Frage an Marion Walsmann von Tina B. bezüglich Familie
Der Staat muss immer mehr Geld für Sozialhilfeleistungen ausgeben. Warum ist das so? Und wie könnte man das reduzieren?
Sehr geehrte Frau Bornschein,
der Gesamtumfang der Sozialhilfeaufwendungen ist in Deutschland in den vergangenen Jahren in der Tat in jeweils einstelligen prozentualen Quoten angestiegen.
Um die Ursachen hierfür zu erkennen, bedarf es zunächst eines Blickes auf Zweck und Struktur von Sozialhilfeleistungen. Aufgabe der Sozialhilfe ist es, die Führung eines Lebens zu ermöglichen, das der Würde des Menschen entspricht. Hierzu verpflichtet uns das sich aus Art. 20 des Grundgesetz ergebende Sozialstaatsgebot. Leistungsberechtigt sind Erwerbsunfähige auf Zeit, Vorruheständler mit niedriger Rente, längerfristig Erkrankte und hilfebedürftige Kinder mit selbst nicht hilfebedürftigen Eltern.
Die Sozialhilfe umfasst nach der seit 2005 geltenden Rechtslage die Bereiche:
- Hilfe zum Lebensunterhalt,
- Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung,
- Hilfen zur Gesundheit,
- Eingliederungshilfe für behinderte Menschen,
- Hilfe zur Pflege,
- Hilfe zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten,
- Hilfe in anderen Lebenslagen,
- sowie die jeweils gebotene Beratung und Unterstützung.
Hieraus können Sie ersehen, dass die Entwicklung der Gesamtaufwendungen für Sozialhilfeleistungen ihr Ansteigen aber auch ihre Reduzierung, die Sie ansprechen - von ganz unterschiedlichen Faktoren abhängen. Zunächst von der allgemeinen gesamtwirtschaftlichen Situation. Trotz der berechtigten Hoffnung, dass wir die gegenwärtige Wirtschafts- und Finanzkrise in absehbarer Zeit überstanden haben, führt diese derzeit auch zu einer zusätzlichen Belastung der Sozialkassen. Darüber hinaus trägt die allgemeine demografische Entwicklung zur Kostenentwicklung im Sozialbereich bei. Der, durchaus erfreuliche, Anstieg des durchschnittlichen Lebensalters, aber auch der zunehmende Anteil älterer Menschen und die sinkenden Geburtenraten führen somit auch zu einer Ausweitung der Sozialleistungen. Schließlich partizipieren die Sozialhilfeaufwendungen an der allgemeinen Kostensteigerung im Gesundheitswesen, die auf den medizinischen Fortschritt und wiederum auf die beschriebene Veränderung in der Altersstruktur der Bevölkerung zurückzuführen ist.
In der Gesamtbetrachtung wird man die Kostenentwicklung im Sozialhilfebereich kritisch im Blick behalten müssen, derzeit sehe ich jedoch keinen Anlass zur Sorge, zumal Thüringen im Ländervergleich des Jahres 2008 an vorletzter Stelle der Nettoausgaben je Einwohner rangierte. Wichtiger erscheint mir, mit den Ursachen und Folgen der Wirtschafts- und Finanzkrise sachgerecht umzugehen und hierbei sehe ich Bundes- wie Landesregierung auf dem besten Weg.
Ich hoffe, Ihnen mit dieser Antwort weitergeholfen zu haben.
Mit freundlichen Grüßen
Marion Walsmann