Frage an Markus Löning von Josefine R. bezüglich Arbeit und Beschäftigung
Sehr geehrter Herr Löning,
ich schätze die FDP sehr dafür, dass sie hin und wieder radikale Vorschläge z.B. in Sachen Steuerreform vorschlägt, während andere Parteien doch sehr viel "Lagerpolitik" betreiben. Nur ein Konzept das sich derzeit auf schwarzgelber Linie durchzusetzen scheint verstehe ich überhaupt nicht: BÜRGERGELD?
Nach den Gesetzen des Marktes müsste die Arbeitskraft mindestens soviel Wert sein, wie zur Erstellung der Arbeitskraft nötig ist. Schon jedem Sklavenhalter war klar, das sein Sklave möglichst am Leben gehalten werden soll. Kann er seinen Unterhalt nicht finanzieren, so hätte er ihn am Sklavenmarkt verkauft. Das ist der Markt. Darum leuchtet mir einfach nicht ein, warum Arbeitgeber Löhne zahlen dürfen, die in keinem Falle dazu geeignet sind eine Person zu ernähren und gesund unterzubringen. Das Bürgergeld würde den Markt vollkommen zerrütten, denn er würde ermöglichen dass sich "Dumpinglöhne" am Markt etablieren während alle Billiglöhner vom Staat abhängig würden. Arbeitgeber hätten nämlich keine Hemmungen auch komplett die Löhne vom Staat zahlen zu lassen. Die Zahlung von Bürgergeldern ist daher eine marktschädigende Maßnahme. Der Staat hat sich meiner Meinung nach nur dann einzumischen, wenn der Arbeitgeber die körperliche Gesundheit des Arbeitnehmers gefährdet:
zu lange Arbeitszeiten, schlechte Arbeitsbedingungen, Löhne die nicht geeignet sind das der Arbeitnehmer davon überleben kann. Und da wären wir wieder beim Mindestlohn.( der müßte ohnehin durch Art. 4, Abs. 1 der ESC definiert werden)
Als Kämpfer für den freien Markt müsste das Motto der FDP heißen:
Mindestlohn ist gleich Herstellungskosten der Arbeitskraft.
Das Mindestüberlebenseinkommen bleibt steuerfrei.
Ich würde mich wirklich freuen, wenn wir endlich weniger Staat hätten ganz im Sinne der FDP.
Sehr geehrte Frau Reutter,
vielen Dank für Ihren Kommentar zu Mindestlöhnen und Bürgergeld. Gerne erläutere ich Ihnen, warum ich im Gegensatz zu Ihnen die Einführung eines gesetzlichen Mindestlohns ablehne und das Bürgergeld befürworte.
Einen gesetzlich festgeschriebenen Mindestlohn lehne ich ab, weil dieser zu einer Verdrängung von Arbeitsplätzen, insbesondere im gering qualifizierten Bereich, führen würde. Die Konsequenz daraus wäre die Verlagerung von Arbeitsplätzen ins Ausland und die Abwanderung in die Schwarzarbeit. Schon jetzt leidet der deutsche Arbeitsmarkt unter erheblichen Inflexibilitäten. Diese werden durch Mindestlöhne jeder Art weiter zunehmen. Zudem führen Mindestlöhne zu bürokratischem Mehraufwand und verringern die Chancen Langzeitarbeitloser auf einen ihrer Produktivität entsprechend bezahlten Arbeitsplatz. Jeder Mindestlohn, ob kollektiv oder staatlich vorgeschrieben, grenzt einen unteren Produktivitätsbereich aus dem Arbeitsmarkt aus. Es sind demnach gerade Mindestlöhne, die in den Markt eingreifen. Denn sie führen dazu, dass Arbeitskraft mit geringer Produktivität vom Arbeitgeber höher bezahlt werden muss als der Wert der Arbeitsleistung es rechtfertigen würde.
Deutschland braucht einen funktionsfähigen Niedriglohnsektor. Es müssen die Voraussetzungen geschaffen werden, die die Aufnahme einer auch nur gering entlohnten Beschäftigung gegenüber der alleinigen Inanspruchnahme staatlicher Transferleistungen attraktiver machen. Dazu zählen geringere Abgaben und niedrigere Steuern, denn mehr Netto heißt auch mehr verfügbares Einkommen. Darüber hinaus müssen die bestehenden Regelungen zur sozialen Absicherung vereinfacht und unbürokratischer ausgestaltet werden. Hierzu soll das von der FDP entwickelte Bürgergeldkonzept beitragen. Es führt alle bisherigen Sozialleistungen zusammen und wird in Form einer Negativ-Steuer an die Bedürftigen ausbezahlt. Das Bürgergeld ist folglich steuerfrei. Mit dem Bürgergeld wird aber keine neue Leistung geschaffen, sondern lediglich die Masse der unüberschaubaren Einzelleistungen in einem Bürgergeld gebündelt. Es schafft daher für Arbeitgeber auch keine neuen Anreize, Löhne zu reduzieren, wie sie vermuten. Sie haben allerdings Recht, dass Mitnahmeeffekte durch das Bürgergeld nicht völlig ausgeschlossen werden können. Denn das Bürgergeld wirkt faktisch wie ein Mindesteinkommen, das im Gegensatz zu Mindestlöhnen nicht vom Arbeitgeber, sondern durch Steuern aufgebracht wird.
Durch die Zusammenfassung der verschiedenen steuerfinanzierten Sozialleistungen und durch Pauschalierungen wird das Sozialsystem für die Bürger überschaubar und transparent. Die Treffsicherheit des Bürgergelds wird durch eine Bedürftigkeitsprüfung gewährleistet: Unterstützt werden nur diejenigen, die nicht oder nur teilweise in der Lage sind, das durch das Bundesverfassungsgericht beschriebene soziokulturelle Existenzminimum aus eigener Kraft zu erwirtschaften. Einen den Markt schädigenden Eingriff vermag ich durch das Bürgergeld nicht zu erkennen.
Mit freundlichem Gruß
Markus Löning MdB