Frage an Marion Caspers-Merk von Cordula L. bezüglich Finanzen
Sehr geehrte Frau Caspers-Merk,
ich habe ein paar grundsätzliche Fragen und Anregungen zum Thema Mehrwertsteuer:
Arzneimittel - warum sind wenigstens die verschreibungspflichtigen Medikamente, welche in der Regel von den Krankenkassen bezahlt werden, nicht umsatzsteuerfrei? Arztleistungen sind doch auch umsatzsteuerfrei. Damit könnte man die Ausgaben der Krankenkassen doch bestimmt deutlich senken.
Warum sind Schnittblumen und Zierpflanzen nur mit 7% belastet? Hierbei handelt es sich doch weder um Bildung und Kultur noch um Lebensnotwendiges. Bei Pflanzen müsste natürlich eine Abgrenzung zu Futter- und Nutzpflanzen vorgenommen werden.
Das gleiche gilt für Tierfutter - wir haben zwar zwei Katzen, aber ich sehe trotzdem nicht ein, warum hier der ermässigte Steuersatz gilt.
Ebenso Süßwaren - mir ist aber klar, dass hier eine Abgrenzung zu "normalen" Lebensmitteln geschafrfen ´werden muss, dies könnte aber z.B. über den Zuckergehalt geschehen. Bei Knabberartikeln lässt sich dann bestimmt auch eine Lösung finden. Ich sehe nicht ein, warum diese Lebensmittel, die immer als ungesund angeprangert werden (und es ja auch sind), vom günstigeren Umsatzsteuersatz "profitieren".
Und dann noch ...
Kindergeld: Vielleicht sollte man die Auszahlung des Kindergeldes kürzen und irgendwann ganz abschaffen und statt dessen dieses Geld in Bildung, Jugendarbeit und Jugendschutz stecken. Unser Sohn (inzwischen 17) würde davon zwar nicht mehr profitieren, aber ich fände es trotzdem sinnvoll.
Vielleicht können diese Anregungen Sie in Ihrer Arbeit unterstützen.
Mit freundlichen Grüßen
C. Lujcke-Weiß
Sehr geehrte Frau Lucke-Weiß,
vielen Dank für Ihre Anfrage. Die Forderung nach einer Senkung des Mehrwertsteuersatzes auf Arzneimittel wird immer wieder von verschiedenen Seiten geäußert. Daher bin ich sehr gerne bereit, zu den von Ihnen angesprochenen Punkten Stellung zu nehmen.
Die Anwendung des ermäßigten Mehrwertsteuersatzes auf Arzneimittel würde zu steuerlichen Mindereinnahmen führen. Diese könnten nicht im vollen Umfang durch die Entlastungen in der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) kompensiert werden. Es ist dem Gesetzgeber nicht möglich, die Arzneimittelhersteller zur Senkung der Arzneimittelpreise im vollen Umfang der Minderung des Mehrwertsteuersatzes zu verpflichten. Deshalb ist zu befürchten, dass die so erzielten Einsparungen der GKV nicht in voller Höhe zur Verfügung stehen, sondern zum großen Teil bei den Arzneimittelherstellern verblieben würden. Die daraus resultierenden Steuerausfälle würden sich auch negativ auf die GKV auswirken, da diese steuerliche Zuschüsse aus dem Bundeshaushalt erhält. Ferner geht die Mehrwertsteuer zur Hälfte an die Länder- diese wären nicht bereit auf ihren Anteil von 2 Milliarden Euro zu verzichten.
Unabhängig von der Forderung, die Mehrwertsteuer auf Arzneimittel zu senken, gibt es im geltenden Umsatzsteuerrecht Vergünstigungen für das Gesundheitswesen. Demnach sind beispielsweise die Umsätze aus der Tätigkeit als Arzt, Zahnarzt oder anderen heilberuflichen Tätigkeiten, sowie die meisten Krankenhausleistungen mehrwertsteuerfrei. Damit wird gezielt eine Kostensenkung im Gesundheitswesen erreicht. Andernfalls müssten die Krankenkassen bei ihren Abrechnungen mit den Leistungserbringern die Mehrwertsteuer wirtschaftlich tragen.
Sehr geehrte Frau Lucke-Weiß, ich nehme die von Ihnen dargelegten Punkte sehr ernst. In meinen Augen ist es aber Ziel führender die Strukturen im Gesundheitswesen grundlegend zu reformieren, als auf mögliche Einmaleffekte zu setzen. Einer Harmonisierung des Umsatzsteuerrechts stehe ich sehr aufgeschlossen gegenüber, da wir insgesamt 48 unterschiedliche Produktgruppen haben.
Monetäre Lösungen im Hinblick auf einen bewussteren Umgang und Genuss von Süßwaren und Knabberartikel steigern nicht unbedingt das Ernährungsbewusstsein. In dieser Hinsicht hat der Bundesparteitag der SPD allerdings einen von der SPD schon lange geforderten Beschluss gefasst: Die Nährwertkennzeichnung in Form der "Ampel". Schnell und unkompliziert können Konsumenten mit einer „Ampel-Karte“ der Verbraucherzentralen die Nährstoffe in Lebensmitteln beurteilen. Dieser Einkaufsbegleiter im Checkkarten-Format soll anhand der Ampelfarben zeigen, welche Mengen unbedenklich, akzeptabel oder zu hoch sind. Als Gesundheitspolitikerin begrüße ich ausdrücklich diesen Beschluss, der Verbraucher in ihrer Entscheidungsfreiheit unterstützt.
Eine andere Art der Prävention, nämlich der Armutsprävention ist das Kindergeld. Diese Entlastung der Familien ist ein unverzichtbarer Bestandteil staatlichen Handelns im Hinblick auf Familienförderung und keine Frage des Profitierens Einzelner. Allerdings bleibt es den einzelnen Kindergeld-Anspruchberechtigten unbenommen, das Geld für wohltätige Einrichtungen wie Jugendhilfe und offene Jugendarbeit zu spenden.
Mit freundlichen Grüßen
Marion Caspers-Merk, MdB