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Marion Caspers-Merk
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Frage von Stephan M. •

Frage an Marion Caspers-Merk von Stephan M. bezüglich Jugend

Sehr geehrte Frau Caspers-Merk,

der sexuelle Missbrauch von Kindern und die bildliche Darstellung dessen (landläufig Kinderpornografie) ist zurecht verachtenswert und verboten.

Frau von der Leyen und weitere MdB planen ein Gesetz für eine geheime Liste, die Webseiten enthält, welche von deutschen Internetprovidern gefiltert werden müssen und statt derer dem Internetnutzer eine sogenannte "Stopseite" angezeigt werden soll.

Technisch gesehen muss dazu der komplette Internetverkehr überwacht werden, denn bei jedem Aufruf jeder Webseite muss kontrolliert werden, ob diese Adresse auf der Liste vorhanden ist. So muss beispielsweise auch jeder Aufruf von http://www.caspers-merk.de/ durch einen Internetnutzer verglichen werden, ob ihre Webseite momentan in dieser Liste vertreten sein könnte oder nicht.

Per se muss diese Liste geheim sein, damit "Unbefugte" kein Verzeichnis vorfinden, wo überall illegale Inhalte hinterlegt sind. Der Bürger hat also keine Kontrolle darüber, ob -aus Versehen oder durch Absicht- eine Adresse fälschlicherweise auf dieser Liste eingetragen ist. Andere Länder, z.B. Dänemark und Australien, führen bereits solche geheimen Listen. Nachdem diese an die Öffentlichkeit gelangten (http://www.wikileaks.org), zeigte sich, dass viele Einträge der Liste nichts mit Kinderpornographie zu tun hatten, teilweise sogar (dem Eintragenden unangenehme) politische Seiten enthalten waren. Es findet dort also eine Zensur legaler Inhalte statt.

Die "Stopseite" lässt sich leicht umgehen, z.B. durch Anonymisierungsdienste wie tor (http://www.torproject.org), die (bildlich gesprochen) einen Tunnel unter der geheimen Liste hindurchgraben. Diese Anonymisierungsdienste sind legal und für jedermann zugänglich.

Eine solche Liste, wie Frau von der Leyen sie plant, ist also verfassungswidrig (totale Kontrolle, Zensur) und technisch unsinnig. Ebenso schützt sie kein Kind vor Missbrauch, weil der dieser vor dem Internet stattfindet, nicht darin.

Werden sie einem solchen Gesetz zustimmen?

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Möhrle,

vielen Dank für Ihre Anfrage. Kinder und Jugendliche müssen vor sexueller Gewalt und Ausbeutung geschützt werden. Dafür ist eine Gesamtstrategie zum Schutz unserer Kinder unbedingt notwendig. Die Bekämpfung der Verbreitung sexueller Gewalt im Internet ist dabei ein wichtiger Baustein.

Zugangssperren von ausländischen Websites, die kinderpornografische Inhalte enthalten, können den sich ausbreitenden kommerziellen Markt stören. Solche Sperren werden von anderen Staaten wie Finnland, Norwegen, Schweden, Dänemark, Großbritannien oder Italien bereits angewendet. Die SPD-Bundestagsfraktion will, dass auch in Deutschland wirksame Zugangssperren zügig eingesetzt werden. Dafür ist eine
gesetzliche Grundlage notwendig. Die SPD-Bundestagsfraktion wird deshalb kurzfristig ein Gesetz zur Bekämpfung von Kinderpornografie im Internet vorlegen. Auf dieser Grundlage kann der Deutsche Bundestag Chancen und Risiken einer solchen Zugangssperre diskutieren und zeitnah eine verfassungskonforme und wirksame Lösung finden. Insbesondere ist sicher zu stellen, dass ausschließlich kinderpornografische Inhalte gesperrt werden. Ist bis zum Inkrafttreten eines solchen Gesetzes kurzfristig eine untergesetzliche Lösung zum Sperren von Internetseiten mit
kinderpornografischem Inhalt möglich, würde ich dies begrüßen. Diese Lösung muss aber selbstverständlich auch verfassungsrechtlichen Anforderungen genügen.

Auf dem Dritten Weltkongress in Rio gegen sexuelle Ausbeutung von Kindern und Heranwachsenden im November 2008 wurden weitere Maßnahmen vorgeschlagen, die auf internationaler und nationaler Ebene angestoßen werden sollen. 16 Staaten, darunter auch Deutschland, haben eine Zusatzerklärung unterzeichnet, mit der sie das Ziel, Kinderpornografie in den neuen Medien zu bekämpfen, bekräftigen. Laut diesem Beschluss besteht zur Eindämmung von sexueller Gewalt gegen Kinder nicht nur
Handlungsbedarf bei den Internetprovidern, sondern auch bei den Mobilfonunternehmen, den Suchmaschinen und anderen relevanten Akteuren
im Bereich der neuen Medien. Deshalb ist im Bereich der neuen Medien eine Gesamtstrategie des Bundes und der Länder zur Bekämpfung von Kinderpornografie notwendig.
Die Bekämpfung von sexueller Gewalt in den neuen Medien und insbesondere im Internet ist ein wichtiges Handlungsfeld einer solchen Gesamtstrategie. Weitere wichtige Handlungsfelder sind darüber hinaus, den Schutz der Kinder und Jugendlichen kontinuierlich zu verbessern, weiterhin auf die nationale und internationale Strafverfolgung als einen Schwerpunkt zu setzen, den Opferschutz fortzuentwickeln, die
Medienkompetenz von Kindern und Jugendlichen und Eltern zu verbessern, Aufklärung und Prävention weiter auszubauen sowie Maßnahmen gegen Kinderhandel und Kinderprostitution und Sextourismus zu intensivieren.
Mit freundlichen Grüßen

Marion Caspers-Merk, MdB