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Frage von Reiner S. •

Frage an Martin Burkert von Reiner S. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Burkert,

mich würde interessieren, wie Sie zu den Aussagen zu "erweiterten Zugangssperren" von Fr. von der Leyen in der Online Ausgabe des Hamburger Abendblattes stehen.

Fr. von der Leyen hat auf die Frage "Warum sperren Sie dann nicht auch Internetseiten, die Nazipropaganda verbreiten oder Gewalt gegen Frauen verherrlichen?" dem Abendblatt auf abendblatt.de geantwortet: "Mir geht es jetzt um den Kampf gegen die ungehinderte Verbreitung von Bildern vergewaltigter Kinder. Doch wir werden weiter Diskussionen führen, wie wir Meinungsfreiheit, Demokratie und Menschenwürde im Internet im richtigen Maß erhalten. Sonst droht das großartige Internet ein rechtsfreier Chaosraum zu werden, in dem man hemmungslos mobben, beleidigen und betrügen kann."

Von der Leyen betonte ferner: "Wo die Würde eines anderen verletzt wird, endet die eigene Freiheit. Welche Schritte für den Schutz dieser Grenzen notwendig sind, ist Teil einer unverzichtbaren Debatte, um die die Gesellschaft nicht herumkommt."

Mit welchem Recht (das Recht der Politik???) will Fr. von der Leyen mir vorschreiben, was ich zu lesen, denken und zu sehen habe? Es wird immer so sein, dass eine Meinung/Auffassung einen anderen verletzt (siehe Diskussion zu den Mohammed-Karikaturen). Nur weil gewisse Vorstellungen und Auffassungen nicht in das Weltbild der Fr. von der Leyen passen, will Sie mir dies ebenfalls verbieten? Dies erweckt schon schwer den Eindruck von Zensur, Missionierung und Bekehrung. Besonders als Politikerin (mit Verantwortung für die GESAMTE Gesellschaft und nicht nur der konservativen Wählerschaft), sollte Fr. von der Leyen sich besser in der Geschichte und den damit verbundenen Folgen auskennen. Ich bin der Meinung, dass dort, wo Meinungsfreiheit und das Recht auch Information so eingeschränkt wird, dass Ende der Demokratie nahe ist!

Mit freundlichen Grüssen
R. Schröppel

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Schröppel,

zunächst möchte ich klarstellen: Alles, was offline verboten ist, ist auch online verboten - beleidigen, verleumden, täuschen, betrügen, handeln mit kinderpornografischem Material. Das Internet ist kein rechtsfreier Raum. Gesetze gelten dort grundsätzlich genau so. Problematisch wird es, weil das Recht national gilt, während das Internet ein "weltweiter Tatort" ist. Praktisch ist eine Strafverfolgung dann schwierig, wenn strafbare Inhalte auf Servern außerhalb Deutschlands liegen.

Festhalten möchte ich auch: Mit der SPD wird es keine Ausweitungen der Sperren für kinderpornografische Internetseiten auf weitere Inhalte geben.

Die Verträge, die Bundesministerin von der Leyen mit den Internet-Providern geschlossen hat, waren aus Sicht der SPD-Bundestagsfraktion rechtsstaatlich höchst problematisch und machten eine gesicherte rechtliche Grundlage und damit ein entsprechendes Gesetzgebungsverfahren notwendig.

Das Kinderpornografiebekämpfungsgesetz regelt eindeutig nur die Zulässigkeit von Sperren bei Seiten mit kinderpornografischen Inhalten. Damit wurde geregelt, dass es sich eindeutig um ein reines Präventionsgesetz in einem besonders gelagerten Fall handelt, das nicht auf andere Inhalte oder Zwecke übertragbar ist.

Die SPD hat im Gesetz zu den Zugangssperren gegen Kinderpornografie das Prinzip "Löschen vor Sperren" durchgesetzt. Das heißt: Die Aufnahme in die Sperrliste des Bundeskriminalamts erfolgt nur, soweit zulässige Maßnahmen, die auf eine Löschung der Internet-Seiten mit kinderpornografischen Inhalten abzielen, keinen Erfolg haben. Das BKA muss also - wenn solches Material auf ausländischen Servern gespeichert ist - zunächst versuchen, bei den dortigen Polizeibehörden die Löschung der Inhalte zu erreichen. Erst wenn das nicht klappt, wird der Zugang zur Seite gesperrt. Damit ist klar: In erster Linie muss es uns gelingen, strafbare Inhalte aus dem Netz zu entfernen, das heißt auf den Servern zu löschen. Den Zugang zu strafbarem Material zu sperren, darf bei Kinderpornografie nur ein Hilfsmittel sein, wenn das Löschen nicht gelingt.

Verkehrs- und Nutzungsdaten, die aufgrund der Umleitung bei der Stopp-Meldung anfallen, dürfen nicht zur Strafverfolgung genutzt werden. Damit wurde auch ausgeschlossen, dass durch fehlgeleitete Spam-Mails die Nutzer/innen einem Ermittlungsverfahren ausgesetzt werden. Außerdem ist eine Speicherung von personenbezogenen Daten bei den Internetprovidern nicht mehr vorgesehen.

Beim Datenschutzbeauftragten des Bundes wird ein unabhängiges Gremium bestellt, dessen Mitglieder mehrheitlich die Befähigung zum Richteramt haben müssen. Das Gremium kontrolliert die Sperrliste des Bundeskriminalamts regelmäßig und kann sie jederzeit einsehen und korrigieren, soweit die Voraussetzungen für eine Sperrung nicht vorliegen. Gegen die Aufnahme in die Sperrliste ist der Verwaltungsrechtsweg gegeben.

Das Gesetz ist auf drei Jahre befristet, so dass in jedem Fall die vorgesehene Evaluation auszuwerten ist, auf deren Basis endgültig entschieden werden kann. Angesichts der Bewertungsergebnisse wird die Frage sein, ob eine Verlängerung des Gesetzes überhaupt angebracht ist.

Ich fasse noch einmal zusammen: Mit dem Spezialgesetz und dem darin verankerten Prinzip "Löschen vor Sperren", dem unabhängigen Expertengremium und vor allem der Begrenzung auf drei Jahre mit vorheriger Evaluation hat die SPD die am bedenklichsten und in ihren Folgen unabsehbaren Auswirkungen der Providerverträge verhindern können.

Mit freundlichen Grüßen

Martin Burkert