Frage an Markus Tressel von Alina L. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Hr. Tressel,
Wir, die Schüler des Max-Delbrück-Gymnasiums aus Pankow, befassen uns mit dem Thema E-Partipationen in der Demokratie. Wir waren begeistert davon, dass es die Möglichkeit gibt, über das Internet zu wählen sowie mit Hilfe des Petitionsrechts einen direkten Weg zum Parlament zu haben.
Folglich ist unsere Frage: Glauben sie, dass mehr Demokratie durch die Neuen Medien ermöglicht wird?
Wir würden uns über eine baldige Antwort freuen,
Mfg. Alina und Vici
Demokratie und Social Media
Euer Schreiben vom 24.01.2013
Liebe Alina, Liebe Vici,
liebe Schülerinnen und Schüler,
vielen Dank für Eure Fragen. Ich freue mich, dass ihr euch für die Arbeit des Deutschen Bundestages und insbesondere für Digitalisierung interessiert. Denn für eine lebhafte Demokratie ist „Fragen stellen“ und „sich einmischen“ sehr wichtig. Indem ihr Eure Fragen über abgeordnetenwatch.de gestellt habt, habt ihr schon selbst einen wunderbaren Beweis geliefert, dass Neue Medien Chancen für eine echte Demokratie bergen. Wir als Grüne, machen uns von jeher für eine vielfältige Diskussion stark. Basisdemokratie und einfache Beteiligung stehen quasi in unserer Geburtsurkunde. Die Partei hat beispielsweise jüngst ihr Spitzdenduo für den Bundestagswahlkampf per Urwahl abgestimmt, bei der jedes Parteimitglied abstimmen konnte. Auch als Bundestagsfraktion legen wir großen Wert auf Dialog mit allen Interessierten und eine möglichst starke Einbindung der Bürger und Bürgerinnen. Und mit der Verbreitung des Internets und der Digitalisierung sind die technischen Möglichkeiten dafür noch größer geworden. Das Netz, die neuen Medien und neue digitale Plattformen sind, richtig eingesetzt, eine Frischzellenkur für die Demokratie. Das Netz kann die Transparenz politischer Prozesse deutlich verbessern. So ist es möglich nach dem Prinzip von „Open Data“ in digitale Dokumente von Behörden zu schauen, per Internet für eine „E-Petition“ zu stimmen oder besser nachzuvollziehen was das Parlament und die Bundesregierung gerade machen („Open Government“). (Online-)Petitionen sind ein großartiger Weg dafür, Eure Anliegen an den Bundestag zu tragen. Auf unseren Druck hin wurde ein Petitionsgremium eingeführt. So setzt sich der Bundestag regelmäßig mit Petitionen auseinander und hat schon so manches Mal seine Meinung geändert. Wir haben als Bundestagsfraktion als erste eine Kommentarfunktion auf unserer Homepage eingeführt. So kann jeder der möchte, z.B. Gesetzesentwürfe oder Positionspapiere kommentieren und wir nehmen diese Ideen dann gerne auf (http://www.gruene-bundestag.de/themen/kommunen/gemeingueter_ID_4386967.html). Wir haben auch schon Gesetzesentwürfe in Blogs mit interessierten Menschen diskutiert und so gute Vorschläge aufnehmen können (http://gruener-gesetzentwurf.de/). Gemeinsam mit allen anderen Fraktionen im Bundestag haben wir gerade die Arbeit der Enquete-Kommission „Internet und digitale Gesellschaft“ beendet. Eine Enquete-Kommission wird vom Bundestag eingesetzt, wenn sich dieser über ein Thema (hier Internet) ganz grundlegend informieren möchte und über die Tagespolitik hinaus verstehen möchte. Bei dieser Enquete-Kommission war es (weltweit) zum ersten Mal möglich, dass jeder Mensch über eine Beteiligungsplattform (https://enquetebeteiligung.de/) (adhocracy https://adhocracy.de/ ) eigene Ideen, eigene Texte oder eigene Handlungsempfehlungen einreicht. Diese konnte man dann online bewerten und die Bundestagsfraktionen konnten diese dann aufnehmen. Von dieser direkten Zusammenarbeit haben alle profitiert und sie soll deswegen jetzt breiter eingesetzt werden.
Aber auch die sozialen Netzwerke, wie facebook oder twitter bieten tolle Möglichkeiten direkt mit den Abgeordneten und den Fraktionen in Kontakt zu treten. Ihr seht, die Chancen für die Demokratie die mit der Digitalisierung und dem Internet einhergehen sind großartig. Aber wir müssen auch vorsichtig sein. Denn wir dürfen auch diejenigen nicht aus dem Auge verlieren, die nicht so sehr mit dem Internet umgehen können oder wollen. Und nicht jede technische Errungenschaft ist automatisch gut. So müssen wir bei digitalisiertem Wählen (Wahlcomputer) und „wählen per Internet“ vorsichtig sein. Denn Technik ist auch immer fehleranfällig und kann auch manipuliert werden. Wir wollen die neuen und großartigen Möglichkeiten soweit wie möglich nutzen um einen engen Dialog mit den Bürgern und Bürgerinnen zu führen, aber auch immer aufpassen, dass das gerecht passiert.
Ich wünsche Euch für die Zukunft alles Gute,
Markus Tressel