Frage an Marion Caspers-Merk von Jonas B. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrte Frau Caspers-Merk,
Sie haben bei der Abstimmung um die Reform des BKA-Gesetzes zugestimmt. Haben Sie sich mit diesem Gesetz näher beschäftigt, bevor Sie abgestimmt haben?
Sie sind Abgeordnete für die Sozialdemokratische Partei Deutschlands, die in ihrer Vergangenheit immer für den Schutz der Freiheit und der Bürgerrechte einstand. Wie rechtfertigen Sie trotz Ihrer Parteizugehörigkeit diesen unglaublichen Eingriff in die Freiheit und Privatsphäre jedes einzelnen Deutschen? Die eingebauten Absicherungsbestimmungen sind faktisch unwirksam, da Richter mittlerweile Hausdurchsuchungen (auch mit dem Zusatz "Gefahr im Verzug") ohne offensichtlichen Grund genehmigen und Datenschutzbeauftragte kaum noch gehört werden.
Durch diese Gesetzesreform wurde das BKA faktisch in eine Geheimpolizei umgewandelt, die Aufgaben und Zuständigkeiten besitzt, die mit dem Prinzip des Rechtsstaates nicht mehr vereinbar sind.
Ein weiteres Mal muss damit das Bundesverfassungsgericht als zweitletzter Schützer unseres Rechtsstaates einspringen (wollen wir hoffen, dass es nie zu einer Notwendigkeit des letzten Schutzes, des Widerstandsrechts kommt). Was halten Sie von der Rolle des Bundesverfassungsgerichts als Schützer von Verfassung, Grundrechten und Rechtsstaat? Und wenn Sie seine Existenz als berechtigt anerkennen, wieso haben Sie dann einem Gesetz zugestimmt, das offensichtlich gegen die Bestimmungen des Bundesverfassungsgerichts verstößt?
Ich muss leider sagen, dass ich, sofern Sie mir auf meine Fragen keine befriedigende Antwort geben können, keine ersthaft wählbare Partei in Deutschland mehr sehe, die noch voll und ganz hinter dem Rechtsstaat steht.
Mit freundlichen Grüßen
Jonas Böer
Sehr geehrter Herr Böer,
ich habe dem Gesetz zur Bekämpfung des Internationalen Terrorismus durch das Bundeskriminalamt (BKA-Novelle) am 12. November in der Tat zugestimmt. Vielen Dank, dass Sie mich an meine SPD-Parteimitgliedschaft erinnern. Das wäre nicht nötig gewesen.
Da das Bundeskriminalamt erstmals die Zuständigkeit für die polizeiliche Abwehr terroristischer Gefahren erhält, muss eine gesetzliche Grundlage geschaffen werden. Vorbild für das BKA-Gesetz sind die Landespolizeigesetze und das Bundespolizeigesetz. Selbstverständlich ist das neue Gesetz strikt rechtsstaatlich. Mit der Onlinedurchsuchung nach richterlicher Anordnung vollzieht der Bund nur nach, was in den Landespolizeigesetzen bereits existiert.
Das BKA-Gesetz hat seine Grundlage in einer Verfassungsänderung, die mit breiter Mehrheit im Bundestag und Bundesrat nach der Bundestagswahl 2005 verabschiedet wurde. Da das Gesetz den Landespolizeigesetzen, von denen es 16 in Deutschland gibt, nachgebildet ist, teile ich die Verwunderung vieler meiner Kollegen darüber, dass die Mehrheit der Bundesländer dem Gesetz im Bundesrat die Zustimmung verweigert hat.
Mit freundlichen Grüßen
Marion Caspers-Merk, MdB