Frage an Martin Börschel von Bertram D. bezüglich Bildung und Erziehung
Hallo Martin (als SPD-Mitglied bleibe ich mal beim Vornamen),
als enttäuschtes SPD-Mitglied habe ich der Partei meine Stimme bei den letzten beiden Wahlen bereits versagt und werde dies vermutlich auch bei der kommenden Landtagswahl tun. Dennoch möchte ich einige Fragen stellen:
1: Die SPD hat 43 Jahre das Land regiert, zuletzt wurden Stellen in der Bildung gestrichen. Rüttgers hat hier tatsächlich mehr als 8000 Stellen geschaffen, wenngleich auch nicht alle besetzt. Wieso sollte man der SPD nun glauben, dass sie die Dinge in der Bildung jetzt plötzlich anders/besser macht als 43 Jahre lang? Ist für die SPD die Wichtigkeit von Bildung erst in der Oppositionszeit der letzten vier Jahre klar geworden?
2: Aufgrund des Wahlbetrugs 2005 (Rente mit 67, MwSt-Erhöhung) hat die SPD ein massives Glaubwürdigkeitsproblem. Wie konkret möchtest du als Landtagsabgeordneter dich dafür einsetzen, dass der kölsche Klüngel nicht wieder neu entflammt? Dass der Bürger in Köln direkter in demokratische Prozesse, z.B. Bürgerentscheide einbezogen wird?
3: Wann wird im Landtag und später im Bundestag endlich mal über die Scheinselbstständigkeit gesprochen, die 1000e Selbstständige (Handels- und Versicherungsvertreter) finanziell erheblich benachteiligt und teilweise existenziell bedroht?
4: In Köln werden seit Jahren mehr Bäume gefällt als neu gepflanzt. Dies widerspricht den Gesetzen, nachdem die Kommune dazu verpflichtet ist, für jeden gefällten Baum einen neuen zu pflanzen. Als Privatbürger hätte man hier mit empfindlichen Bußgeldern zu rechnen, würde man mal eben einen Obstbaum ohne Genehmigung im eigenen Garten fällen. Die Stadt Köln hingegen ruft zu Spenden auf, pflanzt seit Jahren weniger nach als sie fällt und gibt dies sogar offen auf der Homepage der Stadt zu. Warum erfolgen hier keine Sanktionen? Wirst du als Abgeordneter dafür sorgen, dass die Stadt Köln sich an bestehende Gesetze hält und falls ja, wie konkret wird dein Engagement zu diesem Fall aussehen?
Lieber Bertram Dubberke,
zu Frage 1
Für gerechte Bildungschancen brauchen wir eine andere Schul- und Lernkultur. Ein gutes Bildungssystem muss junge Menschen auf lebenslanges Lernen vorbereiten. Es muss Neugier und Motivation wecken und erhalten, die Kinder und Jugendlichen zu Kritikfähigkeit erziehen und hierdurch starke Persönlichkeiten schaffen. Lernen muss in einem Klima stattfinden, das zum Mitmachen einlädt. Mitbestimmung, Mitverantwortung und Mitgestaltung müssen tragende Eleme,nte unserer Bildungseinrichtungen sein. Lernen unter Druck, das in immer stärkerem Ausmaß Nachhilfe nötig macht und die Eltern viel Geld kostet, lehnen wir ab. Ein gutes Bildungssystem fördert, fordert und schließt niemanden aus.
zu Frage 2
Wir werden die direkte Demokratie in unserem Land stärken. Wir wollen es den Initiativen - wie in vielen anderen Bundesländern üblich - ermöglichen, die benötigten Unterschriften für ein Volksbegehren frei zu sammeln. Die dafür gesetzte Frist von acht Wochen nach Anmeldung des Begehrens werden wir auf zwölf Wochen ausweiten. Außerdem wollen wir Volksbegehren und Volksentscheide auch auf Bundesebene ermöglichen und dabei die Erfahrungen in den Ländern berücksichtigen.
zu Frage 3
Für die rechtlichen Rahmenbedingungen der sog. Scheinselbstständigkeit ist - wie Du selbst schreibst - der Deutsche Bundestag als Gesetzgeber zuständig. Dennoch waren in der Vergangenheit die Auswirkungen dieser Problematik schon Gegenstand im zuständigen Fachausschuss des Landtages und werden es gewiss auch in Zukunft sein.
