgt die Beschneidung eines Minderjährigen aus medizinischen Gründen, ist sie über die Einwilligung der Eltern gerechtfertigt.
Mit freundlichem Gruß
Martin Burkert