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Frage von Christian E. •

Frage an Martin Burkert von Christian E. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Burkert,

zunächst möchte ich einen Hinweis in eigener Sache formulieren:
Ich distanziere mich ausdrücklich davon, Kindesmißbrauch und Kinderpornografie zu befürworten! Ich kämpfe seit Jahren gegen die Produktion und Verbreitung dieser abscheulichen Dokumente und war zunächst Feuer und Flamme für die Novelle des Telemediengesetzes, bis ich den Inhalt einmal genauer betrachtet habe.

Wie stehen Sie zur Novelle des Telemediengestzes in der aktuell vorliegenden Form?
Sind auch sie der Meinung, dass ein (auch für Laien leicht zu umgehendes, vorgehangenes "Stoppschild") ein wirkungsvoller Schutz gegen die Produktion und Verbreitung von Kinderpornografie ist?
Das Haus eines Kinderporno-Händlers würde die Polizei ja auch nicht nur mit einem Vorhang verhüllen. Ein Stoppschild mit der Aufschrift "Tatort! Eintritt verboten!” vor dem Haus aufzustellen, während hinter dem Vorhang alles weitergeht wie zuvor, ist keine Verbrechensbekämpfung, oder..?
Auf die Risiken und den nicht vorhandenen Nutzen eines solchen Gesetzes hat nicht zuletzt der wissenschaftliche Dienst im Bundestag ausdrücklich ingewiesen!

Sind auch sie der Meinung, dass das BKA alleine dazu ermächtigt werden soll, gleichzeitig Kläger und Richter, vorbei an der Gewaltenteilung, zu sein und ohne jegliches Kontrollorgan Sperrlisten erstellen darf?

Wie stehen sie zu der ePetition "Internet - Keine Indizierung und Sperrung von Internetseiten", die inzwischen fast 85.000 besorgte Unterstützer gewinnen konnte? Halten auch Sie all´ diese menschen für potentielle Kinderschänder?

Ich persönlich habe ANGST davor, was in Zukunft so alles auf dieser unkontrollierbaren Sperrliste landen kann und wird!

1961 wurde der Satz geprägt "Niemand hat die Absicht, eine Mauer zu errichten" - ich bete dafür, dass sich die deutsche Geschichte nicht wiederholt!

Ich bitte Sie darum, sich ausführlich mit diesem Thema auseinanderzusetzen und erst dann Ihre Stimme für oder gegen die Novelle abzugeben.

Hochachtungsvoll,

Christian Eberle

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Eberle,

vielen Dank für Ihre Anfrage auf abgeordnetenwatch.de zum Thema Internetsperren.

Ich habe in der vergangenen Sitzungswoche dem Gesetz zugestimmt. Ich halte die von der SPD erreichten Veränderungen an dem Gesetz für so substantiell, dass man trotz anfänglicher Bedenken, die auch ich geteilt habe, guten Gewissens zustimmen konnte.

1. Verankerung des Prinzips: Löschen vor Sperren
Die Aufnahme in die Sperrliste des BKA erfolgt nur, so weit zulässige Maßnahmen, die auf eine Löschung der Internet-Seiten mit kinderpornografischen Inhalten abzielen, keinen Erfolg haben.

2. Kontrolle der BKA-Liste und Rechtsschutz für die Betroffenen
Beim Datenschutzbeauftragten des Bundes wird ein unabhängiges Gremium bestellt, dessen Mitglieder mehrheitlich die Befähigung zum Richteramt haben müssen. Das Gremium kontrolliert die BKA-Liste regelmäßig und kann sie jederzeit einsehen und korrigieren, soweit die Voraussetzungen für eine Sperrung nicht vorliegen. Gegen die Aufnahme in die Sperrliste ist der Verwaltungsrechtsweg gegeben.

3. Datenschutz
Das Gesetz dient ausschließlich der Prävention. Verkehrs- und Nutzungsdaten, die aufgrund der Zugangserschwerung bei der Umleitung auf die Stopp-Meldung anfallen, dürfen nicht für Zwecke der Strafverfolgung verwendet werden. Damit wird verhindert, dass Empfänger von fehlgeleiteten Spam-Mails einem Ermittlungsverfahren ausgesetzt werden. Zudem ist keine Speicherung personenbezogener Daten bei den Internetprovidern mehr vorgesehen.

4. Spezialgesetzliche Regelung mit Befristung
Zur eindeutigen Klarstellung, dass nur eine Sperrung von Internetseiten mit Kinderpornografie ermöglicht wird, nicht jedoch von anderen Inhalten, werden die wesentlichen Regelungen in einem neuen Zugangserschwerungsgesetz statt im Telemediengesetz verankert. Das Gesetz tritt automatisch zum 31. Dezember 2012 außer Kraft, so dass in jedem Falle die vorgesehene Evaluation auszuwerten ist, auf deren Basis endgültig entschieden werden kann. Zusätzlich wurde eine Bestimmung aufgenommen, die ausschließt, dass die neu geschaffene Infrastruktur zur Durchsetzung zivilrechtlicher Ansprüche genutzt werden kann.

Mit diesen Änderungen werden die wesentlichen Forderungen des Bundesrates sowie der Experten aus der Bundestagsanhörung berücksichtigt. Zudem wurde den Bedenken aus der Netz-Community Rechnung getragen, mit dem Gesetz würde eine Infrastruktur aufgebaut, die zu anderen Zwecken als der Sperrung kinderpornografischer Inhalte genutzt werden könnte. Dies wird durch das Gesetz gerade ausgeschlossen! Ohne das Gesetz hingegen blieben die bereits abgeschlossenen Verträge zwischen BKA und Internetprovidern über Sperrmaßnahmen gültig, die keinen hinreichenden Grundrechtsschutz und verfahrensrechtliche Sicherungen beinhalten. Mit der neuen gesetzlichen Regelung bekämpfen wir nicht nur die Verbreitung kinderpornografischer Inhalte im Internet, sondern schützen zugleich Internetnutzer, sichern rechtsstaatliche Grundsätze und ermöglichen ein transparentes Verfahren.

Ich weiß, dass dieser Kompromiss nicht alle zufrieden stellen wird, die sich gegen jede Einschränkung des freien Internetverkehrs gewehrt haben. Die Netz-Community hat aber in kurzer Zeit viel erreicht: Wir haben gesehen, wie Online-Petitionen ein wichtiges Gesetzesprojekt konstruktiv begleiten und beeinflussen können.
Der Missbrauch des Gesetzes für andere Zwecke ist nun ausgeschlossen! Die Nutzer des Internets sind vor ungerechtfertigter Strafverfolgung geschützt und die Überprüfung der Regelung bis Ende 2012 ist durch die Befristung sichergestellt. Das ursprüngliche Ziel des Gesetzes bleibt aber bestehen, nämlich die Verbreitung von kinderpornographischem Material im Internet so wirksam wie möglich zu bekämpfen. Deshalb habe ich dem Gesetz zugestimmt.

Mit freundlichen Grüßen

Martin Burkert