zu Frage 4
Die Gründe für notwendige Baumfällungen im Kölner Stadtgebiet sind höchst unterschiedlich. Vielerorts müssen die Bäume einer Baumaßnahme weichen. In der Mehrzahl der Fälle sind die Fällungen aber erforderlich, weil die Bäume selbst wegen Stamm-, Kronen- und Wurzelschäden angegriffen sind und eine Gefahr für die Verkehrssicherheit (z.B. durch Windbruch) darstellen. Im Jahr 2009 mussten aus diesen Gründen insgesamt 481 Bäume gefällt werden, davon in der Mehrzahl Straßenbäume.
170 Bäume konnten an gleicher Stelle, weitere 189 Bäume in unmittelbarer Nähe nachgepflanzt werden. Für die übrigen Bäume werden Ersatzpflanzungen an anderen geeigneten Standorten im jeweiligen Stadtteil erfolgen, da entweder durch dichten Baumbestand Konkurrenzdruck vorhanden ist, Baumstandorte vor Garagenzufahrten liegen, der Abstand zu Mauern, Häusern oder Ampeln zu gering ist oder wegen einer Stromtrasse Nachpflanzungen nicht möglich sind. In der Tat besteht hinsichtlich des Erhalts und Ausbaus unseres städtischen Baumbestandes erheblicher Nachholbedarf.
SPD und Grüne haben deshalb bereits im Doppelhaushalt 2008/2009 zusätzliche finanzielle Mittel bereitgestellt, durch die im Frühjahr 2010 weitere 176 Ersatzpflanzungen im Straßenraum ermöglicht werden können. Die erforderlichen Arbeiten hierzu wurden auch bereits aufgenommen.
Zeitgleich arbeitet die Stadtverwaltung auf Basis eines Antrags der Fraktionen SPD und Bündnis 90/Die Grünen im Umweltausschuss vom 18.06.2009 an einem „Straßenbaumkonzept für Köln“. Die Verwaltung ist aufgefordert, konkrete Zeit-Maßnahmenpläne zur Umsetzung eines modernen Straßenbaumkonzeptes vorzulegen. Im Rahmen der Untersuchung sollen insbesondere auch Straßenzüge aufgezeigt werden, in denen zusätzliche Baumpflanzungen realisiert werden können.
Straßenbäume habe eine wichtige ökologische Funktion für eine Millionenstadt wie Köln. Sie wandeln Kohlendioxid in Sauerstoff um, filtern Schadstoffe aus der Luft, mindern Verkehrslärm und wirken auf natürliche Weise den Auswirkungen des Klimawandels entgegen. Im Sommer spenden sie Schatten und sorgen für ein erträgliches Stadtklima. Sie tragen wesentlich zu einem angenehmen Wohnumfeld und zur Aufenthaltsqualität bei.
Eine kürzlich erschienene Studie im Auftrag des Ministeriums für Umwelt, Natur, Landschafts- und Verbraucherschutz (MUNLV) des Landes NRW stellt fest, dass die Auswirkungen des Klimawandels besonders in den Großstädten Nordrhein-Westfalens zu vermehrten Hitzewellen in den Sommermonaten führen werden. Der Sommer 2003 zeigte anschaulich, was zukünftig häufiger in unseren Breitengraden auf uns zukommen wird.
Vor diesem Hintergrund ist der Erhalt und die Entwicklung des Kölner Straßenbaumbestandes von großer Bedeutung. Gleichzeitig muss aber auch festgestellt werden, dass vor allem Bäume in den Stätten unter den Folgen des Klimawandels zu leiden haben. Abnehmende Niederschläge und erhöhte Sonneneinstrahlung werden die Vitalität der Bäume weiter beeinträchtigen. Daher werden sich neue Schadorganismen wie z.B. Massaria und Kastanienminiermotte weiter ausbreiten können. Dies führt bereits in den letzten Jahren merklich dazu, dass zunehmend krankhafte Bäume absterben und nicht mehr gerettet werden können.
Das zu erarbeitende Straßenbaumkonzept soll deshalb auch Ansätze zur Verbesserung der Standortqualitäten und zur Erhöhung der Artenvielfalt aufzeigen.
Herzliche Grüße
Martin Börschel