Frage an Marlene Mortler von Susanne G. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrte Frau Mortler,
vor kurzem habe ich ein sehr interessantes Interview von „Jung und naiv“ mit Ihnen verfolgt und freue mich sehr über Ihr Engagement als neue Drogenbeauftragte.
Am meisten hat mich Ihr Satz angesprochen, dass Sie es cool finden, wenn man (zu Drogen) „nein“ sagt. Das finde ich nämlich auch, denn das deutet auf unsere innere Reife und starken Charakter hin.
Unseren traditionellen Volksdrogen, Alkohol und Nikotin, sogar dem Koffein habe ich bereits vor mehreren Jahren abgesprochen. Nun bin ich aber ziemlich frustriert, dass ich keine Möglichkeit habe, „nein“ zu Heroin, Haschisch, oder Crystal Meth, zu sagen, weil sie illegal sind!
Ich fühle mich übers Ohr gehauen und so, als wäre mir mein starker Charakter aufgezwungen oder einfach so hineingeredet. Ich fühle mich irritiert und enttäuscht, dass man mir, einem erwachsenen, mündigen Menschen eine Entscheidung abnimmt. Ich fühle mich beraubt.
Meine Fragen an Sie: Wie soll ich mit meinen Gefühlen umgehen, jetzt, wo die ganze Welt über Drogenlegalisierung spricht? Und wie sehen Sie eigentlich die Tatsache, dass Straßburg schon längst grünes Licht zum Beenden der Drogenprohibition gegeben hat und bei uns bleibt alles beim Alten? Gehört denn Deutschland nicht zu Europa? Betrifft uns das nicht?
Mit freundlichen Grüßen
Susanne Gruschka
Sehr geehrte Frau Gruschka,
vielen Dank für Ihre Email vom 03.08.2014. Da mich sehr viele Anfragen erreichen und ich alle Emails und Briefe selbstverständlich mit Sorgfalt behandle, ist es nicht immer möglich zeitnah zu antworten.
In Bezug auf die von Ihnen angesprochene Drogenlegalisierung wie von z. B. Cannabis ist keine Aufhebung des Cannabisverbots geplant. Auch neuere Studien haben Cannabis nicht als unbedenklich bewertet, vielmehr wird auf eine Reihe akuter und langfristiger Risiken des Cannabiskonsums hingewiesen. Die Gefährlichkeit des Cannabiskonsums wird in den letzten Jahren sogar eher höher eingeschätzt als früher. Die Gesundheitsgefahren des Cannabismissbrauchs gerade bei Jugendlichen und Heranwachsenden sind medizinisch erwiesen.
Ich möchte ausdrücklich darauf hinweisen, dass bei den ambulanten Drogenberatungsstellen der Anteil von Klienten zunimmt, die wegen eines Cannabisproblems in die Behandlung kommen. Es sind zur Zeit mehr als 35% derjenigen, die wegen Drogenproblemen ambulant behandelt werden. Bei den Personen, die das erste Mal in Suchtbehandlung sind, liegt der Anteil der Cannabisfälle bei 58%. Im Übrigen wird Cannabis häufig zusammen mit anderen Suchtmitteln (wie z.B. Ecstasy und Alkohol) konsumiert.
Die Bundesregierung sieht derzeit keine Veranlassung, ein Freigabesignal für eine berauschende Substanz zu geben. Sie wird darin von der internationalen Gemeinschaft, der Weltgesundheitsorganisation und dem hierfür zuständigen Internationalen Suchtstoffamt (INCB) bestärkt. Auch wenn ein Schwarzmarkt nicht gänzlich überwacht werden kann, trägt ein Verbot dazu bei, die Griffnähe von psychoaktiven Substanzen zu verringern.
In der Schweiz oder den Niederlanden ist Cannabis nach wie vor verboten, wenn auch die Zugänglichkeit in speziellen Abgabestellen bzw. Coffeeshops toleriert wird.
Dennoch kann nicht von einer Kriminalisierung der Konsumenten gesprochen werden, denn der Eigenkonsum geringer Mengen wird in der Regel nicht strafrechtlich verfolgt. Unser Grundgesetz gewährt kein Recht auf Rausch. Im Übrigen bin ich der Auffassung, dass es meine Aufgabe ist, die Gesundheit der Bürger, vor allem junger Menschen, zu schützen und zu fördern.
Mit freundlichen
Marlene Mortler
Drogenbeauftragte der Bundesregierung