Frage an Markus Paschke von Bernd S. bezüglich Soziale Sicherung
Sehr geehrter Herr Paschke,
mit Erstaunen habe ich registriert, dass die mit vielem Getöse eingeführte "Mütterrente" an den Ärmsten vorbei gegangen ist? Bei BezieherInnen von Grundsicherung werden die Einkommen aus der "Mutterrente" im vollen Umfang mit den Grundsicherungsleistungen verrechnet. Wurde nicht postuliert, der Gesetzgeber gerade diejenigen Frauen, die wesentliche Teile ihres Lebens mit Kindererziehung verbracht haben und deshalb gar keine oder nur geringe Rentenansprüche erwerben konnten einen Ausgleich für ihre Lebensleistung bekommen? Die Realität sieht so aus, dass eben nur diejenigen profitieren, die bereits einen Rentenbezug oberhalb des Grundsicherungssatzes haben. Die schlechter gestellten haben im Zweifelsfall nicht einen Cent mehr in der Tasche.
Meine Fragen an Sie sind:
War Ihnen bekannt, dass die Mütterrente im vollen Umfang mit Grundsicherungsleistungen verrechnet wird und ist dieses Verfahren in Ihrem Sinne?
Ist es Realität, dass bedingt durch dieses Anrechnungsverfahren Kosten der Grundsicherung aus dem Sozial-Budget verlagert werden in die Rentenkassen und geschieht dies mit Ihrer Billigung?
Sind Sie dafür, das Gesetz, bzw. dessen Umsetzung beizubehalten, oder meinen Sie es müssten Veränderungen vorgenommen werden, um die von mir beschriebenen Auswirkungen zu verbessern?
Mit freundlichem Gruß
Bernd Schumann
Sehr geehrter Herr Schumann,
bei der Mütterrente handelt es sich nicht um eine eigenständige Leistung, wie eine Art Zusatzrente, sondern um eine Ausweitung der Bewertung von Kindererziehungszeiten in der gesetzlichen Rentenversicherung. Es gibt einen zusätzlichen Rentenpunkt. Die Gesamtzahl der Rentenpunkte ergibt die Rentenhöhe. Dies bedeutet also, dass es sich damit um eine normale Leistung nach dem sechsten Sozialgesetzbuch handelt. Und die wird – wie jedes Einkommen – in der Grundsicherung im Alter angerechnet. Dies ist übrigens nichts neues, sondern wird auch bei der bisherigen Bewertung der Kindererziehungszeit gemacht.
Also um Ihre Fragen zu beantworten:
Zu Frage 1)
Ja, das war bekannt und erfolgt im Sinne des sogenannten Nachrangigkeitsprinzips. Die Grundsicherung im Alter ist eine Leistung zum Lebensunterhalt nach dem SGB XII. Damit werden nicht zum Leben ausreichende Renten aufgestockt. Es handelt sich also um eine steuerfinanzierte Fürsorgeleistung, für die ein eigener Beitrag nicht gezahlt werden musste. Daher ist die Leistung nachrangig gegenüber den eigenen Möglichkeiten. Dies bedeutet auch, dass Einkommen, in diesem Fall die Rente, auf die Leistung angerechnet wird.
Zu Frage 2)
Die Rente beruht nicht nur auf reinen Versicherungsleistungen, viele Abschnitte des Lebens werden mit Anrechnungszeiten, Höherbewertungen und Rentenpunkten aufgewertet und führen zu höheren Rentenzahlungen (z.B. Ausbildung, Wehrdienst, Arbeitslosigkeit, Erziehungszeiten u.v.m.). Dafür zahlt der Bund aus Steuermitteln einen Bundeszuschuss in Höhe von 30,3 Mrd Euro (2014) in die Rentenkasse ein.
Zu Frage 3)
Aus meiner Sicht besteht kein Anlass für eine gesetzliche Änderung des Grundsatzes der Nachrangigkeit im SGB XII. Es besteht jedoch Bedarf Lebensleistung, die nur zu niedrigen Renten führt, besser zu würdigen und eine steuerfinanzierte Solidarrente einzuführen.
Mit freundlichen Grüßen
Markus Paschke