Wie haben sie beim Parteitag zu Lützerath abgestimmt? Was tun sie, um die Räumung des Dorfes zu verhindern und das Pariser Klimaabkommen einzuhalten?
Sehr geehrte Frau Schönberger,
Ich und einige meiner Freund*innen haben sie bei der letzten Bundestagswahl gewählt in der Hoffnung, dass sie ökologische und linke Politik durchsetzen. Nachdem sie nun schon für dei Laufzeitverlängerung von AKWs gestimmt haben, schwindet langsam das Vertrauen. Wie haben sie auf dem Parteitag der Grünen bezüglich Lützerath gestimmt. Was tun sie um die Räumung des Dorfes zu verhindern? Wie denken sie, kann das Pariser Klimabakommen so noch eingehalten werden.
Sehr geehrter Herr T.,
vielen Dank für Ihre Nachricht und das entgegengebrachte Vertrauen bei der letzten Bundestagswahl. Meine Fraktion und ich setzen uns auf allen Ebenen dafür ein, vereinbarte Klimaziele auch zu erreichen. Dazu zählt auch das Pariser Klimaabkommen. Daher bedauere ich das Abbaggern der Kohle und den Verlust Lützeraths sehr.
Ich bin und war klar gegen das Abbaggern der Kohle in Lützerath. Auch die Bilder und Berichte von massiver Polizeigewalt sowie Verletzten bei der Räumung und Demos waren für mich sehr schockierend. Am 1.12. haben wir im Bundestag über die Änderung des Kohleverstromungsbeendigungsgesetzes abgestimmt. Zur Abstimmung stand dabei, den Kohleausstieg in Westdeutschland von 2038 auf das Jahr 2030 vorzuziehen – wodurch 280 Millionen Tonnen Kohle im Boden bleiben konnten. Zudem wurde im Gesetz verankert, dass die Dörfer und Höfe Keyenberg, Kuckum, Oberwestrich, Unterwestrich, Berverath, Eggeratherhof, Roitzerhof und Weyerhof erhalten bleiben. Dieser Gesetzesänderung habe ich zugestimmt, weil es unverantwortlich wäre, die Chance, diese Dörfer zu retten, nicht zu ergreifen.
Egal wie ich abgestimmt hätte - ja, nein oder Enthaltung - es hätte rechtlich nichts an der Situation in Lützerath geändert. Denn es stand keine Option zur Abstimmung, die etwas an der rechtlichen Lage in Lützerath geändert hätte. Die Bewirtschaftung des Tagebau Garzweiler II basiert auf geltendem Recht des Landes Nordrhein-Westfalen. Die Räumung und die entsprechenden polizeilichen Maßnahmen werden ebenfalls vom Land NRW verantwortet.
Die Grünen haben dafür gekämpft, dass der Erhalt von Lützerath in den Koalitionsvertrag kommt. Politische Unterstützung von FDP und SPD gab es dafür nicht. Es mangelte also vor allem an politischen Mehrheiten, den Erhalt von Lützerath in gesetzliche Änderungen zu überführen. Leider besteht diese Schwierigkeit auch bei vielen anderen Themen wie aktuell dem Gebäudeenergiegesetz, das durch fehlende Mehrheiten für unsere Ideen nun in abgeschwächter Form kommen wird. Die ständige Kompromisssuche macht es uns Grünen sehr schwer, Klimaschutz so konsequent umzusetzen, wie wir es uns wünschen würden. Trotzdem gibt es einige Erfolge zu verzeichnen, z.B. die EEG-Reform, die einen dreimal schnelleren Ausbau der erneuerbaren Energien ermöglicht. Trotzdem reicht das, was wir aktuell machen, nicht aus - es muss viel mehr geschehen, um das Pariser Klimaabkommen noch einzuhalten. Dafür kämpfe ich gemeinsam mit meiner Fraktion.
Bezüglich Ihres Hinweises auf die AKW-Laufzeitverlängerung: Es war ein schwerer Schritt, für den notfallmäßigen Reservebetrieb der Meiler ISAR-2 und Neckarwestheim bis Mitte April 2023 zu stimmen. Meiner Meinung nach war diese Entscheidung jedoch aufgrund der Sondersituation der drohenden Energiekrise notwendig. Für den Weiterbetrieb des AKW Emsland gab es keine sachlichen Gründe und ich bedaure, dass dies nach der Entscheidung des Bundeskanzlers dennoch weiterlief. Mittlerweile ist der Atomausstieg vollzogen – das ist in großen Teilen eine Grüne Errungenschaft.
Ich hoffe, Ihre Fragen ausreichend beantwortet zu haben!
Mit freundlichen Grüßen
Marlene Schönberger