Frage an Martin Börschel von H. Josef O.
Sehr geehrte Herr Börschel,
die Bundeswehr wirbt an Schulen und sogar Kindertagesstätten in Nordrhein-Westfalen um Nachwuchs für die kämpfende Truppe der Bundeswehr. Obwohl Jugendliche mit 17 Jahren weder Auto fahren noch wählen dürfen, können Sie sich bei der Bundeswehr verpflichten. Dies erscheint mir nicht richtig, da Auftrag der Schule ist, Kinder und Jugendliche zu einem friedfertigen und kooperativen Verhalten zu erziehen.
Auch in Nordrhein-Westfalen gibt es eine Kooperationsvereinbarung zwischen der Bundeswehr und dem Kultusministerium, die der Bundeswehr den Zugang zu den Schulen ermöglicht.
Ich möchte von Ihnen gerne wissen, welche Meinungen sie zu diesem Themenkomplex haben.
Sind sie bereit, auf eine zukünftige Landesregierung einzuwirken, diese Kooperation mit der Bundeswehr zu beenden?
Gerade im Hinblick auf das Glück, seit mehr als 70 Jahren keinen Krieg mehr in Deutschland gehabt zu haben, frage ich sie ebenfalls: Sind Sie bereit, die friedenspolitische Erziehung durch die Schule zu stärken und Kinder und Jugendliche zur gewaltfreien Lösung von Konflikten zu erziehen?
Mit freundlichen Grüßen
Josef O.
Sehr geehrter Herr O.,
herzlichen Dank für Ihre Anfrage. Sie haben völlig Recht, die beispiellose Phase von 70 Jahren Frieden in Deutschland und in Westeuropa anzusprechen. Sie ist auch aus meiner Sicht eine nicht hoch genug einzuschätzende Errungenschaft der Nachkriegsordnung, die maßgeblich auf die europäische Zusammenarbeit sowie zu dem entsprechenden Anteil auch auf die besonnene Außenpolitik der Bundesrepublik Deutschland in den vergangenen Jahrzehnten zurückgeht. Hier zählt sicherlich auch der schon im Grundgesetz verankerte Ansatz, die Bundeswehr in erster Linie als Verteidigungsarmee zu verstehen.
In Bezug auf die von Ihnen angesprochene Kooperation zwischen Bundeswehr und Schulen gilt: Wir als SPD stehen zur geltenden Kooperationsvereinbarung zwischen Land und Bundeswehr. Jugendoffiziere der Bundeswehr können, genauso wie auch Vertreterinnen und Vertreter anderer Institutionen sowie Organisationen der Friedensbewegung, im Rahmen von schulischen Bildungsveranstaltungen Schülerinnen und Schüler über die zur Friedenssicherung möglichen Instrumente der Politik und die Aufgabenstellung der Bundeswehr informieren.
Dabei ist aber von zentraler Bedeutung, dass sie nicht für Tätigkeiten innerhalb der Bundeswehr werben dürfen. Auch die Bundeswehr selbst betont gegenüber dem Schulministerium: „Der immer wiederkehrende Vorwurf, Jugendoffiziere würden Nachwuchswerbung betreiben, war auch im Berichtszeitraum ein Diskussionsgegenstand (…). Die Jugendoffiziere haben jederzeit klar kommuniziert, dass sie ausschließlich Referentinnen und Referenten für militärische und sicherheitspolitische Grundsatzfragen im Sinne der offiziellen Sicherheits- und Verteidigungspolitik der Bundesrepublik Deutschland sind.“
Aus dem aktuellen Sachstandsbericht der Schulministerin geht hervor, dass im Schuljahr 2015/16 im Rahmen der Vorträge der Jugendoffizieren die inhaltlichen Schwerpunkte der Diskussion beim so genannten Islamischen Staat, der Flüchtlingssituation und den Einsätzen in Mali und Afghanistan lagen. Außerdem wurde die Simulation „Politik und internationale Sicherheit (POL&IS)" angeboten. Auch die Rolle der NATO und der EU standen im Zentrum des Interesses seitens der Schülerinnen und Schüler.
Mit freundlichen Grüßen
Martin Börschel