Frage an Marlene Mortler von Hermann L. bezüglich Soziale Sicherung
Sehr geehrte Frau Mortler,
wie stehen Sie zu dieser "Förderung" der so hoch gepriesenen "privaten Altersversorgung"?
Im NACHHINEIN und unter Verletzung jeglichen Vertrauensschutzes wurde ab 1.1.2004 bei gesetzlich Versicherten die Direktversicherung der Krankenversicherungspflicht unterworfen - MIT VOLLEM BEITRAGSSATZ !! Nicht nur ich empfinde das als eine große Ungerechtigkeit!
Beispiel:
Ein Arbeitnehmer erwartet einen Auszahlungsbetrag aus einer Direktversicherung (als Private Altersvorsorge gedacht!!): 30.000 €
Krankenversicherungsbeitrag: 14,6 % = 4.380 € (weil der Arbeitnehmer den VOLLEN KV-Beeitrag entrichten muss!!!)
Pflegeversicherungsbeitrag: 2,55 % = 765 €
Dieser wird aufgeteilt über 120 Monate (10 Jahre) pro Monat zusammen: 42,88 €
Ca.17% des Auszahlungsbetrages werden jetzt durch die gesetzlichen Krankenkassen von den RENTNERN kassiert.
Der Verein" Direktversicherungsgeschädigte e.V. (DVG e.V)"
https://www.dvg-ev.org/ findet das SKANDALÖS. Er kümmert sich um 6,3 Mio Geschädigte (Anmerkung: Wähler!) - darunter auch viele aus unserem Landkreis!
Was den normalen Arbeiter/Angestellten hier sehr schmerzlich trifft, lässt den privat Versicherten sowie und Beamte/Pensionäre unbekümmert. Das kann und darf nicht sein.
Ich hoffe, Sie verstehen diese Ungerechtigkeiten und mein Hinweis dazu findet Gehör ... vor allem in Wahlkampfzeiten.
Werden Sie bei einer Wiederwahl für die Beseitigung dieser Ungerechtigkeit eintreten???
Aber bitte auch rückwirkend - so wie der Gesetzgeber bisher gehandelt hat!
Im voraus vielen Dank für jegliche Unterstützung und eine kurze und evtl. positive Nachricht.
Sehr geehrter Herr L.,
haben Sie vielen Dank für Ihre Anfrage über die Plattform abgeordentenwatch.de.
Seit dem 1. Januar 2004 wird der volle Beitragssatz auf Versorgungsbezüge aus der betrieblichen Altersvorsorge angewendet. Wiederkehrende Versorgungsbezüge aus der betrieblichen Altersvorsorge pflichtversicherter Rentner unterliegen bereits seit dem Rentenanpassungsgesetz 1982 der Beitragspflicht. Damit wurden auch bestehende Umgehungsmöglichkeiten beseitigt. Zuvor waren Beiträge auf Kapitalabfindungen nur zu zahlen, wenn sie an die Stelle eines schon fälligen Versorgungsbezugs, also nach Eintritt des Versicherungsfalls, traten. Wenn der Anspruch auf die Kapitalleistung vor Eintritt des Versicherungsfalls zugesichert wird bzw. die einmalige Leistung von vornherein als solche vereinbart oder zugesagt worden war, mussten keine Beiträge bezahlt werden. Diese Regelungslücke haben damals Versicherte genutzt, um Beiträge zu vermeiden. Diese Umgehungsmöglichkeit wurde mit dem GKV-Modernisierungsgesetz (GMG) beendet.
Die Maßnahmen hatten aber auch den Hintergrund, dass die eigenen Beitragszahlungen der Rentner nur gut 43 Prozent ihrer Leistungsausgaben in der Krankenversicherung ab-deckten. Es war daher ein Gebot der Solidarität der Rentner, insbesondere mit den übrigen Erwerbstätigen, den Anteil der Finanzierung der Leistungen durch die Erwerbstätigen nicht noch höher werden zu lassen.
Es wurde deutlich, dass wir ein Gesundheitswesen haben, das allen Versicherten eine moderne und gute Versorgung zur Verfügung stellt. Um dies auch trotz des demografischen Wandels und des medizinischen Fortschritts zu gewährleisten, wird der heutigen Generation von Beitragszahlern aber ein größerer Solidarbeitrag für die heute älteren Versicherten ab-verlangt als den vorangegangenen Generationen. Die Beitragseinnahmen aus den Versorgungsbezügen belaufen sich derzeit auf ca. 5,2 Mrd. Euro, wobei ein Großteil auf den Bereich der betrieblichen Altersvorsorge entfällt. Bei einer Abschaffung oder Minderung der Beitragspflicht für diesen Bereich müssten die damit verbundenen Mindereinnahmen durch einen noch größeren Solidarbeitrag der übrigen Beitragszahler aufgefangen werden. Mit Blick auf das Gebot der Solidarität und die Generationengerechtigkeit ist dies nicht zu recht-fertigen. Ältere Versicherte erhalten heute aufgrund des medizinischen Fortschritts eine spürbar qualifiziertere Gesundheitsversorgung als die von ihnen mitfinanzierten vorangegangenen Generationen. Und das, obwohl der Finanzierungsanteil der Rentner an den von ihnen verursachten Ausgaben – nach einem zwischenzeitlichen Anstieg – wieder auf jenes Niveau gesunken ist, aufgrund dessen die kritisierten Maßnahmen ergriffen wurden.
