Frage an Markus Löning von Carsten N. bezüglich Finanzen
Sehr geehrter Herr Löning,
haben Sie die aktuelle Finanzkrise vorausgesehen? Und wenn nicht: Welche Lehren haben Sie persönlich aus dem Eintreffen der Krise gezogen?
Mit freundlichen Grüßen
Carsten Niemann
Sehr geehrter Herr Niemann,
vielen Dank für Ihren Eintrag und Ihre Fragen. Als europapolitischer Sprecher der FDP-Fraktion habe ich mich schon seit Jahren für eine effizientere Bankenaufsicht auf europäischer Ebene eingesetzt. Im Positionspapier der FDP-Bundestagsfraktion zur deutschen EU-Ratspräsidentschaft haben wir bereits im Januar 2007 angemahnt, die Struktur der Bankenaufsicht müsse der weit fortgeschrittenen Europäisierung der Bankinstitute folgen. Ohne dass wir das Ausmaß der jetzigen Verwerfungen auf den internationalen Finanzmärkten haben absehen können, haben wir schon im Januar 2007 die unverzügliche Etablierung eines European System of Supervisory Authorities nach dem Modell der Europäischen Zentralbank vorgeschlagen, um die Aufsicht über Finanztransaktionen zu verbessern.
Im Zuge der Finanzkrise haben wir unsere Forderungen für die Regulierung des europäischen Finanzmarktes überarbeitet und in folgenden sechs Kernforderungen zusammengefasst:
1. Wir brauchen unverzüglich Aufsichtgremien zur Überwachung der grenzüberschreitenden Aktivitäten von Finanzinstituten und mittelfristig eine einheitliche EU-weite Bankenaufsicht, die bei der Europäischen Zentralbank (EZB) anzusiedeln ist. Die FDP fordert eine deutlich verstärkte und effektivere Zusammenarbeit der nationalen Finanzaufsichten im globalen Rahmen. In Deutschland muss die nationale Finanzaufsicht bei der Bundesbank konzentriert werden. Die Zersplitterung der Aufsicht zwischen BaFin und Bundesbank hat sich nicht bewährt.
2. Für die Rating-Agenturen müssen sowohl hinsichtlich der Aufsicht wie auch der Zulassung auf europäischer Ebene entschieden werden. Die FDP fordert, die Errichtung einer unabhängigen europäischen Rating-Einrichtung zu prüfen.
3. Finanzinstitute sollten eine Mindesteigenkapitalquote haben, die in internationaler Abstimmung festgelegt werden sollte, um Wettbewerbsverzerrungen zu vermeiden.
4. Die internationalen Bilanzierungsvorschriften sind dahingehend anzupassen, dass prozyklische Wirkungen im Abschwung wie im Aufschwung vermieden werden. Die Auslagerung von Risiken in Zweckgesellschaften birgt immer die Gefahr von Intransparenz und darf nur nach vorheriger Genehmigung und im Ausnahmefall erfolgen.
5. Wir fordern eine unabhängige Geldpolitik und uneingeschränktes Festhalten an der Verpflichtung der EZB auf Preisstabilität. Deutschland muss bilateral und im EU-Rahmen gegenüber wichtigen Partnern für das Modell der EZB und ihre Orientierung an der Geldwertstabilität werben.
6. Es muss alles dafür getan werden, dass die Vorgaben des Stabilitäts- und Wachstumspakts sowohl in Deutschland als auch in den anderen Staaten der Eurogruppe strikt eingehalten werden. Auch bei der Bewältigung der Finanzkrise darf es auf europäischer Ebene keine Lockerung der EU-Wettbewerbs- und Beihilferegeln geben.
Als europapolitischer Sprecher habe ich mich schwerpunktmäßig den Folgen für den europäischen Finanzmarkt gewidmet. Sollten Sie darüber hinaus Fragen zum deutschen Finanzmarkt und der FDP-Position haben, sollten Sie sich an den finanzpolitischen Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Dr. Hermann Otto Solms wenden. Sie erreichen ihn unter der Telefonnummer 030 - 227 77456 oder per Email unter der Adresse hermann.solms@bundestag.de.
Mit freundlichem Gruß
Markus Löning MdB