Die vorgetragene Kritik, dass es zu einer Doppelverbeitragung komme, verkennt Folgendes: Der Grundsatz der Einmalveranlagung, wie er im Steuerrecht besteht, findet im Sozialversicherungssystem der gesetzlichen Krankenversicherung keine Anwendung. Dies liegt am Solidarprinzip. Ein Bestandteil dieses Prinzips ist, dass die Beiträge der Mitglieder entsprechend ihrer wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit erhoben werden. Die Beitragserhebung in der gesetzlichen Krankenversicherung ist für die pflichtversicherten Arbeitnehmer auf die berufsbezogenen Einkünfte maximal bis zur Beitragsbemessungsgrenze nach Maßgabe eines einheitlichen Tarifs beschränkt. Das Mitglied hat aufgrund der Zahlung des Beitrags ab dem ersten Tag einen vollumfänglichen Versicherungsschutz durch die GKV. Dieser Versicherungsschutz besteht nicht nur während der Erwerbstätigkeit, sondern wird auch im Ruhe-stand weiter gewährt. Er wird durch Beiträge finanziert, die wiederum nach den erwerbsbezogenen Einkünften bemessen werden. Bei Rentnern sind das die vergleichbaren Einnahmen in Form von Versorgungsbezügen. Darunter fallen auch Einnahmen, die aus einer vom Arbeitgeber für den Arbeitnehmer abgeschlossenen Direktversicherung gezahlt werden, wenn sie die Versorgung des Arbeitsnehmers oder seiner Hinterbliebenen im Alter, bei Invalidität oder Tod bezwecken, sie also der Sicherung des Lebensstandards nach dem Aus-scheiden des Arbeitnehmers aus dem Erwerbsleben dienen sollen.
Auch der Vorwurf, es sei gegen den Grundsatz des Vertrauensschutzes verstoßen worden, ist unzutreffend. Mit dem GMG wurden Veränderungen mit Wirkung für die Zukunft vorgenommen. Da das System der gesetzlichen Krankenversicherung bereits seit langem unter erheblichem Kostendruck steht und es daher auch immer wieder Bemühungen des Gesetz-gebers auf Einnahmen- und Ausgabenseite gibt, auf diese Entwicklung zu reagieren, konnten und können Versicherte – auch nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichts – nicht auf den Fortbestand privilegierender Vorschriften vertrauen. So mussten und müssen auch Rentner ihren Beitrag zur Erhaltung der Stabilität der gesetzlichen Krankenversicherung leisten und damit jüngere Krankenversicherte von der Finanzierung des höheren Aufwands für die Rentner entlasten. Dazu werden sie entsprechend ihres Einkommens zur Finanzierung herangezogen. Vor diesem Hintergrund hat auch das Bundesverfassungsgericht keinen Verstoß gegen den rechtsstaatlichen Grundsatz des Vertrauensschutzes erkennen können. Vielmehr hat es zum Ausdruck gebracht, dass die Versicherten, nachdem der Gesetzgeber bereits mit dem Rentenanpassungsgesetz 1982 die laufenden Versorgungsbezüge in die Beitragspflicht einbezogen hatte, dem Fortbestand der Rechtslage nicht uneingeschränkt vertrauen konnten.
Eine Expertenanhörung des Ausschusses für Gesundheit im Deutschen Bundestag hat sich am 27. Januar 2016 ausführlich mit der Problematik der vollen Krankenversicherungsbeiträge auf Versorgungsbezüge, wie z. B. Betriebsrenten, und auf Direktversicherungen befasst. Die Arbeitsgruppen Gesundheit sowie Arbeit und Soziales der CDU/CSU-Bundestagsfraktion im Deutschen Bundestag haben sich im letzten Jahr nochmals intensiv des Themas angenommen. Derzeit erfolgt eine erneute Überprüfung der Belegung von Lebens- und Rentenversicherungsleistungen mit Steuern und Sozialabgaben, soweit die Lebens- und Rentenversicherungsbeiträge aus dem Netto-Einkommen der Versicherten gezahlt wurden, mit dem Ziel, eine Doppelbelastung zu unterbinden. Diese Prüfung, insbesondere wegen der großen finanziellen Auswirkungen auf die gesetzliche Krankenversicherung und die soziale Pflege-versicherung, dauert noch an.
Ich hoffe Ihnen mit diesen Ausführungen und Informationen geholfen zu haben.
Mit freundlichen Grüßen
Marlene Mortler